Konzertbericht
Various Artists
Düsseldorf - PhilipsHalle
31.03.2002
Bereits zum 18. Mal war es am Ostersonntag wieder soweit: Die im jährlichen Turnus stattfindende Konzertveranstaltung mit dem vielversprechenden Titel "Osterrocknacht" zieht abermals nicht wenige Anhänger der gitarrenlastigen Musik in die Düsseldorfer PhilipsHalle. Das Gefühl der Vorfreude kommt unweigerlich auf angesichts der acht auftretenden Bands, die überwiegend dem Begriff "Rock" bekanntermaßen große Bedeutung zuschreiben. Der zu geringe Zeitrahmen zwischen Einlass um 16 Uhr und Beginn der ersten musikalischen Darbietung (nur 30 Minuten Differenz) hat jedoch zur Folge, dass uns der Einblick in die Live-Qualitäten des ersten Acts, der drei Schweden von Eskobar, verwehrt bleibt.
Nach diesem etwas missglückten Anfang des noch langen Abends erlebt das noch spärlich vorhandene Publikum eine halbe Stunde den wohl außergewöhnlichsten Musikstil im Rahmen der diesjährigen Osterrocknacht: The Mars Volta, Nachfolgeband der Texaner von At The Drive-In um Sänger Cedric Bixler, präsentieren eine höchst energievolle Mischung aus Rock, kombiniert mit Keyboard-Klängen, charakteristischen, ausschweifenden (teils ausufernden) Soli und wütend gebrülltem Gesang. Im Gepäck dabei hat der Fünfer die aktuelle "Tremulant"-EP.
Nicht wesentlich höher ist der Bekanntheitsgrad der Kalifornier von Fu Manchu bei den meisten in der Menge. Sänger Scott Hill & Co. schaffen dem jedoch schnellstens Abhilfe und rocken überzeugend in sehr Queens of the Stone Age-ähnlicher Manier drauf los mit dem typischen, etwas monotonem Gesang und ausgeprägten Instrumentalparts. Das Publikum nimmt das Material des Quartetts bereitwillig auf; vereinzelt wird die aktuelle Single "Squash that Fly" (vom "California Crossing"-Album) wieder erkannt.
Keine Ausruh-Phase ist auch bei der darauf folgenden Performance der fünf Briten von A um Jason Perry gegeben: Es wird bereits begeistert mitgehüpft zu der Melange aus Rock-Pop-Punk inklusive elektronischer Klänge, und einer der ersten Ohrwürmer ist zu verzeichnen mit "I love Lake Tahoe", dem zwei Jahre alten Durchbruch-Song der Jungs. Beim krönenden Abschluss mit der Single "Nothing" aus dem gerade erschienenen Album "Hi-Fi Serious" - dank TV-Einsätzen mehrheitlich bekannt - gibt es kein Halten mehr.
Nach diesem löblichen, energischen Auftritt bildet die Jon Spencer Blues Explosion eine Blues-rockige Fortsetzung. Das amerikanische Trio leitet seine Show mit "Sweet n´ Sour" typisch nach Art des altbewährten Rock n´ Roll ein, swingt und rockt energiereich konsequent durch das komplette Set. Bis auf eine nicht gerade beachtliche Zahl von Entzückten verhält sich die mittlerweile erweiterte Menge im Saal jedoch eher zurückhaltend. Mehr zu entdecken von Jon Spencer und seinen Mitstreitern gibt es auf der Platte "Plastic Fang", die am 08.04.02 erscheint.
Was nun folgt, ist definitiv ein bedeutender Höhepunkt des Abends: Die Münchener Sportfreunde Stiller füllen die PhilipsHalle um ein Vielfaches (verglichen mit den Vorgänger-Künstlern). Die drei Ex-Sportstudenten reißen das Publikum schon mit der Opener-Single "Fast wie von selbst" an sich. Ihre Pop-Rock-Ohrwürmer sind Aufforderungen sich gefälligst zu bewegen. Dazu bedarf es jedoch während der gut 60 Minuten eigentlich keiner Bitte. Ob zu "Ein Kompliment", der aktuellen Single (Das Album "Die gute Seite" ist seit dem 02.04. in den Läden.), "Wunderbaren Jahren" oder zu "Spitze", dem ultimativen Hüpflied, Fakt ist: Die Musik der Sportfreunde, besonders live, kann so manche Stimmungs-Tiefs zumindest für die Dauer des Konzerts vergessen machen. Ein Konzert dieser Band ist jedes Mal ein Erlebnis wert. Wieder mal sehr gelungen!
Nicht minder begeistert zeigt man sich beim Auftritt von Jimmy Eat World. Der Vierer um Jim Adkins liefert eine gute Stunde lang Kracher am laufenden Band aus seinem gesamten Repertoire von drei Alben. Die Jungs aus Arizona überzeugen die Menge mit Gitarren-Pop-Ohrwürmern von seiner sehr löblichen Seite. Keine Verschnaufpause für uns: Es wird gerockt, gehüpft, getanzt zum schnellen "Get it faster" und zum noch schnelleren "Bleed American" vom gleichnamigen, letzten Album; diese Songs halten Jimmy Eat World bis zum Schluss unter Verschluss. Der Klassiker "Lucky Denver Mint" fehlt ebenfalls nicht, genau so wie langsamere Stücke zum Luft holen. Die Darbietung der Amerikaner stellt ebenso einen würdigen Höhepunkt der Osterrocknacht-Veranstaltung dar.
Zum Abschluss werden sanftere Töne angeschlagen. Es folgt nun etwas, das man im Hinblick auf die davor aufgetretenen Künstler passenderweise als Ruhe nach dem Sturm bezeichnen könnte: Heather Nova betritt die Bühne, um uns eineinhalb Stunden teilhaben zu lassen an ihrer wundervoll zarten und streckenweise hohen Stimme und ihrem Gitarrenspiel. Vertrautes wie "Heart and Shoulder" oder "Walk this World" werden bereits zu Anfang ihrer Performance gespielt. Die Variation aus Midtempo- und langsameren Werken von ihren insgesamt fünf Alben lässt das Konzert nicht eintönig erscheinen. Dennoch haben zu diesem Zeitpunkt schon einige den Heimweg angetreten und somit einen zwar ruhigen, aber trotzdem nicht weniger lobens- und sehenswerten Act verpasst.
Anerkennend muss ich zugeben, dass die Osterrocknacht ihrem Titel dieses Jahr gerecht geworden ist. Auch die recht kurzen Umbaupausen zwischen den einzelnen Auftritten, die nur minimale, sich im Rahmen haltende Verzögerungen nach sich zogen, waren akzeptabel. Bleibt nur noch die Vorfreude auf nächstes Ostern und die Hoffnung, nicht noch einmal auf die erste Programm-Nummer verzichten zu müssen.
Jana Trochta, 05.04.2002
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