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Das Epos „Carlos – Der Schakal“, einer der meistgesuchten Terroristen stellt den fanatischen Ilich Ramirez Sánchez als einen arroganten, launischen und unberechenbaren Idealisten dar. Der Film porträtiert den Mann der zum Mythos und Symbol des Linksterrorismus der 70er Jahre wurde. Dabei hält sich der Regisseur Olivier Assayas nicht immer an die ganze Wahrheit. Aber das schadet dem Film nicht. Im Gegenteil.
In einer konspirativen Wohnung in Paris treffen sich mehrere Männer in Anzügen. Sie reden über Geld, über Waffen, über Transportwege und Operationen, also schlicht übers Geschäft. Ihr Geschäft ist der Terror. Carlos ist ein Großer in diesem Business, er weiß was er tut und erwartet Disziplin und Loyalität von seinen Geschäftspartnern. Kaum ein Terrorist hat den anti-imperialistischen Kampf der 70er Jahre mehr verkörpert als der in Venezuela geborene Carlos. Es hat aber auch niemand den Terror so zum Geschäft gemacht.
Carlos war skrupellos, das zeigt der Film deutlich. Er verlangte das alle seinem Beispiel folgten: Ohne Kompromisse gegen die Feinde Palästinas und die Imperialisten. Aber er rettete sein Leben auch schon mal im Tausch gegen Geld. Oft stand ihm, wie bei vielen Terroristen, seine Eitelkeit ihm Weg.
Der Carlos im Film bildet nicht den echten Menschen hinter dem Terroristen ab. Hauptdarsteller Edgar Ramirez stammt zwar auch aus Venezuela, erinnert aber eher einen südamerikanischen Brad Pitt. Dem Original kommt er nicht nahe, hilft aber dem Film über einige Längen, der Director´s Cut kommt auf gute fünf Stunden (!), mit seiner schlichten Präsenz. Als charismatischer Playboy reißt er jede Revolutionärin auf, die ihm über den Weg läuft. Da muss auch schon mal die Handgranate als Objekt der Verführung herhalten.
Die Stärke des Streifens erschließt sich aus der Geschichte. Immer noch scheint es unfassbar, wie tief die Regierungen und Geheimdienste im Sumpf des Terrorismus stecken. Interessen verschieben sich von heute auf morgen in einem eiskalten Kalkül. Carlos´Verbündete wechseln wie ein Chamäleon seine Farbe. Und am Ende weiß man nicht: Wer benutzt eigentlich wen?
Carlos spielt ein gefährliches Spiel. Und wird selbst zum Spielball der Geheimdienste, die ihn nach aktueller politischer Lage stützen oder fallen lassen. Nach Ende des Kalten Krieges scheint er wie ein trauriges Relikt. Wie seine rechte Hand Johannes Weinrich, deutscher Terrorist der Gruppe Revolutionäre Zellen, verbittert feststellt: „Der Krieg ist vorbei. Und wir haben verloren.“
Nur einer scheint das nicht begriffen zu haben: Carlos, der in einem französischen Gefängnis seine Haftstrafe verbüßt, propagiert noch immer denn Kampf gegen die Imperialisten.
Ein Film zwischen Biopic und „Baader-Meinhof-Komplex“ mit Schauplätzen rund um die Welt, wie in einem Agentenfilm und einem hervorragenden Hauptdarsteller. Und es gibt wohl keinem Film in dem mehr Zigaretten geraucht werden als in diesem, an jeder Ecke qualmt und pafft es. Dagegen könnte nur ein Helmut-Schmidt-Biopic anstinken.
10 Punkte (von max. 15)
frank fischmann, 19.06.2011
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