Cd-Besprechung

Various Artists

Hilfe! Mein Geld ist weg!

Bear Family
Vö: 28.11.2008

Bewertung: 10 Punkte
Leserwertung: 13.7 Punkte
Stimmenzahl: 3

Wirtschaftskrise! Milliarden-Rettungspaket! Managergehälter unterhalb der Millionengrenze! Oder um es mit den Worten der weisen Kassierer zu sagen: "Die Sonne dehnt sich aus! Die Menschheit stirbt bald aus!". So oder so ähnlich lautet der Tenor der Medienwelt im vierten Quartal des Jahres 2008. Bear Familiy Records hat ein offenes Ohr für die Sorgen aller Deutschen, egal ob aus der "gehobenen Mittelschicht", den "bildungsfernen Schichten" oder aus "Schichten mit migrantischem Hintergrund". Einen gemeinsamen Nenner haben letztendlich alle (selbst die Manager): "Hilfe! Mein Geld ist Weg!"

Der gleichnamige Sampler ist eine vielseitige Mischpoke aus deutschsprachigen Songs zum Thema Geld, beziehungsweise Geldmangel. Zu diesem Zwecke wurde so manches Archiv höchst liebevoll durchstöbert und die verstaubten Funde in digitale Form gebracht. Ein großer Teil der Aufnahmen stammt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (älteste Aufnahme: "Miese Zeiten" von Willy Rosen, 1926), Zeiten, in denen der deutsche Schlager noch viel mehr war als verstörende Keyboardbeat-Plastikgrütze. Eine Kunstform nämlich, genauso Unterhaltung wie politisches Medium. Mit modernen Mitteln wurde die Tonqualität hochgeschraubt ohne das charakteristische Rauschen und Knacken künstlich wegzurationalisieren. Das charmante Ergebnis: schmissige Klaviermelodien und reichlich gerrrolltes "R". Diese Fundstücke würden allein wohl auf Dauer eine eher anstrengende Sammlung darstellen, deswegen wurde auch noch der ein oder andere themenverwandte Song aus jüngerer Zeit dazugenommen, wie zum Beispiel "Hey Boss, ich brauch mehr Geld" vom alten Gunter Gabriel, sowie "Bruttosozialprodukt" von Geier Sturzflug. Kaum zu glauben, aber in diesem Kontext stellen sich mir dabei nicht mal die Nackenhaare auf. Besonders lustig sind die Mitschnitte von berühmten Reden zum Thema Finanzen, die mit einem flotten Tanzmusikbeat versehen ein komplett neues Gesicht bekommen. Ja, auch Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß sind tanzbar. Und die im Polit-Jargon vorgetragenen Textfragmente wirken fast wie bei den Goldenen Zitronen - nur eben in echt.

Eine ernsthafte Bewertung dieses Samplers scheint mir aus diversen Gründen unmöglich; erstens enthält er grundverschiedene Songs aus grundverschiedenen Zeiten, zweitens stammt kein einziger Song aus musikalischen Bereichen, die der potentielle Leserkreis dieser Rezension und auch ich selbst zur Lieblingsmusik küren würde. Die Liebe zum Detail und die tolle Digipak-Aufmachung mit ausführlichen Linernotes im Booklet verdient eine bessere Note als nur befriedigend . 10 Punkte zur Rettung der internationalen Wirtschaft.

10 Punkte (von max. 15)

Benedikt Ernst, 04.12.2008

TRACKLIST
1. Wenns ums Geld geht
2. Ob wir sparen oder nicht, ist doch gleich
3. Ärger mit dem Finanzamt
4. Wer soll das bezahlen?
5. Meier-Foxtrot (Immer lustig, immer froh)
6. Mach lieber heute als morgen Pleite
7. Ich pfeif' auf die Pleite
8. Miese Zeiten
9. Wo ist mein Jeld
10. Vertrauen in die Währung
11. Mensch, kannst du mir was pumpen?
12. Kinder, laßt den Mut nicht sinken
13. Glaubensbekenntnis (zu Dagobert Duck)
14. Konjunktur-Cha-Cha
15. Bruttosozialprodukt (Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt)
16. Ich steh' an der Bar und ich habe kein Geld
17. Hey, Boß, ich brauch' mehr Geld
18. Nur nicht unterkriegen lassen
19. Mein Geld ist weg!
20. Mir geht's gut (Dollys Rap)
21. Der unverbesserliche Optimist
22. Ich bin vom Rockefeller grad das Gegenteil
23. Ba-ba-ba-Banküberfall
24. Etwas lernen, etwas leisten
25. Deutsche Pleite
[ *** Anspieltipps ]