Konzertbericht
Jettison, Kevin Devine, Tomte, The Weakerthans
GLEISZEIT Konzert
Münster, Skaters Palace
27.05.2004
Den Anfang an diesem entspannten Abend machen die zumindest mir zuvor völlig unbekannten JETTISON, die kurzfristig für die ausgefallenen PILOT TO GUNNER eingesprungen sind. Alternative, Indierock, Britpop, JETTISON bieten ein wenig von allem. Besonders gut gefällt ein Song, der anstatt mit dem üblichen Drum-Sound von einem elektronischen Sample unterlegt ist. Das kommt sehr interessant und eigenständig rüber. So richtig aus dem Quark kommen die Jungs allerdings erst beim letzten Song, bei dem dann auch mal aufs Rockpedal gedrückt werden darf. Alles in allem ein vielleicht nicht durchgängig spannender aber solider Auftritt, für den die Band verdient Applaus erntet.
Kevin Devine ist erstmal allein. Allein auf der Bühne, allein mit seiner Gitarre und dem Mikrophon. Die ersten Songs trägt er in rein akustischem Gewand vor, erzählt dem Publikum dabei singend von menschlichen Sehnsüchten, über zu bereuende aber nicht wieder gut zu machende Fehler, Freundschaft, Liebe...das Leben halt. Dann darf ihn die “Goddamn Band“ unterstützen und an den Drums sitzt Mike Skinner, für alle MIRACLE OF 86 Fans ein alter Bekannter, trommelt er doch auch für eben jene Indierock Band. Mit der Band hält auch Gevatter Rock Einzug in die Show. Ab diesem Zeitpunkt pendelt KEVIN DEVINE zwischen leise-romantisch-verträumt und laut-herausfordernd-übermütig. Ein Wechselbad der Gefühle, klingt abgelutscht, ist aber so. Dabei kommt der kleine Mann mit der Gitarre und der manchmal heiser-umkippenden Stimme in jeder Sekunde leidenschaftlich und ehrlich rüber und von wievielen Sängern/Musikern kann man das heutzutage noch behaupten? Auf seinen T-Shirts steht: “Support your local Singer / Songwriter“ und auch wenn er in Münster nicht wirklich “local“ ist, “Support“ bekommt KEVIN DEVINE heute abend in Form von begeistertem Applaus jede Menge.
In der Info-Mail zum Gleiszeit Konzert stand als Beschreibung zu TOMTE: “Thees Ulmann erklärt die Welt.“ Und naja, irgendwie stimmt das schon. Wir erfahren vielleicht nicht sämtliche Zusammenhänge des Lebens rund um den Erdball, aber dafür, warum Herr Ulmann nie wie andere Bandmitglieder zu Skateboardfahrer-Ehren gekommen ist. Das mühsam zusammengesparte Geld wurde nämlich am Ende doch in Alkohol investiert...“Ich bin bereit gib mir Korn und Sprite...“. Außerdem bekommt die Fangemeinde zu hören, dass Thees 1988 beim Faith no More Konzert dem Metal abschwor, weil Mike Patton damals wohl schon ein arrogantes Arschloch war. Vielleicht beglückt der Herr Ulmann deshalb heute viele viele Menschen mit wunderschönen Pop Melodien, also danke Faith no More!! Aber da ist ja auch noch die Musik und die weiß das Herz wie immer zu öffnen. Die ersten 5 Songs des letzten Albums werden gespielt: “Endlich einmal“, dass Thees für und über seinen Hund geschrieben hat und “Du bist den ganzen Weg gerannt“, welches allen Leuten gewidmet wird, die vom Dorf in die große weite Welt namens Stadt ziehen. Ältere Songs wie “Wilhelm das war nichts“ oder auch der heimliche Überhit “Die Schönheit der Chance“ vom “Hinter all diesen Fenstern“ Album kommen selbstverständlich auch zum Einsatz. Der Sound ist klar, die Gitarren poppen und rocken live genauso wunderbar wie auf Platte, die Fans singen und tanzen mit was das Zeug hält, man gerät ins Schwärmen. Apropos schwärmen, an dieser Stellen muß ich noch was loswerden: Wie geil ist das bitte, wenn am Ende von “Die Bastarde, die dich jetzt nach Hause bringen“ die Gitarren alleine übereinander spielen und dann der Moment kommt, in dem das Schlagzeug wieder einsetzt?! Genial, Großartig, Gänsehaut!
Und dann die Weakerthans aus Kanada. Bei denen dürfen ja gleichzeitig Tanzschuhe angezogen und Taschentücher gezückt werden. Mal mit Rockkante, mal mit Countryeinschlag erfreuen und verzaubern sie die Fans. “Aside“ bringt einmal mehr das Zucken in die Beine und bei “Our retired explorer“ kommt man mit dem Zählen der verzückt lächelnden Gesichter kaum nach. John K. Samson lächelt auch, tut er eigentlich immer, oder? Kann er ja auch guten Gewissens, bei soviel wärmendem Applaus, der ihm und seiner Band entgegengebracht wird. Wie brachte es ein neben mir stehender Freund noch gleich auf den Punkt: „Mann, der Sänger ist aber auch der reinste Sympathieträger, mit seinem gewinnenden Lächeln und so, oder?!“ Das denken an diesem Abend wohl alle, die Herren Ulmann und Devine eingeschlossen, die man am Bühnenrand stehend beobachten kann, wie sie auch ein weiteres mal in den Bann der WEAKERTHANS geraten. Die Müdigkeit zwingt mich dann allerdings zu gehen, bevor das Set zu Ende ist... In solchen Momenten wünscht man sich man könnte beim Schreiben flüstern, dann könnte ich vielleicht den bösen und Schuldgefühle weckenden Blicken sämtlicher WEAKERTHANS Fans entgehen, die mich für diese Freveltat bestimmt in Zukunft verfolgen werden. All jene, die bis zum Ende da waren sind gerne aufgefordert ihre Eindrücke als Leserkommentar hinzuzufügen, soll ja niemand sagen wir hier bei bizarre-radio würden den Lesern was vorenthalten.
Bogatzke , 01.06.2004
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