Konzertbericht

The Weakerthans

Olli Schulz & der Hund Marie, One Man And His Droid

Wiesbaden
05.12.2003

Freitag Abend, kurz vor 21 Uhr, vor den heiligen Hallen des Wiesbadener Schlachthofs: Die Eingangstür ist noch verschlossen, die versammelten Leute sind am Frieren und vernehmen Krach-Laute von innen: Das hört sich noch sehr nach Soundcheck an...

Nichtsdestotrotz werden die Besucher des heutigen Konzerts der kanadischen The Weakerthans etwa fünf Minuten später reingelassen und dürfen sich erst mal eine knappe Stunde mit sich selbst beschäftigen, bevor die erste der insgesamt drei Bands an diesem Abend mit ihrem Auftritt beginnt. Aber nicht eher sie ihr Equipment alle selbst aufgebaut haben.

Pünktlich um zehn Uhr, das noch spärliche Publikum der Warterei schon lange überdrüssig geworden, legen die fünf von One Man And His Droid um Sänger Mathias Knoop mit ihrem ziemlich gut anzuhörendem, englisch sprachigem melodiösen Pop-Rock los und übertragen ihre Spielfreude recht schnell und einigermaßen erfolgreich auf die Zuschauer. Die Norddeutschen unterhalten die Leute auch nichtmusikalisch zwischen den Songs, preisen ihr zweites, aktuelles Album „Party People“ an und verstehen sich wohl als solche – titelgemäß – zu präsentieren. Den Applaus, genau so wie den ca. halbstündigen Auftritt kann man mit „wirklich ok“ stehen lassen.

Noch mehr angetan sind die Leute nach anfänglicher Skepsis von Singer und Songwriter Olli Schulz & der Hund Marie aus Hamburg, der um zehn vor elf Uhr zunächst alleine, begleitet von seiner Akustikgitarre, das Stück „Song ohne Grund“ vorträgt. Nach diesem stoßen ein Drummer und der Gitarrist Max Schröder (Tomte-Tour-Keyboarder), letzterer im Hasenkostüm, dazu. Ollis musikalische Richtung erinnert an den Jungen mit der Gitarre; als Anekdoten- und kleine Geschichten-Erzähler sorgt er beim Publikum gehäuft für Lacher. Der Funken springt über, Olli Schulz wird gefeiert. Kurz vor Schluss und nach insgesamt 35 Minuten darf eine junge Frau aus den Zuschauerreihen Ollis Debütwerk mit dem grandios kuriosen Titel „Brichst Du mir das Herz, dann brech´ ich Dir die Beine!“ abstauben, nachdem sie mit ihm Oasis´ „Wonderwall“ singen durfte. Eine Zugabe wird gewünscht, Olli freut sich und geht dem nach.

Ziemlich eng wird es dann als die Weakerthans zehn Minuten vor Mitternacht endlich auf der Bühne mit „Psalm for the Elks Lodge last Call“ aus dem aktuellen dritten Album „Reconstruction Site“ loslegen, wobei das Wort „loslegen“ das Tempo dieses Songs und ebenso das von vielen anderen des Vierers nicht genau trifft. Ihre Musik bilden häufig wundervoll melodiöse Gitarren-Pop-Country-Folk-Songs. Sie können aber auch rocken („Professions of a Futon-Revolutionist“ gleicht Punkkrachern). Das wohl bekannteste „Aside“, mittelschnell, rhythmisch vom vielfach gelobten zweiten Werk „Left & Leaving“, bringt die Band bereits als zweiten Song und sorgt damit für Bewegung beim Publikum, das glückselig die Musik der sympathischen, zurückhaltend wirkenden Weakerthans aufnimmt. Der Sänger John K. Samson mit rötlich gefärbten Haaren erzeugt - bei den ruhigeren Stücken natürlich besonders – mit seiner sanften, warmen Stimme unzählige Male eine Gänsehautstimmung, vor allem z. B. bei dem traurigen „Pamphleteer“ oder „Everything must go!“, einem Höhepunkt an Tragik und Intensität.

Nach 50 Minuten Gefühls-Berg- und Talfahrt erzwingen die geplätteten Zuschauer mehrere Zugaben, die mit „One Great City!“, eingeleitet wird. Dieses Lied, das von Samsons und Carrolls (Gitarrist) Heimatort Winnipeg handelt, trägt er nur mit der Akustischen vor, und es klingt mal wieder, wie soll es anders sein, sehr schön.. Als die Weakerthans kurz nach ein Uhr dann endgültig und sichtlich zufrieden von der Bühne gehen, sind viele der Meinung, dass die Kanadier wieder mal große Gefühle vermitteln konnten und berührt haben.

Jana Trochta, 14.12.2003

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