Konzertbericht
And You Will Know Us By The Trail Of Dead
rival schools
Sturm und Drang
Hamburg, Übel & Gefährlich
11.04.2011
Als Trail Of Dead vor zwei Jahren in Hamburg Station machten, um ihr Album "The Century of Self" vorzustellen, platzte das Übel & Gefährlich fast aus allen Nähten. Von diesem Standpunkt aus hat sich in den letzten zwei Jahren wenig verändert, der Weg in die vorderen Reihen erfordert wieder dezenten Ellenbogeneinsatz. Dummerweise begann das Konzert geradezu lächerlich früh, weswegen ich von Rival Schools nur noch zwei Songs sehen konnte. Dumm gelaufen, ihr letztes Album "Pedals" wusste durchaus zu gefallen, und die Reaktionen des Publikums hätten auch nicht erahnen lassen, dass hier erst die Vorband auf der Bühne steht.
Beim Aufbau für Trail Of Dead gab es die erste Überraschung: das zweite Schlagzeug blieb zu Hause, die Band bestritt das komplette Konzert als vierköpfiges Ensemble. Durchaus mutig, wenn man betrachtet, dass eines der Markenzeichen der Band ihr gewaltiger, druckvoller Sound ist. Trotz allem hatte Jason Reece im Interview angekündigt, sie würden die großen Geschütze auffahren und sogar ihr viertelstündiges Epos "Tao Of The Dead Part 2" spielen. Nun, er versprach nicht zu viel: Der Song bildete das wohl längste Konzert-Intro aller Zeiten. Und es passte auch, da dieser Song im Stande ist, enorm viele Gefühlslagen anzukratzen. Ein wunderbarer Einstieg, der für aufrichtig freudenstrahlende Gesichter sorgte.
Danach besann sich die Band auf ihre große Stärke, ihre unbändige Power. "Summer Of All Dead Souls" ist einer dieser Songs, der dich in jeder Situation aus der tiefsten Lethargie reißen kann, der deine Hände nach oben schnellen lässt, der sich anfühlt wie ein nicht endender Torjubel beim Fußball. Wenn nach so einem Anfang dann auch noch die Überhits "Will You Smile Again?" und "Caterwaul" kommen, gehen einem schon die Superlative aus, obwohl das Konzert noch nicht mal zur Hälfte gelaufen ist. Im folgenden konzentrierten sie sich auf die Songs, die schon immer am meisten abgefeiert wurden - die von "Source, Tags and Codes" und "Madonna". Dass das letzte Album "The Century of Self" komplett ausgeklammert wurde, hätte mich ein wenig traurig gemacht, würden Trail Of Dead auf der Bühne nicht so genial funktionieren. Der Spielspaß und die Erfahrung, die Lautstärke, all das kulminiert einfach am besten in Songs wie "Aged Dolls", "A Perfect Teenhood" oder "Relative Ways". Momente, in denen sich jeder im Saal wie ein jüngeres Abbild seiner selbst fühlt. Ein anarchischer Rotzlöffel, der gleichermaßen wütend, verliebt, traurig und hormongesteuert ist. Der im Suff dumme Sachen macht und sich am nächsten Tag darüber kaputt lacht. Der in dieser Nacht die Welt versteht, und sie ihn (um endlich mal wieder Captain Planet zu zitieren).
Vom Schweiß vollkommen durchnässt verlassen sie die Bühne. Sie könnten wirklich keine Zugabe geben, da sie eh schon überzogen hätten und einfach nicht mehr weitermachen dürften. Eine schöne Vorstellung, wie die vier kleinen großen Jungen den Veranstalter angebettelt haben mussten. Denn sie kamen doch noch einmal zurück und steckten ihre letzte Kraft in einen recht simplen, aber umso wilderen Punksong. Einer der ersten, den sie laut eigener Aussage je geschrieben haben. Und trotz all der Lügen, die Trail Of Dead in ihren Anfangstagen an die Presse weitergaben, erscheinen sie in diesem Moment wie die ehrlichste Band von allen.
Benedikt Ernst, 28.04.2011
TRACKLIST
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