Konzertbericht
30 Seconds To Mars, Placebo
The Words
Stuttgarter Sternstunden
Schlossplatz
11.08.2011
Auf dem Stuttgarter Schloßplatz feierte Mercedes Benz die Geburtstagsparty zum 125. des Automobils mit 35.000 Fans zwischen Neuem Schloss und Königstraße. Dabei sollten die zwei Headliner 30 Seconds to Mars und Placebo am 11. August das Geburtstagsständchen spielen.
Während alles auf die US-Rocker von 30 Seconds to Mars wartete, wurde Tennislegende Boris Becker ein Scheck für die Laureus Sport-Stiftung übergeben. Dies hatte ja noch seine Berechtigung, aber die ständige Wiederholung der Werbespots für Daimler Benz-Fahrzeuge auf den Leinwänden nervten doch gewaltig.
30 Seconds to Mars enttäuschen
Am frühen Abend war es dann endlich soweit: Um 18:20 Uhr betraten 30 Seconds to Mars die Bühne. Sänger und Hollywoodbeau Jared Leto ward mit schwarzer Sonnenbrille und einem exotischen togaähnlichen schwarzen Gewand ausgestattet. Vielleicht ein Fingerzeig für die nächste Rolle des aus Filmen wie „Fight Club“ und „Alexander“ bekannten Stars. Von der Dramatik her war der Opener „A Beautiful Lie“ äußerst vielversprechend, doch leider entpuppte sich der Auftritt von 30 Seconds to Mars als totaler Flop und als ein dickes Minus für die Organisatoren. Die Leinwand war viel zu tief angebracht, sodass schon nach dem ersten Wellenbrecher kein Bandmitglied mehr zu erkennen war. Fans nach dem zweiten Wellenbrecher dürften noch weniger gesehen haben. Zwar waren beidseitig der Bühne zwei Leinwände montiert worden, doch diese waren dermaßen klein und unscheinbar, sodass auch dies kaum weiter half. Bei sonstigen Open Air Highlights auf dem Schlossplatz, wie bei Länderspielübertragungen werden viel mehr und um einiges größere Leinwände aufgestellt. Vielleicht hatten sich die Organisatoren mit dem geringen Eintrittspreis von 15 Euro selbst etwas übernommen.
Hinzu kam, dass der Sound wirklich unglaublich schlecht war. Livehighlights wie „ Attack“ oder „Closer to the Edge“ waren viel zu leise, sodass kaum Stimmung aufkam. Ein Grund hierfür war sicher auch das große Altersgefälle der Zuhörer, von denen viele über 30 noch nie von der US-Band gehört zu haben schienen. Trotzdem wäre sicher bei besserem und vor allem lauterem Sound der Funken übergesprungen, da 30 Seconds to Mars bei Hallenkonzerten ja durchaus zu überzeugen wissen. Sänger Jared Leto schien sich daran nicht zu stören, denn direkt vor ihm war eine Wand von Echelon-Mädels, die textsicher jedes Lied mitsangen und die ihn glauben machten, der Schloßplatz würde toben.
Der bekannteste Song „The Kill“ wurde nur als Akustik-ballade gespielt, was dem Song unglaublich viel Charme kostete. Stellenweise schien es, als könnten 30 Seconds to Mars nur Konzerte mit Fans spielen, die die Songs kennen und dementsprechend von Anfang an begeistert mitsingen. Die ständigen Ansagen zwischen den Liedern wie „This isn’t your lunch break, this is a 30 Seconds to Mars show!“ waren anfangs noch witzig und unterhaltsam, nervten auf Dauer aber doch gewaltig. Bei mehreren Songs unterbrach Leto mittendrin im Lied, sodass die sich entwickelte Stimmung gleich wieder im Keim erstickt wurde. Zum Abschluss holten sie sich zu „Kings and Queens“ noch eine Menge an Zuschauern auf die Bühne, ehe. Ein wirklich enttäuschender Beginn der Stuttgarter Sternstunden.
Placebo bieten wahre Sternstunden
Placebo boten von Anfang an das genaue Gegenteil. Vom ersten Gitarrenakkord an, zogen die Briten die Zuschauer in ihren Bann. Warum auch immer, aber der Sound war fast doppelt so laut als bei 30 Seconds to Mars und schon mit dem ersten Song „For what it’s worth“ an bebte der Schloßplatz. Aus den eigentlich düster und melancholisch klingenden Songs wurden massenbegeisternde Partysongs, die die verschiedenen Altersschichten auf dem Schlossplatz verbanden. Als sich dann die Dämmerung über das Neue Schloss senkte, kam die tolle Lightshow von Placebo noch besser zur Geltung. Vom letzten Album Battle for the Sun wurde kaum etwas gespielt, doch Placebo haben in ihrer mittlerweile 17 Jahre alten Bandgeschichte so viele Hits, dass dies überhaupt nicht auffiel. „Every me and Every you“ vom Eiskalte-Engel-Soundtrack durfte da natürlich nicht fehlen, genauso wenig wie „Infra-Red“. Doch auch die ruhigeren Songs, wie das Kate Bush-Cover „Running up that Hill“ und „Follow the Cops back Home“ entfalteten dank toller Lightshow und weiblicher Streicherunterstützung eine starke Atmosphäre.
Selbst die Krawalle in London wurden von Sänger Brian Molko sarkastisch angesprochen: „London is burning, but we live by the river so it’s okay“. Auch seine Position dazu ist klar, denn im folgenden Song „Sleeping with Ghosts“ verändert er die Textzeilen zu „Fuck the goverment, fuck their killing, fuck their lives!“. Beim einzigen Openair-Konzert war zu spüren, dass sich die Londoner wirklich bemühten, eine tolle Show abzugeben. Das Nirvana-Cover„All Apologies“ wurde der verstorbenen Amy Winehouse gewidmet und der schnelle Song „Bitter end“ brachte kurz vor Ende des Konzerts erstmals Pogo-Stimmung auf den Schlossplatz. Was bleibt als Fazit des Events? Für wirkliche Stuttgarter Sternstunden konnten nur Placebo sorgen.
Michael Hellstern, 13.08.2011
TRACKLIST
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