Interview
Soulfly
Interview mit Bobby Burns
Ein Busfahrer der die Live Music Hall nicht findet. Ein kurzfristiger Umzug auf den Parkplatz des Underground's und dann doch wieder die Entscheidung zur Live Music Hall zu fahren. Und ein Nightliner der nicht so recht in die Live Music Hall passen will. Letztendlich steht die Entscheidung: nicht beim Underground, vor der Live Music Hall bleibt der Nightliner stehen. Endlich kann der Interviewmarathon beginnen und so trafen wir uns mit dem Bassisten Bobby Burns auf einen Plausch.
Bizarre-Radio: Das neue Album heißt "Dark Ages" und es klingt düsterer als alles was Soulfly bisher geschaffen hat. Möglicherweise hatten zwei Todesfälle in Max Cavalera's Leben einen Einfluss darauf. Einerseits der Tod von Dimebag und andererseits der Tod eines Familienmitgliedes. Inwiefern hat dies tatsächlich den Songwritingprozess und die Stimmung im Studio beeinflusst?
Bobby Burns: Ich kann jetzt nicht sagen zu welchem Grade uns diese Unglücksfälle beeinflusst haben, aber einen Einfluss hatten sie definitiv. Am morgen danach gehst du ins Studio und es ist einfach anders. Diese Ereignisse haben den vibe von jedem Song verändert den wir an diesen Tagen geschrieben haben. Ich weiß nicht mehr welche Songs das genau waren, aber sie hatten sich geändert, was ja auch nur natürlich ist. Und vielleicht hat es den Songs in einer merkwürdigen Art und Weise sogar geholfen. Geholfen die Songs in eine gewisse Richtung zu drängen, die besser für sie ist. Aber es ist in der Natur des Menschen zu sterben, man kann einfach nichts dran ändern, und auch nicht daran wie sich die Betroffenen gefühlt haben. Und am Ende des Tages ist das Geschehene definitiv real.
B-R: In den neuen Songs fanden auch Hardcore Einflüsse ihren Weg. Vorher gab es diese nicht - wo kommen sie her?
Bobby: (schmunzelt) Oh, möglicherweise von mir. Ich habe schon immer Punkrock und Hardcore gehört, dies waren meine liebsten Dinge in der Welt. Hinzu kommt, dass wir vier total unterschiedliche Typen sind was den Musikgeschmack und auch unsere Charaktere angeht. Und wenn wir zusammenkommen spielen wir einfach drauf los und dadurch kommen automatisch die Einflüsse jedes einzelnen zusammen. Wir fangen einfach an und bauen es dann auf. Ganz egal ob im Studio oder auf der Bühne.
B-R: Ebenfalls auffällig ist, dass die Instrumentalparts nachgelassen haben. Auf "Prophecy" waren sie noch sehr stark vertreten. Hattet ihr keine Lust mehr darauf?
Bobby: Ich denke die aktuelle Scheibe definiert ein neues Kapitel von Soulfly. Von Beginn an bis "Dark Ages" wuchs und entwickelte sich Soulfly immer weiter und dies schlägt eine neue Seite auf. Das ist ein unbeschriebenes Kapitel. Es ist heavier und wilder als alles was Soulfly zuvor gemacht hat. Ich denke Soulfly wird nun einen neuen Weg beschreiten - die Vergangenheit allerdings immer im Gepäck.
B-R: Wie auch auf den beiden vorangegangenen Alben produziert Max das Album selber während Terry Date die Songs abmischt. Habt ihr nicht darüber gedacht wieder mit jemand anderem zu arbeiten?
Bobby: Wir sind alle große Fans von Terry und er hat bisher nichts kaputt gemacht. Das sind meine Gedanken dazu.
B-R: Man fragt sich nur woher die Stabilität kommt. Immerhin war es Max der sagte, dass er nicht will, dass Soulfly eine fixe Band wird. Seitdem hatte sich bis "Prophecy" auch immer etwas am Bandlineup oder der Studioarbeit geändert. Es passt deshalb nicht so ganz ins Bild, dass sowohl das Lineup der Band als auch der Erfinder des "Louder than you will ever get"-Konzeptes, Terry Date, an Bord blieben. Scheint als ob Soulfly nun doch eine feste Einheit wird?
Bobby: Jajaja! Ganz Genau! Wie du schon sagtest hat sich immer wieder alles aus irgendwelchen Gründen geändert. Aber jetzt sind wir an einem Punkt wo wir es genießen gemeinsam Musik zu spielen. Es fällt uns leicht miteinander Musik entstehen zu lassen, es fällt uns leicht gemeinsam abends die Bühne zu besteigen und ne Show zu spielen. Niemand ist mies drauf und ich denke solange jeder glücklich ist und alles so bleibt wie es jetzt ist, wird Soulfly auch in diesem Gefüge bleiben. Solange es vorwärts geht und nicht still steht oder gar zurückgeht wird es keine Probleme geben. Aber niemand kann die Zukunft voraussagen. Genauso gut könnte sich schon morgen alles ändern.
B-R: Was bedeuten die neuen Songs für dich persönlich?
Bobby: (überlegt) Ähm, ich bin im Moment noch eher musikalisch verbunden mit den Songs, als dass ich auch von den Texten her eine Beziehung herstellen könnte. Aber das liegt daran, dass ich meine Parts letzten Winter im November und Dezember eingespielt habe. Wir leben in 4 verschiedenen Bundesstaaten, die weit auseinander liegen. Als ich fertig war im Studio ging ich also nach Hause und hab mich um meine Dinge, wie z.B. andere Platten zu produzieren, gekümmert. Ich hatte bisher noch nicht die Gelegenheit das komplette Album in Ruhe zu hören und mich damit auseinander zu setzen. Ich weiß, dass einige Lyrics die Max für dieses Album geschrieben hat grandios sind. Ich liebe seine lyrics und seine Art zu schreiben. Bei diesem Album schreibt er schon fast melodisch und damit nimmt er Abstand von seiner üblichen Schreibweise. Die Dichte und die Härte dieser Platte sind genau so wie die Lyrics und der Stil den er jetzt benutzt. Er hat auch ein wenig experimentiert indem er Melodien in die Gesangslinien eingebaut hat. Aber wie das Album insgesamt wirkt kann ich leider noch nicht sagen.
B-R: Welches sind denn deine Favoriten von "Dark Ages"?
Bobby: Oh man (grübelt). "I And I" ist ein großartiger Song! Und bei "Inner Spirit" ist Coyote von Eyesburn als Gastsänger dabei. Es ist wunderschön wenn der Chorus einsetzt und Coyote zu singen beginnt. Es reißt dich einfach mit! Aber eigentlich ist jeder Song auf der Platte großartig, alle auf ihre Weise.
B-R: Und welche Songs spielst du am liebsten live?
Bobby: (Überlegt lang) Wooow das ist mal ne gute Frage. Wir spielen jede Nacht so viele Songs! Wir haben 20 Millionen Songs oder so von zig Alben die benutzt werden könnten (lacht). Nun, Ich mag nach wie vor "Prophecy" weil es einfach spaß macht ihn zu spielen. Um genau zu sein steh ich am meisten auf die Songs der "Prophecy" Platte wenn es ums live spielen geht. (Überlegt) Und die neuen Songs sind auch klasse.
B-R: In Teilen der Tour supported ihr Black Sabbath. Wie kam es dazu?
Bobby: Ich hab keinen Schimmer. Ich bekam eines Tages einen Anruf und vom anderen Ende hieß es "Du wirst mit Black Sabbath durch Europa touren." Und ich meinte nur "Fuck yeah!". Es gibt nicht viele Leute die von sich behaupten können mit Black Sabbath im originalen Lineup unterwegs gewesen zu sein. Das ist grandios!
B-R: Wie sind denn Ozzy und seine Jungs so?
Bobby: Wunderbar. Diese Jungs machen das schon seit 10 Millionen Jahren oder so (lacht) und leben immer noch! Sie laufen immer noch rum, gehen auf die Bühne und rocken jeden Abend was das Zeug hält. Man kann nichts tun außer ihnen Respekt zu zollen. Sie machen das weil sie es lieben. Und sie machen es für die Fans, und das ist wirklich wirklich cool. Da ist etwas Wahres dabei, denn sie müssen es ja nicht für die Kohle tun. Und es ist ein Traum bei so einer Tour dabei sein zu dürfen.
B-R: Vor zwei Tagen habt ihr in Bochum ohne Vorband gespielt. Heute supporten Betzefer. Was war los in Bochum?
Bobby: Soweit ich weiß sollten wir eine Vorband haben, aber sie haben abgesagt oder konnten es zeitlich nicht schaffen, oder irgendwie so was. Da kam unser Manager und meinte "Könnt ihr in 15 Minuten auf die Bühne gehen?" und ich war irritiert und meinte nur "Wovon redest du? Ich habe noch keine Vorband spielen gehört!". Ich bin mir wirklich nicht sicher was da los war. Aber es freut mich heute eine Vorband im Programm zu haben.
B-R: Nach dem Bochum Gig erzählte Joe Nunez den Fans, dass ihr euch ganz besonders auf das Fields Of Rock Festival in Holland gefreut habt. Was war so besonders an gerade diesem Festivalgig?
Bobby: Ähm, es ist einfach cool. Da haben so viele so großartige Bands gespielt gestern. Und ich konnte als Fan mal wieder den ganzen Tag Bands anschauen - und ich habe jede einzelne Minute geliebt! Ich habe keine einzige schlechte Band gesehen, obwohl es schon sehr merkwürdig war Slayer im tageslicht spielen zu sehen. Aber es war nach wie vor Slayer und sie haben gerockt! Dann war da noch Velvet Revolver, naja, manche mögen sie und manche nicht. Aber sie haben es echt gebracht, sie waren und klangen fantastisch! Team Sleep war auch cool. Ich mag die Platte, aber live kommt das 100 mal besser und härter. Chino kam auch zu uns auf die Bühne und hat einen Song mit uns gespielt, das war cool! Das coolste aber war einen meiner besten Freunde der Welt, Rob Flynn, zu sehen. Er und die Machine Head Jungs haben gestern auch gespielt. Nach der Show haben wir sehr sehr viel getrunken. Gut möglich, dass ich noch immer betrunken bin, ich bin mir da nicht so ganz sicher (grinst breit und lacht).
B-R: Eine willkommene Abwechslung also im Tourleben so ein Festival?
Bobby: Absolut!
B-R: In Bochum sollt ihr auch ein interessantes Bob Marley Cover gespielt haben. War das geplant?
Bobby: Just jammin'! Genau so wie alles was wir machen. Einer von uns kommt und sagt "Was meint ihr, wie würde das wohl klingen?" und dann fangen wir einfach an zu spielen. Entweder es klappt, oder es klappt nicht. Und wenn es klappt, dann ist das cool.
B-R: Auf einer früheren Tour kam es zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen Christian Machado (Ill Nino) und Marc Rizzo (Soulfly, ex-Ill Nino). Weiß du was genau da passiert ist?
Bobby: Es herrschte schon die ganze Tour eine gewisse Anspannung. Aber da noch nicht auf bestimmte Personen gerichtet sondern mehr so zwischen den beiden Lagern. Die Crews kamen nicht so gut miteinander aus und das wirkte sich negativ auf die immer stärker werdende Spannung aus. In der Nacht, die du ansprichst, ging alles sehr schnell. Ill Nino gingen auf die Bühne und sagten einige Dinge über uns die sie wirklich nicht hätten sagen sollen und die obendrein auch noch falsch sind. Wer uns kennt weiß das. Wir übrigen haben das aber so weggesteckt aber für Marc spielte da noch eine sehr persönliche Komponente eine Rolle. Immerhin war er mal selbst Mitglied in dieser Band und hat eine gemeinsame Vergangenheit mit den Jungs die ihn da mit durch den Dreck zogen. Und ich meine, wenn es bei Ill Nino so großartig gewesen wäre, dann würde er doch mit Sicherheit noch bei Ill Nino spielen.
B-R: Lass uns mal ein wenig mehr über dich reden. Wusstest du, dass Bobby Burns auch ein Name für nen Drink ist?
Bobby: Ja, ich hab mal davon gehört, aber ich meine dass es nicht so gut klang.
B-R: Ok, pass auf. Du nimmst 2cl Scotch Whiskey, 2cl süßen Vermouth und einen Schuss Benedictine. Das ganze auf Eis, garniert mit einer Zitronenscheibe. Hört sich das gut an?
Bobby: (lacht sich kaputt)
Oh nein! Das hört sich auf keinen Fall gut an!
B-R: Ok, warum hattest du dich damals von deiner alten Band Primer 55 getrennt? Wegen Soulfly oder spielten da andere Beweggründe eine Rolle?
Bobby: Oh, die Sache mit Primer ging ca. 1 Jahr bevor Max mich zu Soulfly rief zu Ende. Also damit hatte es nichts zu tun. In Primer 55 zu sein war wie eine Art Spiel. Die Band bestand aus einem Bündel dickköpfiger Punks die zusammen Musik spielten. Es ist cool wenn es cool ist, und es ist schlecht wenn es schlecht ist. Wir hatten dieselbe Art zu touren wie Soulfly: immer auf Achse. Die anderen Mitglieder fingen an sich zu langweilen wenn sie auf Tour waren. Und wenn sie sich langweilten fingen sie an dumme Dinge zu machen. Es ist traurig wie Menschen drauf sind wenn sie solch beschissene Dinge tun. Letztendlich kamen wir nicht mehr miteinander klar und die andren wurden faul. Es war so, dass ich der einzige war der die ganzen Songs geschrieben hat. Mit dem Sänger war es besonders schwer. Gespräche verliefen in etwa wie folgt "Möchtest du die Lyrics schreiben? Nein? Okay, dann schreib ich halt.". Auf diese Art starb die Band langsam aber sicher aus. Die anderen haben gemacht was sie wollten und ich machte die ganze Platte. Aber irgendwie war es cool und ich bin stolz darauf. Ich bin früh über das was wir gemeinsam als Band geschafft haben. Ebenso bin ich beeindruckt, dass wir so lange zusammengeblieben sind.
B-R: Wie sieht es denn im Vergleich zu Soulfly aus was den Sonwritingprozess angeht? Wieviel schreibst du bei Soulfly selbst?
Bobby: Bei Soulfly kümmert sich jeder sehr um seinen eigenen Part. Wenn wir die Songs schreiben treffen wir uns irgendwo und irgendwer hat ein Riff oder Max kommt mit nem Riff oder nur einem Vers oder dem Refrain und dann fangen wir an zu spielen. So lief das Songwriting insbesondere bei "Dark Ages" ab. Eine Schicht legte sich auf die andere und jeder gab seinen Senf dazu ab. Ein weiterer Unterschied ist, dass Primer meine eigene Band war und ich auch die Platten produziert hatte.
B-R: Ok, wie sehen denn die Pläne für die Zukunft aus?
Bobby: Nach dieser Tour kommt das Album raus und dann beginnt alles von vorn. Ich bin mir sicher, dass wir wieder nach Europa kommen wenn wir die Staaten getourt haben. Das sind die vorläufigen Pläne, mehr steht noch in den Sternen.
B-R: Vielen Dank für das interview!
Bobby: Nichts zu danken, es war mir eine Freude!
Dieses Interview führte Kaan Karaismail.
Thomas Hammermann, 15.11.2005
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