Interview
Paradise Lost
Mach dein Ding!
Mit neuem Album im Gepäck entern Paradise Lost die deutschen Bühnen. Umso besser, die seltene Gelegenheit nutzen zu können, Aaron Aedy Rede und Antwort stehen zu lassen.
Bizarre Radio: Was bedeutet dir das Touren? Ist es eher Spaß oder doch Arbeit?
Aaron: Größtenteils bedeutet es, dass man den lieben langen Tag damit verbringt, auf den Auftritt am Abend zu warten. Manchmal trifft man nette Menschen, wenn man Zeit hat, sieht man sich die Städte an.
BR: Wieviel siehst du denn überhaupt von den Städten?
Aaron: Manchmal haben wir tatsächlich die Zeit, uns in den Städten umzusehen. In manchen Städten sind wir schon ein paar Mal gewesen, dann erübrigt sich das natürlich. Das Fliegen zu den einzelnen Konzerten ist da schon stressiger, da sieht man oftmals nicht mehr als den Flughafen und dann die Konzerthalle, das ist etwas schade. Aber wir haben schon in etwa 40 verschiedenen Ländern gespielt und ich habe mir tatsächlich schon so einige davon auch angesehen. Wenn man so will, haben wir da einen ziemlichen Vorteil über den ich auch sehr glücklich bin. So waren wir zum Beispiel schon oft in Berlin und hatten die Chance uns hier umzusehen.
BR: Wie findest du Berlin?
Aaron: Am schönsten finde ich den Zoo.
BR: Was magst du denn daran so sehr?
Aaron: Ich weiß nicht, ich mag Zoos einfach sehr. Als wir damals hier waren, das muss schon mehrere Jahre her sein, hatten wir noch ziemlich viel Zeit bis zum Gig, deshalb habe ich mir Steven und Nick geschnappt und wir haben uns den Zoo angesehen.
BR: Nun gibt es Paradise Lost seit fast 22 Jahren. Wenn du da an das Musikgeschäft denkst, was denkst du darüber?
Aaron: Also heute ist das Musikgeschäft ja um einiges anders, als es damals war, als wir angefangen haben. Damals war es ja noch völlig normal, wenn du mit deinen Freunden Tapes getauscht hast. Früher hast du deine Musik direkt nach dem Konzert an die begeisterten Besucher verkauft.Heute ist es oftmals einfacher dein Material über das Internet zu verkaufen, allein schon, weil es so einfach viel mehr Menschen erreicht. Aber andererseits gibt es da gleichzeitig hunderttausende weitere Bands, die alle Aufmerksamkeit haben möchten und brauchen und deshalb wird es auch immer schwieriger, Musik zu finden, die du tatsächlich mögen könntest.
BR: Was würdest du sagen, sollte eine Band tun, um, so wie ihr, über einen längeren Zeitraum erfolgreich sein zu können?
Aaron: Ja, man kann vielleicht sagen, dass wir in unserem kleinen beschränkten Feld erfolgreich sind (lacht) Aber ich würde sagen, dass man immer das spielen sollte, was sich für einen selbst am wahrhaftigsten anfühlt. Nicht jemand anders sein wollen. Einfach dein eigenes Ding machen, das ist mein Tipp. Es ist natürlich in Ordnung anfangs so klingen, wie die Bands, die du selbst magst, doch dann findest du deinen eigenen Weg und klingst immer selbstständiger. Du entwickelst eigene Ideale, denen du dann auch folgst.
Dann kommt auch der Zeitpunkt, an dem du Fans bekommst, die sich mit deiner Musik identifizieren können. Was sehr schwierig ist, weil es einfach so viele Bands gibt. Da ist es schwer, sich als Band gegenüber den anderen zu behaupten. Manchmal bringt eine Band die richtige Musik zur richtigen Zeit heraus, dann wirst du einfach weggewischt. Aber wenn du dafür lebst, Musik zu machen, dann steckst du das ganz gut weg.
BR: Was habt ihr für die Zukunft geplant?
Aaron: Noch nichts Spezielles. Zuerst bringen wir die Tour bis Weihnachten hinter uns, im Februar stehen ein paar Shows in Australien an, dann kommen wieder ein paar Festivals...
BR: Welche denn?
Aaron: (überlegt) Nein, das darf ich noch nicht sagen. Aber gerade diese Woche haben wir ein paar wirklich großen Festivals unser Okay gegeben. Auf dem einen haben wir schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gespielt. Danach werden wir wohl wieder auf Tour gehen.
BR: Und ihr tourt mit dem neuen Album, denkt also noch nicht an neues Material?
Aaron: Genau, wir touren mit „Faith Divides Us...“ und sind damit erst mal locker bis November nächsten Jahres beschäftigt. Dann werden wir uns wieder hinsetzen und an neuem Kram arbeiten.
BR: Hast du einen Liebling auf dem neuen Album?
Aaron: (überlegt) Also “Faith Divides Us...” macht live wirklich Spaß. Auch “Frailty” ist anspruchsvoll, weil er ziemlich energiegeladen ist.
BR: Ich liebe Last Regret, wie stehen die Chancen, dass ihr das heute Abend spielt?
Aaron: Na wir haben überlegt, das mal mit ins Set zu integrieren aber jetzt noch nicht. Schon gar nicht ohne Greg, denn der musste überraschend zurück nach Hause fliegen.
BR: Und Milton fügt sich gut ein?
Aaron: Er macht sich prima. Er musste das gesamte Set in ein paar Tagen einstudieren und das hat er wirklich gut gemacht. Außerdem hat Greg ihm gezeigt, wie er die Songs am besten spielt. Er war unsere Rettung. [Bei Milton Evans handelt es sich um den Gitarrentechniker der Band, der das Material von Paradise Lost kennt wie seine Westentasche Anm. Verf.]
BR: Weshalb musste Greg denn nach Hause fliegen?
Aaron: Bei seinem Vater wurde unheilbarer Krebs festgestellt und Greg möchte für seine Familie da sein. Kurz vor der Tour fanden die Ärzte heraus, dass sein Vater nur noch ein halbes Jahr zu leben haben wird, also er ist wirklich krank, weshalb Greg unbedingt zu Haus sein muss und will.
BR: Das tut mir schrecklich leid!
Aaron: Ja danke. Wir wollten die Tour gänzlich stoppen aber er sagte, dass wir weitermachen sollen. Es ist alles ganz schrecklich... Ich kenne ihn seit ich 12 bin. Entschuldige, dass ich dich damit so runterziehe.
BR: Vielen Dank, dass du darüber redest, obwohl es schmerzhaft ist!
Aaron: (nickt)
BR: Gibt es einen Punkt in der Bandgeschichte, an dem du sagen würdest: “Ich wünschte, ich könnte dahin zurückgehen und eine andere Entscheidung treffen”?
Aaron: Ich glaube daran, dass wenn du glücklich mit deinem derzeitigen Zustand bist, dass alles was du bisher gemacht hast, dich dahin gebracht hat. Ich würde also nichts ändern wollen... Obwohl, da war dieses eine Konzert in Liverpool 1989, wo ich dermaßen wild geheadbanged habe, dass ich das Gleichgewicht verloren habe und von der Bühne gefallen bin. Ich wünschte, ich hätte das nicht getan! (lacht) Das war schon lustig damals (lacht immer noch) Der Rest der Band hat sich auch vor lachen ausgeschüttet.
BR: Wenigstens hast du dir nichts getan wie Steven Tyler, woraufhin Aerosmith die gesamte Tour absagen mussten, weil er diesen graziösen Schwung von der Bühne machen musste.
Aaron: Ja, ich finde nicht mal, dass er gut tanzen kann. (lacht)
BR: Seid ihr eigentlich alle mit der musikalischen Richtung von “Faith Divides Us” einverstanden gewesen?
Aaron: Oh ja! (nickt überzeugt) Ich liebe es. Ich liebe es absolut!
BR: Schließlich hattet ihr ja auch große Erfolge mit poppigeren Alben wie “One Second” [10 Wochen Platz 8 der Albumcharts], “Host” [8 Wochen Platz 4 der Albumcharts] oder “Believe in Nothing”[6 Wochen Platz 10 der Albumcharts].
Aaron: Ja, also heutzutage verkaufen sich Alben ja anders als früher, wegen der Internetpiraterie. Aber auch die neueren Alben wie „In Requiem“ [4 Wochen Platz 12 der Albumcharts] haben sich ja ziemlich gut verkauft
BR: Besonders in Deutschland oder?
Aaron: Ja, ganz genau. Es ist auch immer schön zu sehen, was das Publikum denkt. Ich glaube hier ist ach „Faith Divides Us“ ziemlich gut angelaufen.
BR: Wieviel bedeutet euch der kommerzielle Erfolg?
Aaron: Das ist schwer zu sagen. (überlegt) Natürlich möchtest du, dass das Album sich gut verkauft, das ist ja nun mal ein Anhaltspunkt für den Erfolg des Albums. Aber andererseits (überlegt) versuchen wir nie aktiv, kommerziell erfolgreich zu sein. Ein Album kann ja weitreichend bekannt sein, ohne kommerziell zu sein. Dennoch ist man ja darauf angewiesen, dass sich das Album verkauft, denn du hast Ausgaben, wie die Aufnahmen usw.
Das ist ja auch das Schlimme an den illegalen Downloads. Die Leute denken zwar, die schädigen damit die große Industrie aber sie schädigen den Künstler, denn zuerst wird wird immer die Industrie bezahlt, als letztes kommt der Künstler.
BR: Vielen Dank für das Interview!
Aaron: War mir eine Freude.
Conny König, 18.11.2009
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