Interview
Eisbrecher
Eisbecher - Der Sünde verfallen
Auch Eisbrecher fuhren an jenem sonnigen und heißen Nachmittag des 31. Mai 2008 in den Hafen des 2. Zita Rock Festivals in der Zitadelle Spandau ein. Die bajuwarische Band um ihren Frontmann Alex Wesselsky nahm sich nach ihrem Auftritt und der Autogrammstunde noch einmal ein wenig Zeit, um Bizarre Radio einige Fragen zu beantworten.
Bizarre Radio: Erst einmal lieben Dank, dass Du Dich hier mit mir zusammen setzt um Bizarre Radio ein wenig Rede und Antwort zu stehen. Du kommst ja gerade von der Autogrammstunde. Wie fühlst Du Dich?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Mir tut jetzt die Hand weh, also die rechte, denn ich bin Rechtshänder. Und mir tun auch die Mundwinkel weh, denn ich habe sehr viel grinsen müssen. Und vor lauter „Strike-a-pose“ habe ich jetzt einen Gesichtskrampf und wie gesagt eine Sehnenscheidenentzündung im rechten Arm. Sonst geht es aber gut. Danke. Die Schlange war lang. Wer hätte das gedacht. 1,5 Stunden – hatte ein bisschen was von wegen „Wir stehen an für den Führerschein in der DDR“. Aber wenn man was will, muss man sich eben anstellen. Und die Leute waren sehr brav und super diszipliniert.
Bizarre Radio: Wie fandest Du euren Auftritt heute beim zweiten Zita Rock Festival hier in der Zitadelle Spandau? Was hat Dir besonders gut gefallen?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Das ist immer schwierig zu sagen. Also es war ein super Auftritt und die Reaktionen waren auch ganz toll. Wir haben um 15.30 Uhr gespielt. Da darf man eben nicht zuviel erwarten. Wir gehören eben noch in die Kategorie „Dosenöffner“. Auf Festivals ist das doch so. Wird jeder feststellen der regelmäßig auf Festivals geht. Die dicken Fische spielen Abends, was verschiedene Gründe hat wie z.B. mehr Licht und somit wirkt die Show gleich ganz anders, und wenn man eben nachmittags spielt, ist man da um für gute Stimmung zu sorgen. Ich denke, dass ist uns heute auch gelungen. Wir, der liebe Gott, der Wettergott, wir alle zusammen haben es geschafft den Leuten eigentlich ganz gut den Arsch anzuzünden. Das war unser Job und den haben wir erledigt. Und ich muß sagen „Ja, unser erstes Konzert in 2008 war für uns ein voller Erfolg“. Ich denke, dass hat mal wieder gezeigt „Da geht noch was“. Ich will aber auch gerne mal am Abend auf dem Zita oder den großen Festivals spielen. Wir sind mit uns.., äh, darf ich jetzt mal die No Angels zitieren?
Bizarre Radio: Nur zu.
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Wir sind super zufrieden mit unserer Performance. Wenn es einem nicht gefallen hat – an uns kann es auf keinen Fall liegen. Das war grandios. Ich wie gesagt hatte ein bisschen Stimmprobleme. Das hat mich geärgert. Der Sound war nicht optimal auf der Bühne. Man hatte keinen Soundcheck. Man ist 6 Stunden gefahren, da ist man schon platt wenn man ankommt. Es ist heiß und ich hab scheiß Heuschnupfen, der mir auf die Stimme geht. Aber wenn dann trotzdem alle klatschen und glücklich sind, hat man es wohl richtig gemacht. Also was soll’s.
Bizarre Radio: Kommen wir mal von eurem grandiosen Auftritt zu eurer Musik. Ihr steht ja derzeit noch im Studio um euer kommendes Werk „Sünde“ zu produzieren. Kannst Du mir da schon ein wenig über das Album verraten? Was erwartet die Eisbrecher Fans?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Die Scheibe wird rund. Es wird eine Cd und es wird das übliche Eisbrecher-Programm drauf sein, nämlich die volle Bandbreite von Turboschnulze, Turbopopschnulze, Turbodarkpopschnulze bis hin zu voll auf die Fresse. Also elektronisch, Rock, hart, melodiös. Also wir machen eigentlich so weiter wie bisher. Keine Experimente. Es ist definitiv unser bisher härtestes Album. Warum weiß ich jetzt auch nicht. Das hat sich halt so ergeben. Alles dreht sich letztendlich um die Sünde, daher auch der Albumtitel. Ich meine es ist ja auch mal wichtig den Motor allen Seins ein Denkmal zu setzen und irgendwie sind wir ja alle Kinder der Sünde. Die Sünde treibt uns letztendlich doch an. Die Sünde ist der Motor allen Tuns und es war uns wichtig genau diesem Thema mal ein Album zu widmen. Also das finde ich vollkommen schlüssig und es ist ein hartes, schwarzes, schweres Album, aber durchaus tanzbar und man kann seinen Spaß haben. Kommt eben drauf an wie man so tickt. Aber es ist mit Sicherheit deutlich aggressiver und unser schwärzestes Album. Wobei ich schwarz jetzt nicht als eins zu eins szenekompatibel meine, sondern eher thematisch. Es ist einfach definitiv das härteste Album.
Bizarre Radio: Wie schaut bei euch eigentlich der Musikfindungs- und –produktionsprozess aus? Wer von euch ist der kreative und wer der mehr ausführende Part bei Eisbrecher?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Kreativ sind wir alle. Wir sind ja nur 2, was es recht einfach macht. Okay 2,5 sage ich jetzt mal. Wir arbeiten mit 2 Studios. Die sind beide in Freising. In dem einen sitzt der Max, das sind die VMax-Studios und in dem anderen sitzt der Pix, das sind die Pix Studios. Ich bin mit dem Pix zusammen Eisbrecher, d.h. die Hauptarbeit machen wir beide. Der Pix macht die Komposition, schreibt die Songs, stellt mir Ideen vor und zu denen mir dann was einfällt. So Gott will. Wenn mir dann nichts einfällt, dann landet es eigentlich im Mülleimer der Musikgeschichte und ansonsten texte ich und Pix macht die Musik. Und zusammen tunen wir dann noch ein bisschen. Kreativ ist alles. Wir teilen uns das.
Bizarre Radio: Im Herbst geht es ja dann auf große „Sünder“-Tour mit Jesus On Extasy. Wie kam es zu dem Zusammenschluss beider Bands? Die Musikstile sind ja schon ein wenig unterschiedlich.
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Haben sie das?
Bizarre Radio: Ja irgendwie schon, oder? Euer Sound ist doch definitiv härter wie der von Jesus On Extasy.
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Aber so was ist ja Geschmackssache. Jesus On Extasy haben gefragt oder es wurde für sie eben gefragt – wie das in dem Geschäft nun mal so läuft – ob denn da sich Synergien ergeben könnten. Da haben wir gesagt „Ganz ehrlich? Why not.“ Jetzt spielen wir eben mit Jesus on Extasy und nehmen die mit. Wir haben eben festgestellt, daß die irrsinnig viele junge, hübsche, weibliche Fans haben. Und da haben wir uns so gedacht „Na ja, kann ja nicht schaden. Vielleicht kommen die ja auch und wenn die kommen dann haben wir ja auch was davon.“ Es ist jetzt aber nicht so gelaufen, dass wir gesagt haben „Wahnsinn, ich hab JOE gesehen und wollte unbedingt sie auf der Tour dabei haben.“ Es hat sich jetzt so ergeben und passt – denke ich mal so – das ist anders als Eisbrecher. Und so sollte das ja auch sein. Die Leute sollen ja auch ins Konzert gehen und sagen „Okay Vorband ist etwas womit ich rechne und es ist kein eins zu eins Abklatsch dessen was danach kommt.“ Und dann werden vielleicht einige Eisbrecher Fans sagen, dass JOE einen guten Job gemacht haben. Wenn nicht, dann müssen Jesus On Extasy da eben durch. Aber ich denke es wird aber ganz lustig. Man hört da ja die verschiedensten Sachen. Viele sagen ja JOE seien total arrogant und over the edge. Ich mag lieber eine Band die over the edge ist und ordentlich auf die Kacke haut von wegen „Ich bin Rockstar und lege die Füße auf den Tisch und habe 100.000 Bräute“, als solche Langeweiler die dann sagen „Ach Du, die Arbeit im Studio ist wie jede andere Arbeit und lalala“. Das will doch keiner wissen. Ich steh darauf, wenn jemand eine harte Attitude hat und eine dicke Hose hat oder jedenfalls so tut als ob. Das ist doch ansprechender. Ich finde Dieter Bohlen viel geiler wie das hundertste Interview mit so einem Szenegott der sich über den Weltfrieden auskotzt. Wissen wir ja alle, aber Rock’n’Roll hat nun was mit dicker Hose zu tun. Das war für mich und Pix der ausschlaggebende Grund.
Bizarre Radio: Mir ist ja mal aufgefallen, dass ihr als Eisbrecher immer wieder gerne auf alte Megaherz-Klassiker wie „Miststück“ zurückgreift. Sicherlich habt ihr die Songs auch geschrieben, aber wie kommt es dazu, dass ihr eure Vergangenheit im gegenwärtigen Projekt Eisbrecher mit unterbringt?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Es waren nun mal Pix und ich, die die meisten Megaherz Songs geschrieben haben. Zudem ist es der erfolgreichste Song von Megaherz. Wer Megaherz kennt, der kennt auch „Miststück“. Und das ist unser Lied. Nach der ersten Tour mit Eisbrecher hatten wir zugegebenermaßen ein bisschen zu wenig Material. Logisch, gab ja auch nur eine Platte. Da haben wir einfach ein paar Megaherz Songs gespielt, nämlich genau die, die wir geschrieben hatten. Und das sind ja jetzt immer noch unsere Songs. Zudem kann man „Miststück“ gar nicht nicht spielen, weil es ein Hammersong ist. Fertig. Mir ist schnuppe was die anderen davon halten. Es ist mein Song und keiner außer Pix und ich haben diesem Song geschrieben. Also dürfen wir ihn spielen. Die jetzt bei Megaherz spielen haben doch mit dem Songs allesamt überhaupt nix zu tun. Außerdem ist der Song unser Fluch, weil so einen Hit schreibt man nur einmal im Leben.
Bizarre Radio: Kommen wir mal zu einem ganz anderen Stück. Du bist ja nebenher auch noch als der Checker bei DMAX unterwegs. Wie kam es zu dem Job?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Eigentlich ganz einfach. Man kennt einen, der kennt einen und der kennt einen, der kennt einen der arbeitet beim Fernsehen und die machen ein Casting und ich geh hin, obwohl ich überhaupt keinen Bock hatte, denn ich wollte nicht zum Fernsehen. Eine solche Arschlochbranche reicht völlig, nämlich die Musikindustrie. Und wir wissen alle, dass jede Industrie an für sich ein wenig schwierig ist. Aber ich bin dennoch zum Casting, weil ich dem Freund einen Gefallen tun wollte, die haben dann gesagt „Du bist es“. Na und ich habe dann gesagt „Mag sein, aber ich wollte dem da nur einen gefallen tun und ich will den Job gar nicht haben.“ Dann gab es einen riesigen Wirbel und heute bin ich ganz froh, dass ich es dennoch gemacht habe. Ist jetzt auch schon seit 2 Jahren. Und wahrscheinlich war es der Grund, dass es mir so scheiß egal war der, weshalb ich den Job bekommen habe und ich kann in dem Job ich sein. Der da als Checker rumläuft, dass bin ich. Ich reiße meine Sprüchlein, ich mache meinen Fetz und Eisbrecher wird dadurch bekannter. Der Checker kann also nur gut für uns sein. TV ist doch für Bands unerreichbar geworden, außer man geht zum Bundesvision Song Contest. Davon hatten wir heute ja 2 Bands hier. Aber wer kommt denn noch ins Fernsehen? Und die Leute kennen nur das, was im Fernsehen läuft. Also in sofern ist es klasse, denn den Alex, den Checker kennt man und man wird so auch auf Eisbrecher aufmerksam. Wunderschöne Synergie wie man so schön sagt. Aber meine Leidenschaft ist und bleibt die Musik. Und den Checker mache ich weil es auch Spaß macht, aber es ist ein Job, der ist hart. Aber die Kohle stimmt und die stecke ich gerne in meine Band rein. Fertig.
Bizarre Radio: Was müsste ich also tun, damit Du mir bei der Suche nach einem neuen Auto hilfst?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Schick einfach eine Email an irgendeine Emailadresse die da irgendwie lautet info@checker.de oder so. Schau einfach auf die DMAX Seite und schickste eine Mail und schreibst „Hallo, ich bin jung….und suche ein neues verschärftes Auto für wenig Geld.“ Und wenn die Story heiß genug ist, dann haste es vielleicht geschafft. Aber dann biste eine von tausend die sich jeden Monat bewerben.
Bizarre Radio: Was findest Du sündiger: Autos oder die Musik?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Also die Frage verstehe ich nicht. Um welchen Aspekt der Sünde reden wir denn jetzt? Geht es um sündhaft teure Autos oder reden wir von Autos die sündig sind weil sie soviel Sprit verblasen und die Umwelt schädigen? Es ist für mich das Thema Auto ein Thema, dass mich im Kontext mit meiner Band null interessiert. Eisbrecher oder Musik hat doch immer was mit Sünde zu tun. Wer heute Musik macht weiß doch, dass das immer was mit Sex, Triebhaftigkeit und Sünde zu tun hat. Ohne das gibt es keine Rockmusik. Und wer was anderes erzählt, der soll Schach spielen gehen. Aber okay, wenn Du mich jetzt so fragst, dann Musik, Autos, ja mein Gott, jeder fährt doch ein Auto. Ich meine ein Auto ist wie ein Revolver. Der tut einem nix, so lange den kein Vollidiot in die Hand nimmt.
Bizarre Radio: Gibt es noch etwas was Du euren Fans unbedingt mit auf den Weg geben möchtest?
Alex Wesselsky (Eisbrecher): Akzeptier den Sünder in Dir. Klingt irrsinnig pathetisch. Oder: Wenn Du glaubst es geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Faustschlag her. Also Sicherheit gibt es nicht.
Bizarre Radio: Leider müssen wir ja jetzt schon zum Ende kommen. Ich wünsche Dir für heute Abend noch ganz viel Spaß auf dem Zita Rock 2008 und viel Erfolg mit dem kommenden Album.
Ein großes Dankeschön gilt auch Melanie Haack, die sich dazu bereit erklärt hat für Bizarre Radio während des Interviews zu fotografieren.
Kitty N., 08.06.2008
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