Konzertbericht
The Gaslight Anthem
The Ghost Rockets
Gute Laune mit The Gaslight Anthem
Posthalle, Würzburg
13.08.2013
Dienstagabend in der Würzburger Posthalle: Nach einem überaus erfolgreichen Jahr sind The Gaslight Anthem noch einmal auf ihrer Tour zum aktuellen Album „Handwritten“ nach Deutschland zurückgekehrt. Dementsprechend groß ist die Anspannung in der fast ausverkauften Posthalle. Zunächst steht jedoch die Vorband The Ghost Rockets aus Schweinfurt im Rampenlicht. Von Beginn an hängen sich die fünf rein, als wäre dieser Auftritt als Opener für The Gaslight Anthem die größte Chance ihres Lebens. Sänger Eric Greulich überrascht die Gaslight Anthem-Fans dabei mit unkontrolliertem Herumspringen auf der Bühne, mal schmeißt er das Mikrofon von sich, fällt wie tot um, tritt den Mikrofonständer oder zeichnet imaginäre Kreise auf dem Boden auf. Während der Sänger die Rampensau raushängen lässt, können seine Musikerkollegen nicht ganz mithalten und konzentrieren sich stattdessen lieber auf ihr Kerngeschäft – und das beherrschen diese ziemlich gut. Der dreckige Punk-Rock, garniert mit Alternative-Einflüssen, klingt überhaupt nicht nach deutscher Schmiede und sorgt für die ersten Pogokreise im Publikum.
Als sich gegen 21.45 Uhr die Lichter für The Gaslight Anthem dimmen, schlägt der Puls der vor allem in den vorderen Reihen versammelten Damen umso schneller. Mit „Handwritten“ als Opener beginnt die große Show. Die Jungs aus New Jersey scheinen große Fußballfans zu sein, finden sich doch auf der Bühne neben zwei Red Bull New York-Schals, zwei Schals des schwedischen Klubs Malmö FF, sowie ein Werder Bremen-Schal und ein Schal des Kiezclubs St. Pauli. Die vielen Plastikfiguren auf den Marshall-Towers sorgen für ein klein wenig Kinderzimmeratmosphäre und ähnlich locker und verspielt gehen auch The Gaslight Anthem an ihren Auftritt heran. Von der ersten Sekunde an vermitteln diese das Gefühl, unglaubliche Freude an diesem Auftritt zu haben. Sänger und Gitarrist Brian Fallon strahlt und scherzt mit seinen Bandkollegen ununterbrochen um die Wette. Dazu brennen Räucherstäbchen auf der Bühne und sorgen für eine ungewohnte Erfahrung im Zuschauerraum. Wer sich traut, genauer am Nebenmann zu schnuppern, stößt diesmal nicht auf die altbekannte Mischung aus Schweiß und Bier. Hier erzeugen die Räucherstäbchen in Kombination mit dem Schweißgeruch eher die Atmosphäre eines wohltuenden Kräuterdampfbads, das die Sinne anregt. Geschwitzt wird ordentlich, ist die charmante Posthalle doch durch die warme Augustsonne der letzten Tage schon ordentlich aufgehitzt.
Trotz der Temperaturen ist Brian Fallon gut drauf und lädt zu einer Reise durch acht Jahre Bandgeschichte ein. Jeder Akkord sitzt und The Gaslight Anthem wissen mit ihrer Tourerfahrung genau, wann ein ruhiger Song zwischendurch für Entspannung Sorgen muss und wann dann wieder die Post abgehen darf. Mal ist das Punk-Rock, mal Folk und mal Rock’n’Roll: Die Amerikaner beherrschen alle Spielarten. Brian Fallons Stimme kommt stellenweise etwas dünn daher, doch die herausragende Spielfreude seiner Bandkollegen entschädigt dafür. Hier wird deutlich, warum The Gaslight Anthem als die Erben von „The Boss“ Bruce Springsteen angesehen werden. Die stete Entwicklung zu noch mehr Massenkompatibilität hat trotzdem genügend handgemachte Ecken und Kanten in der Musik zurückgelassen. 14 Songs stehen auf dem Spielplan, zerbrochene Beziehungen, Freude und Leid und immer wieder der amerikanische Traum werden von der Band behandelt. Nach einer Stunde mit „The Patient Ferris Wheel“, „Too much Blood“ und „American Slang“ verlässt die Band unter lautem Applaus die Bühne.
Als Brian Fallon dann zur Zugabe alleine auf die Bühne zurückkehrt, nimmt das Kreischen der anwesenden Frauen beträchtliche Ausmaße an. „Ich könnte ihn einfach nur im Wohnzimmer stehen haben“, säuselt es aus einer Ecke im Zuschauerraum. Auf die wiederholten „Take your shirt off!“-Aufforderungen reagiert der Sänger allerdings cool und antwortet dem Schreier: „First of all, YOU take your shirt off!“ Dann meint er noch, seine Mutter würde es niemals erlauben, dass er sich „oben ohne“ auf der Bühne zeigt. Kritische Gemüter im Saal vermeinen hier für eine Sekunde den fundamentalchristlichen Kreationisten in ihm aufblitzen zu sehen. Lediglich einen Knopf öffnet er am hellblauen Hemd um einen Teil seiner tätowierten Brust zu entblößen, was die Fans aber trotzdem mit erneutem Kreischen zu würdigen wissen. Dann steht aber wieder die Musik im Vordergrund. „National Anthem“ weiß zu verzaubern, „Here comes my man“ und „Mulholland Drive“ folgen. Bei „Great Expectations“ kocht die Stimmung noch einmal hoch, ehe „The Queen of Lower Chelsea“ und „1930“ einen herausragenden Abend beenden. Lediglich die Erfolgssingle „The ´59 Sound“ fehlt auf der Setlist. Die 90 vorherigen Minuten entschädigen dafür aber allemal.
Michael Hellstern, 15.08.2013
TRACKLIST
Handwritten
We Came to Dance
Biloxi Parish
Boxer
Halloween
Howl
The Patient Ferris Wheel
Old Haunts
45
Blue Dahlia
Senor and the Queen
Too Much Blood
She Loves You
American Slang
Encore:
National Anthem
Here Comes My Man
Mulholland Drive
Great Expectations
The Queen of Lower Chelsea
1930
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