Interview

The Gaslight Anthem

Ain't No Mountain High Enough

Die Voraussetzungen für die Führung eines Interviews sind denkbar schlecht. The Gaslight Anthem befinden sich an diesem Tag im Tourbus irgendwo in den Bergen Montanas auf dem Weg zur nächsten Station ihrer laufenden US Tour: Minneapolis, Minnesota.

Dennoch erklärte sich Bassist Alex Levine zum telefonischen Gespräch bereit. Nachdem erste Konnektivitätsschwierigkeiten überwunden werden konnten, meldet sich ein doch recht schläfrig, überraschter Levine am Telefon – vielleicht hatte das Label auch nicht Bescheid gesagt? Egal, ran an den Speck und vielleicht lässt sich ja etwas mehr über „Handwritten“ das vierte Studioalbum der Band aus New Jersey in Erfahrung bringen.
Dieses scheint gespickt mit populärkulturellen Referenzen. „Manche bewusst, manche unbewusst“: so erklärt es Levine. So spiegelt „Blue Dahlia“ tatsächlich die Faszination der Bandmitglieder mit dem Film noir wieder und auch „Howl“ ist durchaus als Referenz an das gleichnamige Gedicht von Allen Ginsberg zu verstehen. Bei anderen Songs jedoch sind die Ähnlichkeiten ehr zufällig. So ist „Here Comes My Man“ laut Levine keine Fortsetzung oder gar Hommage an den Pixies-Song „Here Comes Your Man“, zumindest nicht, dass er wüsste.
Die Sonderedition von „Handwritten“ enthält jedoch zwei Coverversionen, welche tatsächlich als Ehrerbietungen an die jeweiligen Künstler zu verstehen sind. Nirvanas „Sliver“ erfährt ebenso eine Neuinterpretation wie Tom Pettys „You Got Lucky“. Bei den Aufnahmen der jeweiligen Tracks ging es The Gaslight Anthem laut Levine jedoch nicht darum, diese im vollwertig neuen Gewand zu präsentieren, viel wichtiger war es „möglichst nah am Original“ zu bleiben.

Die Aufnahmen zum Album zogen die Band nach Nashville in Tennessee. Dort nahm man innerhalb von fünf Wochen die zuvor geschriebenen Songs auf. Levine sinnierte ein wenig über die Vor- und Nachteil des Aufnahmeprozesses fern von daheim: „Man kann dem eigenen Privatleben ein wenig entfliehen“. Was den Vorteil hat, dass man mit einem klaren Kopf und stärker fokussiert im Studio steht. Nashville war für The Gaslight Anthem eine neue positive Erfahrung, der geschichtsträchtige Ort wurde sowohl zum Raum der intellektuellen als auch der sinnlichen Stimulanz: „Die Stadt hat so viel Geschichte, großartige Restaurants und Atmosphäre – es wird uns wohl wieder dort hin ziehen, irgendwann“.

Letztlich stellte sich aber auch die Frage warum man über Levine im Gegensatz zu den anderen Bandmitgliedern nur wenige Informationen in der wunderbaren Welt des Internets ausfindig machen kann. Er erklärt: „Ich habe mir eben selbst keine Wikipedia-Seite angelegt. Ich bin ehr weniger an den ganzen Plattformen interessiert. Ich habe so etwas wie einen Twitter-Account nicht“. Dennoch ist er sich der Existenz eines Fotoblogs bewusst, welcher letztlich nur eines tut – seine Person zu feiern. Irgendwie ist Levine das ein kleines Bisschen unangenehm.

Bevor der nächste Bergzug das Gespräch wieder unterbrechen kann verabschiedet man sich. Die Band hat noch eine Stunde bis zum Übernachtungsstopp irgendwo im Mittleren Westen, am kommenden Freitag steht „Handwritten“ in den heimischen Plattenläden und in August, Oktober und November kann man sich in Deutschland von den Livequalitäten des neuen Albums überzeugen, welches nach Aussage von Brian Fallon das wohl persönlichste und imposanteste der bisherigen Bandgeschichte ist.

Angelika Möller, 10.07.2012

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