Interview

Slut
Slut - Interview
Slut standen mir vor kurzen in gemütlicher Runde Rede und Antwort. Was die zwei sympathischen Bandmitglieder Matthias (Drummer) und Rene (Keyboarder) von Slut zu der neuen Platte, zum Kopierschutz und zu den weiteren Plänen sagten, könnt ihr nun endlich nachlesen...
BR: Fangen wir beim Beginn an: Ihr spielt schon seit 1995 zusammen. Konntet ihr schon vorher ein Instrument spielen, habt ihr es euch selbst beigebracht oder eventuell auch Unterricht genommen?
MATTHIAS: Ich habe jetzt am Gymnasium von der 7.Klasse mal Geige gelernt. Das war grauenhaft. Wirklich ganz schlimm. Schlagzeug spielen habe ich mir selber beigebracht!
RENE: Ich habe in der 8.Klasse Schlagzeugunterricht genommen und mit 17 habe ich mir eine Holzgitarre gekauft. Gitarre spielen habe ich mir selber beigebracht.
BR: Und die anderen?
MATTHIAS: Chris hatte schon früh Klavierunterricht ab seinem 7. oder 8. Lebensjahr. Rainer ist eher ein Multiinstrumentalist. Er spielte vorher in einer Tanzband. Also musste er Akkordeon, Gitarre und Trompete spielen. Der kann so einiges - zwar nichts wirklich perfekt, aber so, dass er eben in einer Tanzband spielen konnte.
BR: Wie kamt ihr eigentlich zur Musik?
MATTHIAS: Wir sind wohl begeistert von der Musik. Es war in unserem Fall halt so, dass wir alle damals schon befreundet waren und die Clique stand halt schon vor der Musik. Da gab es dann halt noch einige Projekte, die unterschiedlich waren. Ich spielte zum Beispiel mal in einer Schülerband und mein Bruder hatte eine Band. Es ist eben ein wichtiger Faktor, dass wir vorher schon alle befreundet waren.
BR: Was wollt ihr mit eurer Musik erreichen?
MATTHIAS: Wir wollen mit der Musik sowohl die Fans erreichen als auch Spaß haben. Wir lassen uns zu dem Zweck auch nicht verbiegen. Wir machen von Anfang an auch die Sachen, die wir machen wollen - nie auf den Blick auf irgendwelche Konsumenten. Sofern ist es sehr positiv, dass das, was wir von einigem Herzen machen, auch Anklang gefunden hat.
RENE: Auch wenn wir Lieder schreiben, sollten die uns in erster Linie selbst gefallen. Wir denken nicht darüber nach, ob es anderen gefällt. In der Band sprechen wir jetzt intern nicht darüber. Und wenn es allen fünf gefällt, dann kann man davon ausgehen, dass es anderen auch gefällt, da wir eigentlich auch sehr verschieden sind.
BR: Wird es denn nicht auch mal "problematisch", wenn ihr so verschieden seid?
RENE: Es ist ganz normal, wenn man ganz viel Zeit miteinander verbringt, dass man eben auch mal aneinandergerät, aber am Ende ist wieder alles vergessen.
BR: Von wem wird eure Musik denn beeinflusst?
MATTHIAS: Was musikalische Einflüsse angeht, ist es sehr schwer zusagen. Da wir eben sehr unterschiedlich sind - auch was die Musik betrifft. Wir versuchen daher während der Produktion so wenig Musik wie möglich zu hören. Erstens haben wir keinen Bock darauf und zweitens wehren wir uns somit gegen Einflüsse. Es gibt natürlich Musik, mit der man uns vergleichen kann. Vielleicht mit Bands eines ähnlichen Genres. Direkt beeinflussen lassen wir uns aber nicht.
BR: Ihr schreibt eure Texte selbst! Wer schreibt die Texte und woher kommen die Ideen dafür?
RENE: Unser Sänger Christian schreibt die Texte.
MATTHIAS: Wir kennen sie vorher manchmal auch gar nicht!
RENE: Wenn Christian den Gesangspart so singt, hören wir zum ersten Mal, was er da eigentlich singt.
BR: Habt ihr dann auch irgendwie Einfluss auf die Texte?
RENE: Man hat in gewisser Weise Einfluss, was klanglich oder die Bedeutung der Texte angeht. Es ist eben besser, wenn es von einem kommt.
BR: Könnt ihr bei der Produktion euer Alben mitreden?
MATTHIAS: Klar, es gibt überhaupt keinen Einfluss seitens der Plattenfirma oder seitens des Produzenten. Der Produzent ist bei der Produktion schon streckenweise ein Bandmitglied, denn er muss ab und zu etwas ordnen. Alles ist sonst ganz und gar von uns selbst, denn es gibt überhaupt keine Vorgaben. Es hat uns selbst gewundert als wir zu Virgin gingen. Man hört ja immer Major-Plattenfirma, aber die haben das Produkt immer erst angehört, wenn nichts mehr zu ändern war.
BR: Warum der Wechsel von Sticksister Records zu Virgin? Viele denken, dass es wegen dem Geld ist, aber was ist der wirkliche Grund?
MATTHIAS: Geld? Nein, überhaupt nicht. Natürlich war es die Chance besser vermarktet zu werden. Es ist einfach so. Wir waren ja über 2 Jahre bei einem Indie-Label - ein wirklich kleines Label, die für dieses Stadium eigentlich sehr gut für uns waren. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt merkten wir eben, dass noch mehr geht. Die Konzerte waren also immer sehr gut besucht und die Plattenverkäufe waren so gut um es mit einem größeren Label aufzuziehen. Es hat eben mit dem Wechsel bedeutet, dass man hundertprozentig Musik macht.
RENE: Darum ging es dann auch eigentlich - also wir wollten wirklich hundertprozentig Musik machen. Eben um genug Geld zu haben um davon leben zu können und das dann auch nicht in Saus und Braus und dabei eben Musik machen kann. Es hatte also keine finanziellen Gründe.
BR: Auf dem Album "Lookbook" singt ihr über einen Andy! Wer ist denn das?
MATTHIAS: Da müssen wir weiter ausholen. Also das letzte Album hat mehr Konzept - nicht nur musikalischer Art, sondern auch theoretischer Art. Die Texte drehen sich um eine Figur namens Andy. Die wiederum ist ein Querschnitt unser aller Charakter.
RENE: Das Album "Lookbook" ist eine Art Tagebuch von diesem Andy und jedes Lied ist ein Abschnitt seinen Lebens.
BR: "Lookbook" hatte also eine bestimmte Thematik! Wie sieht es mit dem neuen Album "Nothing Will Go Wrong" aus?
MATTHIAS: Da ist es bewusst anders gemacht worden. Es ist ein Prinzip von uns, niemals an dem anzuknüpfen, was davor war. Es stand beim dem neuen Album von Anfang an fest, dass wir es anders machen mussten,. Also verzichten wir auf ein großes, theoretisches Konstrukt wie bei "Lookbook". Wir legten einfach drauf los und dementsprechend roh ist diese platte auch geworden. So konnte sie sich frei machen vom Vorgänger.
BR: Euer viertes Album trägt den Namen "Nothing Will Go Wrong"! Warum habt ihr euer Album so genannt?
MATTHIAS: Eigentlich gab es ein Lied, was so hieß. Es war ein ruhiges Lied, aber es hat den Weg auf die Platte nicht gefunden. Aber uns erschien der Titel irgendwann mal sehr gelungen, weil es nicht anderes heißt als "Ja, das pascht scho!". Es ist eher ein persönlicher Plattentitel, der viel positives transportiert. "Ja, das pascht scho!" ist am häufigsten im Studio gefallen. Es ist alles schnell gegangen - im Gegensatz zu "Lookbook". Bei der neuen Platte sagte man ab einem gewissen Zeitpunkt: "Ja, das pascht scho!" Dann entschieden wir uns das Programm zum Namen zu machen.
BR: Das neue Album finde ich persönlich rockiger, aber die Stimme wurde trotzdem ruhig gehalten. Wie kam es denn dazu?
MATTHIAS: Es ist nichts komplett neues. Wie ich schön erwähnte, versuchen wir uns bei jeden neuem Werk ein Stück neu zu erfinden. Diese Gangart war eigentlich schon immer vorhanden. Unsere erste Platte war beispielsweise auch sehr viel härter. Mit jedem neuen Album versuchen wir unsere Musik immer in neue Gewänder zu kleiden. Es bleibt eine Konstante und dies ist die Stimmung, die konfrontiert wird mit der Stimme -wie du eigentlich eben erwähnt hast - sehr ruhig ist, aber der Rest darf im neuen Gewand daherkommen. Das darf sein, wenn man es schafft sich dabei nicht komplett zu verändern.
BR: Das vierte Album "Nothing Will Go Wrong" enthält 10 Songs und dauert 40Minuten! Gibt es dafür einen Grund?
RENE: Wir hatten mehr Songs! Aber nach der Hälfte der Produktionszeit war uns bewusst in welche Richtung es geht. Und wir hatten auch sehr viel ruhigere Stücke dabei, die nicht wirklich in dieses Konzept hineinpaßten. Aber da "Lookbook" mit 16 Stücken schon ziemlich lang war, wollten wir nicht noch einmal ein solch langes Album machen. Es ist schon ganz gut so, denn ein Album ist mit 40 oder 50 Minuten von der Zeit her perfekt. Sonst wird es beim Anhören langweilig.
MATTHIAS: Auf "Nothing Will Go Wrong" ist alles drauf, was wir wollten. Es ist leider heutzutage oft so, dass meiner Meinung nach Platten häufig zu lang sind.
BR: Im Booklet von "Nothing Will Go Wrong" sind Fotos von Häusern abgebildet! Wie kamt ihr denn auf die Idee?
RENE: Genau wie bei unserer Musik wollten wir auch optisch etwas ganz anderes machen. Alles grafische in den ersten 3 Alben haben wir selber gemacht. Wir hatten so noch nie Fotos im Booklet. Aber unser Haus- und Hoffotograf hat zuvor immer die Bandphotos gemacht und er hat diese Fotos eben in so einer italienischen Miniaturstadt gemacht. Und die Fotos fanden wir gut, recht einfach und passend.
BR: Was haltet ihr von Kopierschutz? Immerhin ist eure neue Platte kopiergeschützt...
MATTHIAS: Das sind im übrigen alle in Deutschland erscheinenden Alben. Bei uns steht es nur auf dem Cover und vielleicht stören sich deshalb so viele Menschen daran.
RENE: Das große Problem für die Leute, die sich die Platte kaufen, ist eben, dass der Kopierschutz noch sehr unausgereift ist. Es gibt Leute, die CD nicht einmal auf den normalen CD-Player abspielen können. Dann verstehe ich den Gram sehr. Ich würde mich da auch voll ärgern. Ich verstehe zwar, dass es im Computer nicht läuft, aber im CD-Player ist es echt scheiße. Für uns war es ein Sprung ins kalte Wasser, denn wir haben es auch erst ziemlich spät erfahren, dass Kopierschutz auf die CD kommt. Und da können wir als Band nicht viel machen, da von vielen Plattenfirmen beschlossen wurde, dass CDs aller internationalen Acts Kopierschutz kriegen. Und da kann man als band nicht sagen: "Ne, dass wollen wir nicht!" Es ist auch im Gästebuch scheiße, wenn da eine lange Eintragsliste steht und du kannst denen ja nicht helfen. Du kannst nichts machen und bist somit hilflos.
MATTHIAS: Man muss es auch als Hilferuf der gesamten Plattenindustrie sehen. Die Leute, die dafür Verantwortung zeichnen, sind möglicherweise die, die sich so groß darüber beschweren, dass es Kopierschutz gibt. Aber es muss ja irgendwo herkommen und man sollte sich ein Stück selbst an der Nase fassen. Die Umsätze der Plattenindustrie sind um 40% zurückgegangen. Es ist unglaublich. Die wissen sich nicht mehr zu helfen.
RENE: Und das Problem, was das nach sich zieht, ist, dass Bands wie wir z.B. nicht mehr die Möglichkeit haben auf so ein Label zu kommen. Bei größeren Acts ist es eine sichere Sache, aber kleinere Bands stehen dann außen vor.
BR: Da kann ich die Plattenindustrie echt verstehen.
Ihr habt mit Sicherheit schon überall spielen können! 1999 seid ihr zum Beispiel schon bei Rock am Ring und Rock im Park aufgetreten. Gibt es noch ein Festival, wo ihr spielen wollt?
RENE: Roskilde würde mich sehr reizen.
MATTHIAS: Mich ehrlich gesagt gar kein Festival! Naja, vielleicht das Immergut, aber da spielen wir ja eh und es ist auch mein Lieblingsfestival.
BR: Also mögt ihr eher kleinere Festivals?
MATTHIAS: Ich schon.
RENE: Der Vorteil an großen Festivals ist eben, dass man wirklich mal eine Band erwischt, die man dann auch wirklich mag und anschauen kann. Aber es kommt auch darauf an, denn bei Rock am Ring ist es eher selten.
MATTHIAS: Große Festivals - das ist auch zuviel. Die Musikrichtungen sind so unterschiedlich und es wirkt alles eben ein bisschen konzeptlos zusammengewürfelt.
BR: Sind vielleicht auch mal Projekte mit anderen Bands in Planung?
MATTHIAS: Die Frage wird oft gestellt. Aber intern sprachen wir da noch nicht drüber, denn wir sind schon gern ein bisschen außen vor. Geographisch gesehen sind wir das auch. Das Schloß liegt schon in der Pampa. Da ist man relativ frei von irgendwelchen Einflüssen oder Musikrichtungen. Ich denke, dass dieses Arbeiten uns am meisten zusagt. Ohne Einfluß eben und daher haben wir uns noch nie intern in der Band darüber unterhalten.
RENE: Es hat uns auch noch nie jemand gefragt. Ich weiß nicht, was passieren würde, wenn zum Beispiel Readymade sagen würden: "Hast du nicht mal Lust einen Song zu machen?"! Vielleicht würde man es dann machen oder vielleicht nur ein Teil von uns. Aber es war eben noch nie so im Gespräch.
BR: Du hast eben das Schloß erwähnt! Wer wohnt denn da von euch?
RENE: Ich habe da mal vor meinen Studium gewohnt.
MATTHIAS: 2 von uns leben dort - und zwar Rainer und Gerd. Die Infrastruktur läuft nach wie vor da zusammen, d.h. Bandraum und Studio sind dort zum Beispiel vorhanden.
RENE: Und unser Tourmanager hat dort sein Büro und alles.
BR: Ihr habt erfolgreich studiert.
MATTHIAS: Naja, nicht alle. Ich bin das jüngste Bandmitglied und direkt nach der Schule in die Band hineingerutscht. Ich hatte also keine Gelegenheit eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Ich habe daher Zivildienst in einer Psychiatrie gemacht. Mein Bruder hat Architektur fertig studiert. Der Gitarrist hat Diplomingenieur fertig studiert.
Rene: Und ich habe zwei Semester Grafik studiert.
BR: Steht die Musik also jetzt im Vordergrund?
MATTHIAS: Das war eine lange Entscheidung. Wir mussten uns entscheiden, ob wir ein normales Leben führen wollen, das heißt Ausbildung machen oder in unseren Berufen arbeiten oder es einfach ein paar Jahre verschieben. Das ist nicht ganz einfach, weil es immer etwas riskant ist. Wir haben uns mit der Entscheidung sehr viel Zeit gelassen.
BR: Ihr habt auch mal in Skandinavien, Österreich und Schweiz gespielt! Habt ihr weiterhin auch vor mal im Ausland aufzutreten?
MATTHIAS: Österreich kommt noch. Und einige Dinge sind angedacht, aber es sind alles noch ungelegte Eier. Daher kann man dazu noch nicht viel sagen...
BR: Wie sehen eure nächsten Pläne aus?
MATTHIAS: Wenn wir etwas beenden, findet ein Prozeß statt, wo sich jeder von null überlegt, wie es weitergeht - mit der Band und mit sich selbst. Wir werden die Tour noch durchziehen und dann noch die Festivals im Sommer. Dann muss jeder soweit sein, damit er sagen kann, was er will. Dann wird sich zusammengesetzt und beratschlagt. Dann geht's weiter....
Ich bedanke mich noch einmal recht herzlich für das informative Interview. Ich wünsche euch weiterhin viel Glück....
Sylvana Lehmann, 30.01.2003
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