Interview
Fire in the Attic
Wir hatten uns ursprünglich zwar mal über „aufblasbare Gogo-Teufel-Tänzerinnen“ mit eingebauten „Spinal-Tap-Pyro-Effekten“ Gedanken gemacht....
Nach die Jungs von FIRE IN THE ATTIC mit ihrer Debüt EP mächtig Staub aufgewirbelt haben und eigentlich überall abgefeiert worden sind, geht es nun mit den Labelmates von ON WHEN READY auf große Tour durch Deutschland. Grund genug für uns der Band mal ordentlich auf den Zahn zu fühlen und zu ergründen, wer und was dahinter steckt. Ole stellt sich furchtlos unseren tiefschürfenden und knallhart recherchierten Fragen. Here we go:
BR: FIRE IN THE ATTIC ist ja aus den Mitgliedern der beiden aufgelösten Bands FASTPLANT und SUMMERS LAST REGRET entstanden. Wie kam es dazu, daß ihr euch nach dem Split der Bands so schnell zusammen gefunden habt?
Ole: Na ja, immerhin lag fast ein halbes Jahr zwischen der Auflösung von Summers Last Regret und der ersten FITA-Probe, womit ich sagen will, dass es so schnell auch wieder nicht zu der „Fusion“ kam. Vorher hatte Richard noch netterweise bei den letzten Fastplant-Shows als Ersatzgitarrist fungiert. Als dann bei einer Show noch der Dennis sein Auto und seine Fahrkunst zur Verfügung gestellt hatte, war man, ohne es zu diesem Zeitpunkt zu wissen, schon komplett. Sogar der Nico (EX-SLR), der heute immer so betrunken hinter unserem Merchstand steht, gelegentlich hohe Jubelschreie ausstößt und die Kasse durcheinander bringt, war damals schon dabei:) An diesem Abend kam erstmalig das Gespräch bezüglich einer gemeinsamen Band zustande, was dann zwei Tage später im Proberaum ausprobiert wurde.
BR: War es für euch untereinander schwierig, sich auf die musikalische Richtung der neuen Band zu einigen und wie gestaltete sich der gemeinsame Songwriting Prozeß?
Ole: Die neue Richtung war eigentlich von Anfang an relativ klar, da Sie in gewisser Weise ja auch immer von der Musik abhängig ist, die die einzelnen Bandmitglieder hören. Beim Songwriting entstehen viele Dinge sehr schnell im Proberaum. Richard bringt dabei sehr oft viele Ideen mit zur Probe, die er Zuhause mit kuriosem Elektro-Schlagzeug-Beat aufgenommen hat, und die dann gemeinsam Umgesetzt werden.
BR: Eure Debüt EP "Decision & Action" ist überall sowohl von Fans wie auch der Musik Presse sehr positiv aufgenommen und bewertet worden. Wie nimmt man das als Band wahr? Habt ihr erstmal die Korken knallen lassen oder habt ihr zurzeit zu viel um die Ohren (Promotion, Interviews, Live spielen, etc...) um Bilanz zu ziehen und den ersten Erfolg zu feiern?
Ole: Natürlich haben wir die ersten Resonanzen sehr genossen und sind auch nach wie vor sehr begeistert von der Aufmerksamkeit die uns entgegengebracht wird, gleichwohl wir dafür zwischen all den Dingen, die Du innerhalb der Frage genannt hast, zu wenig Zeit hatten wirklich Alles zu reflektieren und zu realisieren. Aber wie es so schön heißt: „Vor dem Spiel ist nach dem Spiel“:). Bisher ist es eben nur eine EP die wir raus gebracht haben und daher werden wir jetzt mal kräftig Gas geben um mit dem kommenden Album noch einen drauf zu setzten.
BR: Auf Konzertflyern war als Beschreibung für FIRE IN THE ATTIC oft "Emo-Rock" zu lesen. Ich persönlich finde das nicht ganz zutreffend, da eure Songs in Sachen Songwriting (und durch die knallige Produktion) doch einen härteren, im Hardcore verwurzelten, Anstrich aufweisen. Versucht man als Band solches Auf- und wieder Zumachen von Schubladen zu ignorieren oder schielt man doch mit einem Auge darauf, in welchem Musik Bereich man verortet wird?
Ole: Eigentlich stehen da fast jedes Mal andere Bezeichnungen unter unserem Bandnamen als Beschreibung unseres Musikstils. Ich denke aber, dass keiner von Uns versessen auf eine bestimmte Genre-Zugehörigkeit und dem damit verbundenen Namen ist. Auch welche Bezeichnung unsere Musik am besten umschreibt, kann und will ich selber gar nicht so genau sagen. Grundsätzlich finde ich es aber gar nicht verkehrt diese Überbegriffe zu nutzen, da man den Leuten somit schon mal eine ungefähre Beschreibung liefert, was sie erwartet.
BR: Ein Song wie "Decision & Action" ist inhaltlich wie z.B. auch das Cover Artwork der EP von einer gewissen Aufbruchsstimmung geprägt. Hängt das mit der doch recht kurzfristigen Neugründung von FIRE IN THE ATTIC zusammen oder welche Gründe gibt es sonst noch für dieses Text Motiv?
Ole: Das man sich bei einer Neugründung einer Band in einer gewissen „Aufbruchsstimmung“ befindet, ist natürlich klar. Dennoch würde ich den Titel der CD und auch das Artwork des Covers ungern nur darauf reduzieren, dass wir uns innerhalb eines Bandgefüges zusammengefunden haben. Ich persönlich denke, dass es sich bei „Entscheidungen“ und der dazugehörigen “Ausführung“, ja zumeist immer um eine Art von Aufbruch handelt, den Jeder innerhalb seines Alltages sehr oft vollzieht um nicht auf der Stelle zu treten, und das nicht nur innerhalb einer neu gegründeten Band.
BR: Song Nr. 3, "The Requiem", hört sich für mich danach an, als ginge es darum, einer befreundeten / geliebten Person, von der man weiß, daß sie sich in einer schwierigen Lebensphase befindet, Mut zu machen. "My only wish – for you is – that you could live another live – and finally learn to fly" Worum genau geht es in den Lyrics zu diesem Song und gründen eure Texte immer oder nur teilweise auf persönlichen Erfahrungen?
Ole: Tja, zu den Texten ist vorweg zu sagen, dass wir bisher gerne verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten offen gehalten haben und daher auch keine durchsichtigen Geschichten liefern, wo jeder sofort Ort, Handlung und den Hauptverdächtigen vorgesetzt bekommt wie bei einem Krimi von der Autobahnraststätte. Meiner Meinung nach sollten gute Lyrics immer Platz für die persönlichen Erfahrungen des einzelnen Hörers lassen, um Ihn somit durch seine eigene Interpretation und seine eigenen „persönlichen Erfahrungen“ in die vorgegebene Geschichte einzubauen. Dazu kommt, dass die Texte bei Uns in einer Art Gruppenarbeit entstehen, wobei Dennis und Ich in gemeinsamer Sache die ersten Lyrics zusammenbauen aber die Anderen auch noch sehr viel zu den verschiedenen Formulierungen beitragen. Da nun die „persönlichen Erlebnisse“, welche in den Texten verarbeitet werden, zumeist aber unterschiedliche sind, ist natürlich auch die Interpretation der Texte bei jedem von uns verschieden.
BR: FIRE IN THE ATTIC können ja bereits jetzt schon auf ein beachtliches Live Pensum zurückblicken. Unter anderem habt ihr zwei Shows mit den kanadischen Durchstartern von BILLY TALENT gespielt. Wie habt ihr es erlebt die BILLY TALENT Jungs zu supporten und wie war es an zwei Tagen vor über 1.000 Leuten zu spielen im Vergleich zu kleineren Konzerten?
Ole: Natürlich ist es ein ziemlich cooles Gefühl wenn man, wie bei den Shows mit Billy Talent, ein so großes Publikum erreichen kann. Aber die Qualität einer Live-Show ist eigentlich nie von der Menge der Zuschauer abhängig. Klar macht es Spass vor 1000 Leuten in einer ausverkauften Halle zu spielen, aber genauso gut kann ein Konzert in einem winzigen Club vor 50, 100 oder auch nur 10 Personen sein. Die Atmosphäre sowie auch die Stimmung ist zumeist der ausschlaggebende Faktor ob eine Show gut oder schlecht läuft. Ich freue mich wenn die Leute nach unserer Show zu uns kommen und sagen, dass es ihnen gefallen hat und dass Sie jetzt ein T-Shirt von uns kaufen wollen;)
BR: Die beiden Major Label Sony und BMG haben jüngst fusioniert, der Viacom Konzern besitzt seit kurzem Anteile von sowohl Mtv als auch Viva, in der gesamten Musikindustrie wird rationalisiert und gleichgeschaltet. Wie erlebt ihr als Band aus dem Independent Bereich diese Vorgänge und spürt ihr irgendwelche Auswirkungen oder Druck durch sinkende Verkaufszahlen oder Ähnliches?
Ole: Ich glaube, eine Band aus dem „Independent Bereich“ hat mit den Fusionen irgendwelcher Major-Labels nicht besonders viel am Hut:) Auch fehlt mir wohl bei dieser Frage der nötige Durchblick um einen qualitativen Kommentar dazu abzugeben. Bezüglich unserer Absatzzahlen ist zu sagen, dass alle Beteiligten bisher sehr zufrieden sein können, wir aber auch bei weitem nicht in der finanziellen Liga einer Major-Veröffentlichung liegen.
BR: Ab dem 21. August geht es für euch auf große Deutschland Tour mit euren Labelmates von ON WHEN READY. Was dürfen wir erwarten? Pyro-Effekte? Gogo Tänzerinnen wie bei MONSTER MAGNET? Oder gar aufblasbare Teufelspuppen wie in der Simpsons-Spinal-Tap Folge?
Ole: Wir hatten uns ursprünglich zwar mal über „aufblasbare Gogo-Teufel-Tänzerinnen“ mit eingebauten „Spinal-Tap-Pyro-Effekten“ Gedanken gemacht, diese aber aufgrund der Platzsituation innerhalb des Busses auf eine spätere Tour verschoben:) Stattdessen bin ich mir aber sicher, dass beide Bands darauf brennen ihre Releases den Leuten vorzustellen und Abend für Abend ihr Bestes geben werden, dass am Ende keiner enttäuscht nach Hause entlassen werden muss. Wir würden uns auf alle Fälle freuen, möglichst viele von Euch begrüßen zu können.
BR: Sicherlich interessant für Fans und Neugierige: Welche aktuellen oder auch älteren Tonträger kommen mit ins FIRE IN THE ATTIC Tour Gepäck oder anders gefragt, welche Platten warten in den Rucksäcken während ihr auf der Bühne rockt?
Ole: Oh, da bin ich aber auch mal gespannt. Bei uns ist das schon ziemlich unterschiedlich, da jeder vor längeren Fahrten schon mal irgendwelche tollen Sampler zusammenstellt. Da sind zum Beispiel die bösen Metalcore Songs vom Dennis genau so auf Rotation wie die bescheuerten Hip-Hop-Songs vom Richard. Auch ich versuche schon seit Wochen die kuriosesten Songs zusammen zu suchen um die Anderen während der Tour in den Wahnsinn zu treiben. Was die Jungs von On when ready, mit denen wir uns den Bus teilen, dazu sagen werden, wird sich noch rausstellen;)
BR: Gibt es Bestrebungen den momentanen Erfolg auch ins europäische Ausland zu tragen per Touren oder Veröffentlichung der EP oder wagt ihr gar den Schritt über den großen Teich? Der dortige große Erfolg von Bands aus dem Emo / Hardcore Bereich (BOYSETSFIRE / THRICE / TAKING BACK SUNDAY) bietet ja einigen Anreiz es zu probieren.
Ole: Klar freut man sich immer über die Vergrößerung der Menge der Leute, die man mit seiner Musik erreichen kann, aber der richtige Weg dahin muss Schritt für Schritt vollzogen werden. Natürlich werden wir keine uns gegebene Chance auslassen, unsere Musik auch außerhalb Deutschlands zu verbreiten, aber solche Entscheidungen sind natürlich nicht zu Letzt auch von der Nachfrage unserer Musik und der Planung unseres Labels abhängig. Wir warten also einfach mal ab, wie die neue Platte bei den Leuten ankommt und was sonst noch so passiert.
BR: Wann darf der geneigte Hörer mit einem kompletten Album von euch rechnen? Werden Songs von der EP noch mal darauf verwendet werden und wird es wieder auf dem Düsseldorfer Label Redfield Records erscheinen?
Ole: Auf alle Fälle werden wir uns im Dezember ins Studio zurückziehen, um in aller Ruhe unsere Platte aufzunehmen. Aller Voraussicht nach, kann man dementsprechend wohl im Frühjahr nächsten Jahres mit einer Veröffentlichung über Redfield Records rechnen, die nach bisherigen Planungen keinen der Songs von der Ep enthalten wird.
Bogatzke , 08.08.2004
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