Konzertbericht
The Mars Volta
The Mars Volta in der Batschkapp Frankfurt
Frankfurt am Main
03.09.2003
Die schon im Vorverkauf restlos ausverkaufte Batschkapp platzte tatsächlich aus allen Nähten: THE MARS VOLTA, der experimentelle Teil der AT THE DRIVE-IN Nachfolgerbands, wurde im Vorfeld nicht nur vom Visions-Magazin hochgelobt. Nach dem Start des Albums "De-Loused In The Comatorium", das mit Flea von den RED HOT CHILI PEPPERS aufgenommen wurde, gelten THE MARS VOLTA als derzeit spektakulärste Band des Rock-Genre.
Allein die Frisuren der beiden Protagonisten Cedric Bixler Zavala (Gesang) und Omar Rodriguez-Lopez (Gitarre) verbessern jedes Bühnenbild. Dazu trugen die beiden schlanken Musiker stylische, enge, dunkle Hemden und Schlaghosen. Bixler lieferte eine famose Bühnenshow mit Mikrofonkabel knabbern, Salsa-Tanz-Einlagen und absoluter Vertieftheit in die Musik; bei Rodriguez-Lopez lohnte sich ein Blick auf den Gitarrenhals. Wer sich an den beiden Ex-ATDIs sattgeguckt hatte, konnte über den unglaublichen Jon Theodore am Schlagzeug staunen: Neben der ausgewählt schwierigen Rhythmen hatte der durchtrainierte Drummer eine konditionell anspruchsvolle Aufgabe zu erledigen. Neben ihm, den Vordergrund den beiden Berühmtheiten Bixler und Rodriguez-Lopez überlassend, stand Juan Alderete, der die Nachfolge des Album-Bassisten Flea angetreten hat. Isaiah Owens an den Keyboards machte eher den Eindruck eines Jazzers und komplettierte die Bühnenpräsenz von THE MARS VOLTA. Vielleicht gerade wegen dieser ansprechenden Optik verzichteten THE MARS VOLTA auf verbale Kommunikation mit dem Publikum. Kein "Hello!" oder überflüssiges "We´re THE MARS VOLTA", kein "Goodbye!". Selbst nachdem ein mutmaßlicher Crowd-Surfer von Bixler geschubst und vom Batschkapp-Personal endgültig von der Bühne vertrieben wurde, blieb die offensichtliche Message "No Stage-Diving" unausgesprochen. Letzteres ist vielleicht eine Resignation aus Zeiten von ATDI: Damals wurde eine Deutschland-Tournee abgebrochen, da trotz der Bitte der Band das Crowd-Surfen nicht unterlassen wurde.
Musikalisch schieden sich dann die Geister: Selten war ein Konzert so anstrengend (vergleichbar mit FANTOMAS). Omar Rodriguez-Lopez entfernt sich mit sicherem Schritt von der klassischen Harmonik, als Songwriter und Gitarrenvirtuose scheint er Gefallen an SCHÖNBERGs Gleichberechtigung aller 12 Töne gefunden zu haben. Chromatische Läufe stachen ins Ohr, und der harmoniebedürftige Hörer sehnte sich nach der Auflösung in einen einfachen Akkord. Die aber oftmals aufgeschoben oder weggelassen wurde. Auch nach dem Genuss des Albums "De-Loused In The Comatorium", aus dem der größte Teil der Stücke kam, fiel es nicht leicht den oft komplizierten Songstrukturen zu folgen. Trotzdem kam stellenweise ordentlich Bewegung in die Menge, z.B. bei "Inertiatic Esp.", der Single-Auskopplung. Das schier endlose "Cicatriz Esp." wurde den Zuschauern allerdings genauso zugemutet, erst das anschließende, ruhige, entspannende "Televators" konnte die Stimmung wieder steigern und auf das rasante Ende vorbereiten. THE MARS VOLTA spielten gute eineinhalb Stunden ununterbrochen: Bis 22:00 Uhr legte ein DJ lockere Ragga- und Elektronik-Platten auf, danach war das Quintett an der Reihe. Wie schon beim kürzlich erschienenen Album wurden die Lieder übergeleitet, so dass fast keine Pausen entstanden. Ein Basssolo Alderetes nutzten die restlichen Marsianer zum Verlassen der Bühne. Der übersteuerte, spacige Sound seines Instrument schien fast zu verklingen, ehe Juan Alderete wieder aufdrehte und die Band zurück auf die Bühne holte.
Ob sie die Vorreiter einer neuen Ära der Rockmusik sind, den Übergang von Unterhaltung zur ernsten, künstlerischen Ebene gemeistert haben, oder den Hörer schlichtweg überfordern, ein Lärmchaos veranstalten, das ein Geheimnis bleibt, muss man selbst entscheiden. Genauso fragt man sich, ob es gefallen hat, das Konzert. THE MARS VOLTA haben in jedem Fall eine neue Erfahrung zu bieten, eine die anregt und musikalisch auf sehr hohem Niveau liegt.
Weitere Konzerttermine:
7.9.2003 Bologna, Independent Days Festival
9.9.2003 Dortmund
10.9.2003 Groningen
11.9.2003 Amsterdam
Burkhard Fückel, 07.09.2003
TRACKLIST
LINKS
Weitere Cd-Besprechungen und Stories
Leserkommentare
Zu diesem Konzertbericht wurde noch kein Kommentar geschrieben.
- Um einen Kommentar zu schreiben, musst du dich einloggen.
BIZARRE RADIO PRÄSENTIERT
Neue Beiträge im FORUM
- Pelicans Dyson Daniels Wounded 15.12.24, 16:32 // Danieldevon2
- Der letzte und der erste Song des Jahres... 14.12.24, 17:21 // duffytraciezs
- Geld 14.12.24, 17:14 // duffytraciezs
- Saufen für Profis 14.12.24, 17:08 // duffytraciezs
- What Manufacturer 14.12.24, 16:59 // duffytraciezs
- eigene Handschrift deuten 14.12.24, 16:51 // duffytraciezs
- eure namen auf japanisch 14.12.24, 16:45 // duffytraciezs
- Suche ähnliche Stimme wie.... 14.12.24, 16:40 // duffytraciezs
- Proteste in Burma 14.12.24, 16:29 // duffytraciezs
- The exceptionally unusual partnership 14.12.24, 16:14 // duffytraciezs