Cd-Besprechung

The Mars Volta

De-Loused in the Comatorium

Universal
Vö: 23.06.2003

Bewertung: 13 Punkte
Leserwertung: 11.5 Punkte
Stimmenzahl: 28

Die Trennung von AT THE DRIVE-IN hat die Presse schon lange beschäftigt, war doch die Enttäuschung über die beiden Lager SPARTA und THE MARS VOLTA unverhohlen, während Hits wie "One Armed Scissor" von ATDI immer noch nachklangen. Nach der sehr gewöhnungsbedürftigen EP "Tremulant" stellen THE MARS VOLTA nun ihr `richtiges´ Debut "De-Loused In The Comatorium" vor.

Ähnlich kompliziert wie sein Titel präsentiert sich die musikalische Seite des Albums. Sänger Cedric Bixler und Gitarrist Omar Rodriguez-Lopez haben den experimentellen Teil von ATDI mitgenommen und machen inzwischen musikalische Kunstwerke, die ihresgleichen suchen. Ganz nebenbei hat auch Flea von Red Hot Chili Peppers mitgewirkt, nicht aus Werbegründen; er ist der Meinung, dass THE MARS VOLTA seine beste Support-Band überhaupt darstellen. Das Album selbst ist dem Selbstmord (nach langem Koma) Julio Venegas´, einem Freund der Band, gewidmet. Dazu hat `sound manipulator´ Jeremy Michael Ward die Veröffentlichung des Albums nicht mehr erlebt, er wurde tot in seiner Wohnung von seinem Mitbewohner aufgefunden, wie auf der Homepage zu lesen ist. Insbesondere Ward hat die Atmosphäre des Albums entscheidend geprägt: düstere, verstrickte Klänge werden vom Rockgewitter durchbrochen, Wind kommt auf oder gleich der ganze Orkan und bei "This Apparatus Must Be Unearthed" scheint der titelgebende tatsächlich mitzumischen.

Trotzdem werden ATDI-Fans sich erinnern: zu markant die Stimme von Bixler, und die Gitarreneinstellung sind auch `nur´ überarbeitet worden. So ist "Inertiatic Esp" das besteingängigste Stück, das mit "Son Et Lumiere" (1:35 min) hervorragend eingeleitet wird. Damit wird der Hörer auf die immer anspruchsvolleren Stücke vorbereitet. Mit "Cicatriz Esp" findet der Drang nach komplexen Songstrukturen seinen Höhepunkt; Innovationen und Leidenschaft vergleichbar mit LED ZEPPELIN. Da gluckert es mal einfach nur, bis langsam vernebelte Samba-Rhythmen Überhand gewinnen, nachdem es sich am Anfang noch sehr liedhaft anhörte. Da möchte man den Kopf schütteln, bis man endlich erkennt, dass es doch Sinn macht, auf seine eigentümlich meditative Art. Und ganz am Schluss, kaum zu glauben, nach einem zwölfeinhalb Minuten Stück, ist ein Übergang zu "This Apparatus Must Be Unearthed" leise, aber hörbar, eingebaut. Als Ballade, Erholungsphase etc. überrascht kurz vor Schluss "Televators", mit Abstand ruhigstes Stück des Albums. Nachdenklich und ohne Aufbrausen auskommend, verführt es zum Interpretieren: Vielleicht symbolisiert es die Phase des Aufwachens von Venegas, das Rekapitulieren seines Seins, das zum Suizid führte? Oder steht man nur für einen Moment in Erinnerung schwelgend am Grab?

Mit dem Interpretieren hat man hier insgesamt sehr viel zu tun: Wer sich den Spaß macht, das Gesungene zu verstehen (im CD-Inlay gibt es keine Texte, wohl aber Zitate von z.B. den im letzten Stück zum Nehmen des Schleiers aufgeforderten Cerpin Taxt ["Take The Veil Cerpin Taxt"]), darf sich mit Englisch und Spanisch der literarischen Sorte auseinandersetzen: Nicht nur musikalisch wird hier Kunst geboten!

13 Punkte (von max. 15)

Burkhard Fückel, 24.06.2003

TRACKLIST
1.Son Et Lumiere
2.Inertiatic Esp ***
3.Roulette Dares (The Haunt Of)
4.Tira Me A Las Aranas
5.Drunkship Of Lanterns ***
6.Eriatarka
7.Cicatriz Esp
8.This Apparatus Must Be Unearthed
9.Televators ***
10.Take The Veil Cerpin Taxt
[ *** Anspieltipps ]

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