Konzertbericht

Reeperbahn Festival - Tag 3 - Most of all, I won't grow old

Reeperbahn Festival

Tag 3 - Most of all, I won't grow old

Hamburg, St. Pauli
25.09.2010

Es ist Samstag, der letzte Tag des Reeperbahn Festivals und die Veranstalter sind zufrieden. Ihr Konzept, erstmals ein Festival ohne Headliner mit günstigeren Ticketpreisen zu veranstalten, ist aufgegangen - rund 17.000 Gäste wurden gezählt, genau so viel wie im Rekordjahr 2009. Wohl keiner von ihnen vermisste die großen Namen.

Ray Cokes hostete zum letzten Mal seine Reeperbahn-Revue im Schmidt-Theater und feierte unter anderem mit YOUNG REBEL SET noch einmal das Festival, die Stadt und sich selbst ab. Als die MTV-Legende die Bühne verlässt und der letzte Applaus verschallt, fällt einem dummerweise wieder ein, dass das heutige Musikfernsehen absolut beschissen ist. Schade eigentlich.

In der Großen Freiheit 36 gestalteten die FOTOS den Anfang meines Abends, und sie gestalteten ihn sehr schön. Hatte ich die Band nach einem langweiligen zweiten Album und einem lustlosen Auftritt auf der Kieler Woche schon abgeschrieben, macht ihr neues Album "Porzellan" scheinbar wieder einiges her. Weg vom spritzigen Schuljungen-Indie zu atmosphärischer Rockmusik mit leichten Shoegaze-Anleihen, die neu entdeckte Verzerrung steht ihnen wirklich gut. Ein paar Schritte weiter im Indra (Beatles-Fame!) spielte die dänische Indiefolk-Sensation THE RUMOUR SAID FIRE, leider ohne mich im Publikum. Der Club war maßlos überfüllt, zum Glück war es der einzige Fall von Fehleinschätzung der Popularität einer Band an diesem Wochenende. Zurück in der Großen Freiheit 36 freute ich mich dann auf FRANK TURNER, dessen Songs mir immer ganz gut gefielen, mehr aber auch nicht. Allerdings wurde mir von allen Seiten versichert, dass der sympathische Ex-Punk live eine Wucht sei. Und genau das war er auch. Noch nie habe ich einen Singer-Songwriter gesehen, der derartig sein Instrument verdrischt, derartig inbrünstig singt, derartig für Ekstase im Publikum sorgt. Jedes Wort wurde mitgesungen, hunderte Fäuste reckten sich, alle ließen sich von der Energie des schmächtigen Mannes im Flanellhemd anstecken. Ein unglaubliches Konzert, das beste des ganzen Festivals.

Mit einem Bierchen vom Kiosk ging es weiter Richtung Schanze. Den Grand Hotel Van Cleef Abend mit BEAT!BEAT!BEAT!, YOUNG REBEL SET und NILS KOPPRUCH lies ich ein bisschen wehmütig links liegen, mir war aber nun mal nach tanzen zu Mute. Dies machte ich dann im Übel&Gefährlich bei SUPERPUNK, die vor heimischer Kulisse souverän und liebenswert die entsprechende Tanzmusik besorgten. Einmal über die Straße setzten CAPTAIN PLANET im Knust den Abschluss mit Arschtritt. Ein Genuss, nach einem so poplastigen Wochenende noch einen Brocken Punkrock vor die Füße zu bekommen. Live klingen CAPTAIN PLANET härter als auf Platte, schnelle Songs werden noch schneller gespielt und die Stimme des Sängers ist auf der Bühne glücklicherweise genauso einzigartig und schön wie aus der Konserve.

Es ist spät, ich bin müde. Das Reeperbahn Festival war klasse. Leicht angeschickert laufe ich zum vorerst letzten mal durch die Straßen Sankt Paulis zu meiner Bleibe am Hafen. Und freue mich, dass irgendein kluger Mensch die Musik erfunden hat.

Benedikt Ernst27.09.2010

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