Konzertbericht
Mother Tongue
Burn Baby
Backstage/München
25.10.2003
Endlich sollte es so weit sein. Mother Tongue live erleben. Bisher kam immer noch etwas dazwischen. Einmal zu K.O.(Bizarre02 um 3 Uhr), beim ersten Club-Gig nach der Wiederauferstehung krank, beim dritten Versuch völlig verhindert. Aber heute war die lange Leidensgeschichte zu Ende.
Das Leiden hat sich gelohnt; soviel sei vorweg schon mal gesagt. Die Konzerthalle des Backstage füllt sich Clubkonzert gemäß recht langsam. In München befürchtet man im Vorfeld ja immer schlimmes was die Crowd angeht. Alternative-Bonzen oder UpperClass-Rebellen sind diesmal Gott-sei-Dank nicht anwesend. Dafür aber eine treue Fangemeinde. Allesamt Leute, die nur wegen einem gekommen sind. Eine der atemberaubenden Shows von Mother Tongue mitzuerleben und für die Musik durch Himmel und Hölle zu schweifen. Die Erwartungen sind hoch, doch die meißten wissen, dass diese zu 99% noch übertroffen werden. So sollte es kommen.
Vorher gibt es einen kraftvollen Auftritt der norddeutschen Support-Band Freakoutfamily, die mit einer Mischung aus ProgRock, Psycho-Blues und einer gewaltigen Portion Bass daherkommen. Die optimale Band um auf den Mother Tongue-Sound vorzubereiten.
Die kommen eine halbe Stunde später auf die Bühne, checken ihre Instrumente, deponieren diverse Alkoholika und entledigen sich schließlich allesamt ihrer Jacken und Sweatshirts. Basser und Sänger Dave Gould gibt sich typisch im Unterhemd und mit Melone aufm Kopf. Die anderen tun gut daran mit nacktem Oberkörper auf der Bühne zu stehen. Sie wissen was kommen wird: Bewegung, Hitze und Extase. Schon beim Opener "Damaged" wird klar, dass dies kein gewöhnliches Rockkonzert werden wird. Der Song geht schief, weil Gitarrist Christian Leibfried mit dem ersten Zupfer eine Saite vernichtet hat und der Tonabnehmer vom Drum den Geist aufgibt. Dave Gould gibt die Richtung vor, indem er den Song wiederholen läßt. Nichts kann die Maschine mehr stoppen. Doppelt motiviert geht es gleich weiter mit "CRMBL", "Broken" und "Future". Die Crowd geht spätestens mit "CRMBL" dermaßen ab, dass die Halle bald mit stickiger Luft gefüllt ist. Heimlicher Höhepunkt mit ausufernder Performance (neun Minuten) ist "Burn Baby". It smells like Rock n´Roll!; und zwar so echten und puren, dass man sich fragt ob es jemals was anderes gab. Es ist das pure Gefühl, dass auch Gould, der immer wieder lange Reden zwischen den Songs hält, beschreibt wenn er sagt: "When I was a boy, I wanted to kill myself. But it was music that safed my life. Black Flag safed my life..." Das ist es was Mother Tongue so besonders machen. Ehrliche Musik, die bewegt, die retten kann, an die man sich klammern kann in schweren Zeiten. Und so wird ein Song nach dem anderen zelebriert. Das Set ist eine gute Mischung mit ungefähr gleichvielen Songs von jedem Album. Frontmann Dave Gould redet sehr viel an diesem Abend, fordert immer wieder auf näher zu kommen und läßt den Rock´n Roll auch dadurch zelebrieren, dass er das Motto des Abends vorgibt:"I want you all to get drunk". Er macht es vor, indem er sich einen Cocktail aus Jack Daniels, Helles("...a beer named hell...strange..."), Red Bull, Wein und diversen Klaren gibt. Sehr sympatisch, er redet nicht nur, er handelt auch und gibt den Whiskey ins Publikum. Ab und zu trinkt er ein Schnäpschen mit einem edlen Spender aus dem Publikum. Aber es wird nicht nur gesoffen. Aufstand ist ebenso angesagt. Bei der Ansage zu "F.T.W" wird gar gegen Erzfeind George W. Bush geschossen. Dann irgendwann endet der erste Teil des Konzerts. Die Stimmung ist mittlerweile so angeheizt, dass solange geklatscht und geschrien wird, bis die Band erneut die Bühne betritt.
Die Klassiker "Venus Beach" und "Vesper" sind nur zwei der Höhepunkte einer fast dreiviertelstündigen Zugabe. Auch das absolut brillante "Alien" reißt alle völlig mit. Es ist schon erstaunlich mit welcher Energie die vier zugange gehen. Der Drummer spritzt Fontänen von Schweiß, Dave Gould wackelt und springt durch die Gegend als wäre es der letzte Tag auf Erden. Einzig Gitarrist und BackSänger Bryan Tulao steht da wie angegossen, schaut und genießt. Zum Schluss darf dann noch ein treuer Fan auf die Bühne und vortanzen. Der läßt es sich nicht nehmen und holt noch drei weitere auf die Bühne. Gemeinsam gehen alle bei "Dark Side Baby", dem letzen Song des Abends ab. Sehr familiär ist das alles. Alle Gesichter sehen zufrieden aus, alle haben gemeinsam ein Konzert erlebt, dass die hohen Erwartungen noch um ein vielfaches übertroffen haben.
Benjamin Großmann, 26.10.2003
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