Interview

Mother Tongue - Mother Tongue - Interview

Mother Tongue

Mother Tongue - Interview

So, nun sind die sehr verehrten Herren Mother Tongue wieder in ihrer Heimat Los Angeles angekommen, dürfen ihre Kinder wieder von der Schule abholen und Geschirr spülen und man darf annehmen, dass sie Deutschland in guter Erinnerung behalten werden...

BR: Wovon handelt das neue Album?

Davo: “Streetlight” ist ein Album, auf das wir sehr stolz sind. Es ist unser Werk und wir haben damit viele Monate in kleinen Zimmern in unseren Häusern verbracht. Es handelt von den Problemen auf den Straßen zur Zeit, also Probleme in der Gesellschaft und wie sie sich auf uns persönlich, als Menschen, auswirken. Aber auch von Licht, um diese Dinge zu erhellen. Also, die Grundstimmung von „Streetlight“ ist, was wir sehen, was momentan in den Städten und unseren Leben geschieht. Wir versuchen, unsere Reaktionen und Gefühle darüber auszudrücken.

BR: Was genau sind das für Dinge?

Davo: Es geht auf dem Album um einige Sachen, z.B. wie es ist, ich der Gesellschaft entfremdet zu fühlen, wo unsere Gesellschaft zur Zeit steht, wie wir unser Leben sehen, was für uns wertvoll und wichtig ist. Auch viele soziale Fragen werden angeschnitten, z.B. Gier, Krieg der Medien und Gewalt unter Jugendlichen. Schließlich werden wir alle in unserem Leben von diesen Dingen berührt, alle von uns, jeder auf dieser Welt. Das alles basiert auf unseren Erfahrungen zuhause in Los Angeles, aber wenn wir auf Reisen sind, finden wir diese Probleme genauso wieder – und sie betreffen alle Menschen.

BR: Wie denkt ihr über das Leben in Los Angeles?
Was sagt ihr zu dem Tod von Alice In Chains Sänger Layne Staley als Mythos?

Davo: Jeder einzelne Mensch steht morgens auf, geht ins Bad, auf die Toilette. Der einzige Unterschied zwischen Layne Staley und jedem anderen Drogenabhängigen, der an dieser schrecklichen Seuche leidet, ist, dass er Sänger in einer Rock Band war. Also, irgendwie ist es wie ein Mythos oder es ist cool. Aber in Wirklichkeit ist das wie jede andere Drogenabhängigkeitsstory: es ist furchtbar, es ist eine Tragödie und ich bin sicher, dass es seiner Familie das Herz gebrochen hat. Ich denke, eine der Sachen, die wir versuchen, in der Gesellschaft zu vermitteln ist, dass diese ganze Geschichte mit den Medien, die einen Mythos produzieren wollen, so bizarr ist und so verzerrt widergegeben wird. Es ist fast so: je zerstörter und verseuchter du bist, desto mehr liebt dich jeder. Ich denke, das kommt wirklich hauptsächlich aus Los Angeles, diese ganze Kultur der Celebrities. Ich habe eine Familie und Kinder und ich denke, dass meine Erfahrung... (Dirk von Visions kommt des Weges) Hey Bruder, komm her, setz dich. Das ist Dirk Siepe vom Visions Magazin, Dirk ist ein integerer Teil unserer Mother Tongue Familie. Dirk ist ein Hauptgrund, warum Mother Tongue gerade hier ist, denn wir waren ganz tief unten und Dirk hat über uns geschrieben und uns viel Liebe zukommen lassen. Also, weißt du, ich denke die Probleme im Leben sind – ob kleines Dorf oder große Stadt – dieselben. Ich meine, dieses Schulattentat hier in Deutschland, das war in keiner Großstadt, richtig? Diese Sachen passieren überall auf der Welt, sie passieren jedem in diesem Moment. Besonders jetzt, da ich eine Familie habe, sind diese Sachen wichtiger für mich geworden. Nur die Medien suggerieren, dass diese Dinge weit weg geschehen


BR: Eure Musik ist so intensiv, habt ihr persönlich Erfahrungen mit Drogen und Gewalt gemacht?
Davo: Ich denke, es ist eine Kombination von beidem: Ich habe Gewalt erfahren und bin während der High School in einem Bandenstreit krankenhausreif geschlagen worden. Drogensucht berührte meine Familie, das ist eine schlimme Sache und da ist überhaupt nichts cool dran. Es ist einfach nur furchtbar. Und was ich in jungen Jahren begann, als das Leben so verrückt war, war, mich mit Musik zu beschäftigen. Sehr viele meiner Erfahrungen sind in meine musikalischen Erfahrungen eingeflossen. Also, in meinem Songwriting kommt viel von dem härteren Zeug, was ich sehe und erfahre, zum Ausdruck. Die leichteren und schönen Sachen, wie meine Kinder und meine Frau, bleiben in meinem System, da muss ich wirklich nicht raus, das will ich in meinem System behalten. Das ist meine Schönheit, meine Liebe. Also, für mich ist Musik der Ausdruck meiner eigenen Frustrationen, meiner Wut und meiner Sorgen, weißt du.

BR: Wie läuft die Tour? Ist es anders als in den Staaten?

Christian: Die Shows hier sind erstaunlich! Wir hatten eine unglaubliche Zeit. Jedes Publikum, für das wir hier gespielt haben, war so aufgeschlossen unserer Musik gegenüber und hat uns viel Liebe und Energie gegeben, das ist erstaunlich! Ich denke, dies ist mit die beste Tour, die wir je gemacht haben. Das ist wirklich unglaublich und überwältigend. Eigentlich bin ich nur ein bisschen traurig, dass wir nicht jeden treffen können. Wir versuchen es aber, wir sind an unserem Merchandise Stand und hängen ein bisschen mit den Leuten ab, aber da kann natürlich nicht jeder sein. Das ist eine schöne Sache. Wir lieben es, hier in Deutschland zu sein. Deutschland ist der Ort, an dem all das für uns passiert. Zuhause können wir auch für Fans spielen, aber das ist nicht auf dem gleichen Level, auf dem wir jetzt spielen.

BR: Ihr bekommt hier also mehr Aufmerksamkeit?

Bryan: Viel mehr! Sehr viel mehr!

BR: Warum?

Bryan: Aus irgendeinem Grunde hatten wir schon eine wirklich gute Reaktion, als wir hier mit The Cult auf Tour waren. Aber es war hauptsächlich ihr Publikum, dass zu den Gigs kam, wir waren ja nur der Support Act. Irgendwie haben die Leute in Deutschland uns am Leben gehalten und nach nun fast 8 Jahren habt ihr uns nicht vergessen. Als wir damit beschäftigt waren, die Platte zu machen und das im Internet veröffentlicht haben, haben wir anfangs hauptsächlich Aufmerksamkeit aus Europa bekommen. Weißt du, ein paar Reaktionen kamen wohl auch aus Amerika, die meisten aber eben aus Europa. Als dann Arnie von nois-o-lution mit uns Kontakt aufgenommen hat, sagte er: “Ihr seid wieder zusammen, das ist großartig!” Er fragte, wann wir die Platte machen und wann wir vorhaben, nach Europa zu kommen. Wir haben dann ein paar Sachen über das unglaubliche Internet rüber geschickt. Und jetzt sind wir hier und machen eine Erfahrung nach der anderen, es ist unglaublich!

BR: Ich habe euren Auftritt in Bonn gesehen und die Leute dort waren sich einig, dass sie noch nie eine solch ehrliche Show gesehen haben.

Bryan: Danke, das ist ein tolles Kompliment! Wir schätzen das wirklich, hier spielen zu dürfen. Es hört sich fast gelogen an, weil ich gar nicht ausdrücken kann, wie viel es mir bedeutet, hierher zurückzukommen. Wie gesagt, das Publikum hier hat die Band am Leben erhalten. Sogar während wir das Album gemacht haben, wobei wir wirklich eine harte Zeit hatten. Christian noch viel mehr als Davo und ich, denn er hat das Stück produziert und viele Stunden länger daran gesessen, aber wir haben regelmäßig E-Mails bekommen, besonders aus Deutschland und die Leute haben geschrieben, dass sie die Platte und unsere Rückkehr gar nicht mehr abwarten können. shit you know :-) Das hat uns weggeblasen und von Show zu Show ist das größer geworden, also irgendwie gewachsen. Jede Show ein kleines bisschen. Ich weiss nicht, ob das irgendwas mit den Chat Rooms und so zu tun hat. Ich habe von Arnie gehört, dass er Leute im Chat gesehen hat, die sich über uns unterhalten haben: „Ich gehe zum nächsten Gig..” und „...ich gehe zu noch zwei shows ” und so war es dann auch. Es ist so, als würde es sich immer mehr aufbauen und das ist toll. Ich meine, das haben wir schließlich überhaupt nicht erwartet. Ich wusste nicht, ob wir hier vielleicht vor fünf Leuten spielen würden oder so. Aber sogar, wenn es nur fünf gewesen wären, wir hätten trotzdem gespielt, als wäre es die letzte Nacht und der letzte Auftritt, den wir hätten. Wir versuchen es und tun alles dafür. Wir spielen jedes Mal, als wäre es das letzte Mal. Ich bin glücklich darüber, dass die Leute das zu schätzen wissen

BR: Ich kenne auch einige Leute, die zu vier oder mehr Shows von euch gereist sind...

Bryan: Oh was? Sag ihnen, dass sie unbedingt zu uns kommen müssen, die müssen wir treffen!

Davo: Ich möchte noch eine Sache sagen: Ich möchte meinen aufrichtigen Dank an jede einzelne Person ausdrücken, die unsere Band in ihren Herzen gehalten hat. Wir wissen, es ist eine lange Zeit vergangen und die Unterstützung in den ganzen E-Mails und so hat uns sehr viel bedeutet und auf dieser Tour geben wir wirklich alles. Jede einzelne Show. Wir sind alte Männer, wenn du weißt, was ich meine ;-) Wir sind alle fuckin physisch angeschlagen, aber jedes Mal, wenn wir auf der Bühne stehen, geben wir alles, was wir haben, weil ihr es uns möglich gemacht habt, ihr habt uns soweit gebracht. Und an dieser Stelle noch mal ein Gruß an Dirk Siepe von Visions, weil er uns wirklich geholfen hat, als wir ein Stück Scheisse auf dem Boden waren. Er hat unseren Namen am Leben gehalten. Also, ich möchte, dass ihr alle zu unseren Shows kommt und ich würde mich freuen, euch alle zu treffen. Also kommt zu uns und nochmals danke!

Britta 23.07.2002

Weitere Cd-Besprechungen und Stories
Mother Tongue - Fan Edition Deluxe [Cd] Mother Tongue - Burn Baby [Konzertbericht] Mother Tongue - Ghost Note [Cd] Mother Tongue [Konzertbericht] Mother Tongue - Streetlight [Cd]

Leserkommentare

Zu diesem Interview wurde noch kein Kommentar geschrieben.

  • Um einen Kommentar zu schreiben, musst du dich einloggen.

BIZARRE RADIO PRÄSENTIERT