Interview
Poets Of The Fall
Poets of the Fall auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten
Nach ihrem großen Erfolg in Finnland ist es nun auch endlich Zeit, dass die finnischen Mega-Stars Poets of the Fall den deutschen Musikmarkt erobern. Und genauso poetisch wie ihr Name klingt, gaben sich am Samstag auch Sänger Marko und Gitarrist Olli bei unserem „kleinen“ Interview kurz vor der Show in der Berliner Universal Hall, wo sie den zweiten Support-Gig bei der Sunrise Avenue-Tour 2007 gespielt haben.
Bizarre Radio: Erst einmal viele Dank, dass ihr euch die Zeit für ein Interview mit Bizarre Radio genommen habt. Hoffentlich konntet ihr die bisherige Tour-Zeit in Deutschland genießen.
Olli: Oh ja, absolut.
Marko: Ja, bisher haben wir es wirklich genossen. Heute hatten wir die Möglichkeit uns den Kurfürstendamm, Fernsehturm und den Alexanderplatz hier in Berlin anzuschauen.
O: Und dann waren wir an dem Bahnhof…
M: Ja, Zoogarten oder wie heißt der?
BR: Bahnhof Zoo, Zoologischer Garten.
M: Ja genau, Bahnhof Zoo. Naja und da kam dann noch irgendwer zu uns und hat uns Drogen angeboten. Wir müssen wohl schwer zwielichtig ausgesehen haben.
O: Oh ja (lacht).
M: Aber wir haben natürlich dankend abgelehnt.
BR: Kommen wir nun zu etwas Seriösem. Wie sind die Poets of the Fall entstanden?
M: Wir haben vor fast genau 4 Jahren in Ollis Auto gesessen und haben auf’s Meer geschaut und haben über unsere musikalischen Träume geredet, also dem was wir heute machen. Dann haben wir alle Ideen runtergeschrieben und haben uns überlegt wie wir uns nennen könnten. Naja, so sind die Poets of the Fall dann wohl entstanden. Aber Olli und ich haben uns schon früher in einer anderen Band kennen gelernt und schnell gemerkt, dass wir wirklich gute Freunde geworden sind, die denselben Musikgeschmack teilen. Damals haben wir aber noch in einer anderen Band gespielt, wo wir von Anfang wussten, dass wir damit keinen Erfolg haben würden. Naja, was erwartet man auch wenn man sich maximal einmal im Monat zum rocken trifft. Wir haben uns dann entschieden die Band zu verlassen und unsere eigene zu gründen.
BR: Eine Erfolgsgeschichte wie mir scheint, denn letztes Jahr habt ihr in Finnland eine ganze Menge Awards bekommen. Wieso glaubt ihr, dass ihr dort so erfolgreich seid?
M: Gute Frage. Am Anfang arbeitet man jahrelang und glaubt schon nicht mehr an den Erfolg. Und wenn man darüber nachdenkt aufzugeben und sich überlegt was man stattdessen machen könnte, wie z.B. Taxi zu fahren, kommen einem Ideen zu einem Song mit dem man es dann doch noch mal probieren möchte. So war es bei uns mit „Late Goodbye“; ein Song, der dann durch ein Computerspiel weltweit bekannt wurde. Uns riefen plötzlich Leute aus der ganzen Welt an und wollten uns spielen sehen. Und plötzlich war auch ganz Finnland von unserer Musik begeistert. Es war harte Arbeit für uns und für die Albumproduktion ging unser letztes Geld drauf. Aber jetzt sind wir hier.
(Anm. d. Red.: „Late Goodbye“ ist ein Song vom ersten, hier unveröffentlichten Poets of the Fall-Album namens „Signs of Life“ und wurde zum Titelsong für das Computer-Game „Max Payne 2“)
BR: Mich würde ja jetzt einmal interessieren, was ihr so vor eurer Musikkarriere gemacht habt.
M: Wir haben Musik gespielt.
O: Oh ja, wir haben in ganz unterschiedlichen Bands gespielt,
M: ...haben studiert…
O: ..und waren Teilzeit-Musiker. Eigentlich alle von uns.
M: Ich habe früher in der Werbebranche gearbeitet. Aber ich habe es gehasst.
O: Und ich hatte meine eigene Firma. Ich habe Klingeltöne für Handys produziert. Naja, ich mache das heute auch noch sofern ich die Zeit dazu habe.
M: Ja, Olli produziert alle Klingeltöne die es von den Poets of the Fall gibt. Aber heute wird seine Firma von einem Mobilfunkunternehmen geleitet, die sich damit eine goldene Nase verdienen. Und wir gehen leer aus.
O: Yeah. Das stimmt.
BR: Wo wir doch bei eurer Musik sind. Carnival of Rust, was eigentlich euer zweites Album ist, wird hier in Deutschland am 24. April als Debüt veröffentlicht. In Finnland habt ihr damit bereits Platin gewonnen. Könnt ihr uns schon einmal ein wenig über das Album erzählen?
M: He, das ist eine schwierige Frage. Jedes mal wenn man es beantwortet verändert sich die Geschichte ein wenig. Irgendwie hängt das Thema mit unserem ersten Album „Signs of Life“ zusammen. Wir sind damals damit auf Tour gegangen und haben da erst so richtig die eigentliche Härte des Musikgeschäfts und des Tourlebens kennen gelernt. „Carnival of Rust“ erzählt also genau über die Höhen und Tiefen dieses Lebens. Man trifft all diese extravaganten und berühmten Leute und muss feststellen, dass einige von ihnen einfach nur ausgebrannte Junkies sind. Es ist eben alles ernüchternd. Aber wir wollen den Leuten auch Hoffnung vermitteln und versuchen ihnen dabei zu helfen ihr eigenes Leben zu verbessern. Wer weiß, vielleicht sind wir damit so was wie Heiler.
BR: Warum habt ihr dann das Album “Carnival of Rust” erst so spät hier in Deutschland veröffentlicht?
M: Nun ja, wir sind ein Indie-Label, d.h. wir 3 haben unser eigenes kleines Plattenlabel mit einer sehr guten Unterstützung seitens unseres Managements. Wir haben aber nicht soviel Geld um aufwendige Reklamen zu schalten. Also müssen wir alles schrittweise angehen, was eben auch mehr Zeit kostet. Aber das Gute daran ist, das wir selbst entscheiden können wohin es geht.
BR: Wie würdet ihr eigentlich euren Musikstil beschreiben?
M: Ja,…
O: Melodic Rock.
M: Mh ja, Melodic Rock, sehr gefühlvoll, voller Emotionen und Leidenschaft. Es ist so eine Musik von der man einfach nicht genug bekommt.
BR: Wurde euer Stil von irgendwelchen Bands beeinflusst?
O: Oh ja, einer ganzen Menge Bands.
M: Ja, auch von so genannter Fahrstuhlmusik, Metal…
O: …definitiv Grunge Musik aus den 90ern…
M: … ja und sogar Hard Rock, Britpop und natürlich klassischer Musik.
BR: Auf eurem Album befindet sich ja auch das Video zum Song „Carnival of Rust“. Der Song selbst ist ja laut Berichten der am meisten gespielte Song bei finnischen Radiosendern. Erzählt mir doch bitte etwas über den Song und das Video.
M: Eigentlich spiegelt der Song genau die Idee des Albums wieder. „Carnival of Rust“ handelt von der Stärke die man braucht um all das Erlebte durchstehen zu können. Eben von dem düsteren Tal das wir durchschreiten, wie z.B. Lordi’s Sieg bei dem letzten European Song Contest.
(allgemeines Gelächter bricht aus)
M: Das Video selbst spielt auf einem Jahrmarkt, wo ein junges Mädchen mit Gasmaske versucht dem Bösen, dargestellt von mir, zu widerstehen. Die Gasmaske stellt dabei einen Schutz vor der dicken, stickigen Atmosphäre da, die einem keinen Raum zum frei atmen lässt. Ich versuche ihr das letzte Geld aus der Tasche zu ziehen indem ich ihr von dem damit verbundenen Erfolg und Ruhm vorschwärme. Die Leute sagen, es sei ein wunderschönes aber auch trauriges Video. Ich muss dem auch irgendwie zustimmen. Wir sind über die Veröffentlichung auf jeden Fall sehr glücklich und auch stolz. In Finnland wurde es sogar von Fachleuten zum besten finnischen Video aller Zeiten gewählt, was für uns eine absolute Ehre ist.
BR: Gibt es irgendwas, was euch beim Song schreiben beeinflusst?
M: Der Alltag bietet eine ganze Menge Geschichten über die man erzählen mag. Früher habe oft im Tourbus Songs geschrieben, wozu ich heute wegen der großen Anfrage an Autogrammen kaum mehr komme, und ich habe da z.B. mal einen im Vorbeifahren einen Mann beobachtet der in seinem Hinterhof stand und rauchte. Der Himmel war orange-rot vom Sonnenuntergang. Und allein diese 10 Sekunden die ich das beobachtet habe, haben mich zum Schreiben eines Songs inspiriert. Vielleicht wird der ja mal veröffentlicht. Ich hoffe es zumindest. Aber oft sind es auch irgendwelche Geräusche aus Nachbarwohnungen. Du kennst das bestimmt auch. Man sitzt im Wohnzimmer und hört Fragmente des Fernsehprogramms des Nachbarn durch die Wände, z.B. Filmmusik. Man hört nichts exaktes, sondern nur so einzelne Töne. Na ja und ich setze mich dann ans Piano und versuche diese zusammen zu setzen und dabei werden dann durch Ideen neue Songs geboren. Am besten geht so was spät in der Nacht.
(Anm. der Red.: Olli verlässt bei der Frage den Raum um zum Sound-Check zu gehen)
BR: Was sind also eure Pläne für die Zukunft? Was dürfen wir hier in Deutschland noch so alles von euch erwarten?
M: Hoffentlich schaffen wir es noch mehr durch Deutschland zu touren. Wir spielen jetzt die 4 Shows mit Sunrise Avenue und dann gehen wir zurück nach Finnland, touren etwas durch Schweden und Dänemark und sind dann hoffentlich wieder hier. Und wenn sich das Album gut vermarktet würden wir gerne im Herbst eine eigene Tour als Headliner spielen.
BR: Im Moment seid ihr ja der Support von Sunrise Avenue. Wie ist das so?
M: Soweit ist es sehr gut und es scheint auch so, dass sie hier wesentlich berühmter sind wie wir. Am Anfang war es komisch, denn in Finnland sind wir ja eigentlich berühmter. Aber das ist eine gute Chance für uns hier Fuß zu fassen. Ich habe die Show von Sunrise Avenue gestern Abend zum ersten Mal gesehen und ich muss sagen sie waren sehr gut. Außerdem macht es uns Spaß die Menge anzuheizen.
BR: Wie steht es mit dem Publikum. Hier sind ja eine ganze Menge wirklich junger Mädchen im Publikum. Unterscheidet sich das zu dem in Finnland?
M: Nein, eigentlich nicht so wirklich. Wir haben aber in der Regel eine weite Fanbase. Wir haben bei unseren Shows viele Leute gesehen die schon um die 60 gewesen sein müssen. Ansonsten bietet das Publikum ein Spektrum von 20 bis open end.
BR: Was mögt ihr am touren am meisten?
M: Das Schlafen. (grinst)
BR: Ach ihr könnt da ausschlafen? (grinse ebenfalls)
M: Leider nein. Also ich mag am liebsten das Singen auf der Bühne. Allerdings muss man als Sänger immer überall am längsten warten und vor allem den Mund halten. Ich kann z.B. nicht soviel reden, weil ich meine Stimme schonen muss. Außerdem hat es bei uns in der Band genug laute Leute die eine Menge reden und ich sitze dann dabei und beobachte wie sich alle verhalten und benehmen. Aber was ich hier in Deutschland toll finde ist, dass die Shows schon alle so früh anfangen, so dass man doch geregelten Schlaf hat. In Finnland wollen die Veranstalter immer erst einen sehr späten Konzertbeginn und man kommt selten vor 4 ins Bett und muss dann morgens um 8 wieder raus und weiter.
BR: Wie fühlst Du Dich als Musiker kurz bevor Du auf die Bühne gehst und wie wenn Du dann endlich die Bühne rocken kannst?
M: Kurz vor der Show versuche ich meine Energie zu sammeln, damit ich dann auf der Bühne alles geben kann. Und an einem gewissen Punkt stellst Du sämtliche Gedanken einfach ab und versuchst nur noch das Publikum anzuheizen. Wir haben aber dieses eine Ritual, kurz vor der Show, wo wir uns alle einen guten Gig wünschen.
BR: Okay, ich muss jetzt auch mal HIM ins Gespräch bringen. Seit die Jungs im Geschäft sind hat es auf dem deutschen Musikmarkt eine extrem große Nachfrage nach finnischen Bands. Was denkst Du darüber?
M: Das ist für uns doch super. Finnische Bands haben ja lange dafür gebraucht überhaupt so weit zu kommen. In den 80ern oder 90ern hatte es ja keine wirklich bekannten Bands aus Finnland, mal abgesehen von Hanoi Rocks. HIM, Nightwish und The Rasmus haben dann ja erst die Musik über die finnischen Grenzen hinaus bekannt gemacht. Und wir haben eine ganze Menge Talente bei uns. Ich habe z.B. 1996/97 eine ganze Menge finnische Plattenfirmen angerufen um dort einen Vertrag zu bekommen. Und das erste was ich gefragt wurde war „In welcher Sprache willst Du denn singen?“ und ich habe dann geantwortet, dass ich in Englisch singe. Und da hieß es direkt „Danke, aber daran sind wir nicht interessiert.“ Es war also für keinen Künstler leicht da Fuß zu fassen, aber das war nun mal das Business. HIM haben da eine Menge Pionierarbeit geleistet.
BR: Ihr macht ja mit Sicherheit eine Menge Interviews. Welche Fragen hasst ihr am meisten?
M: Hey, das ist ne schwere Frage. Im Grunde werden wir immer nach unseren Lieblings-„was auch immer“ gefragt. Ich persönlich mag das aber nie beantworten. Es gibt natürlich eine ganze Menge an Sachen die ich mag, aber ich mag diese nicht miteinander vergleichen oder sogar bewerten nach dem besten, schönsten oder was auch immer.
BR: Mh, dann habe ich hier wohl eine der Fragen, die Du nicht so magst. Wenn Du für einen Tag jemand anderes sein könntest, wer wäre das und wieso?
M: Jemand der besser singen kann und der keine Migräne hat. Das wäre cool. Außerdem hätte ich gerne eine andere Stimme. Mag sich zwar verrückt anhören, weil jeder immer sagt wie toll doch meine Stimme ist. Vielleicht muss ich auch nur lernen meine Stimme zu mögen. Ich bin eben ein Perfektionist.
BR: Okay, da wir nun leider zum Ende kommen müssen, möchte ich noch wissen ob Du noch irgendein Statement an Deine deutschen Fans richten möchtest, Marko?
M: Ja, klar. Ich hab da ein Motto: Lern dich selbst kennen und verstehen, damit Du weißt wer Du bist, bevor die Welt Dir erzählt wer Du zu sein hast.
BR: Kiitos.
(Anm. der Red.: Kiitos ist finnisch für Danke schön.)
M: Ebenfalls danke schön.
Nach dem Ende dieses wirklich extrem netten Interviews musste nun auch Poets of the Fall-Sänger Marko zu einem kleinen Soundcheck eilen.
Das später folgende Konzert hat dann auch die gut gefüllt Halle zum kochen gebracht. Die Band überzeugte alle anwesenden Fans mit einem Potpourri aus Songs des Debütalbums „Carnival of Rust“ ebenso wie mit Stücken des hierzulande nicht veröffentlichen finnischen Erstlingswerkes „Signs of Life“.
Ich bin mir sicher, dass die Gigs hier in Deutschland nicht die letzten gewesen sind auf denen wir die „Poets of the Fall“ haben erleben dürfen.
Kitty N., 28.03.2007
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Leserkommentare
Poets Of The Fall - Poets of the Fall auf dem Jahr
Geschrieben von Nils am 05.04.07 um 18:19 Uhr
Cool cool cool - schöner Text.
Es gibt auch ein paar schöne Fotos vom Konzert in Berlin.
Wer Lust darauf hat, klickt sich einfach mal durch:
http://www.berlin4fun.com/galleries_view.asp?galid=AC8AD7F5-6658-487C-A83F-B2E8C865548E
Grüße
Nils
Nils
Anmeldungsdatum: 05.04.07
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