Cd-Besprechung
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An Eisregen scheiden sich die Geister. Das war schon immer so und ändern wird sich daran wohl auch nichts. Grund hierfür sind jedoch nicht die instrumentalen Fähigkeiten der Band, sondern die Lyrics, die der Band bei bisher sieben Studioalben ganze drei Indizierungen einbrachte. Es wäre jetzt wohl einfach, Eisregen als Synonym für auf billigste Effekthascherei programmierten Schund zu sehen. Aber damit würde man es sich wohl etwas zu einfach machen und übersehen, dass sich das thüringische Quartett im Laufe der Jahre eine treue, gar nicht mal kleine Gefolgschaft erspielt hat, die der Band wohl eher lyrische, vollkommen unverstandene und verkannte Genialität, wenn nicht gar Kult attestieren würde.
Dementsprechend dürften auch das achte, „Schlangensonne“ betitelte Studioalbum polarisieren. Bereits der Blick aufs Cover zeigt, dass die Band keineswegs zahm geworden ist, sondern weiterhin keine Provokation scheut. Dabei erscheint das Cover - eine Abbildung des gekreuzigten Jesus – auf dem ersten Blick für Eisregen-Verhältnisse geradezu gesittet. Bei näherer Betrachtung ist jedoch zu erkennen, dass Jesus mit weiblichen Brüsten versehen wurde, was in gläubigen Haushalten sicherlich nicht für Begeisterungsstürme sorgen dürfte.
Lyrisch wandelt der Vierer natürlich auf altbekannten Pfaden und eröffnet das Album mit einer modernen Hänsel- und Gretel-Version über ein Paar, auf dessen Speiseplan ausschließlich Kinder stehen. Weitere Themen sind neben Krieg („Tod senkt sich herab“, „Auf ewig Ostfront“) u.a. gesellschaftskritische Phänomene wie z.B. das Cutting („Blute Aus“) oder die Feeder-Szene („Zauberelefant“). Sofern man den blut- und gewalttriefenden Texten aufgeschlossen gegenüber steht, muss man zugeben, dass die Jungs um Sänger Michael „Blutkehle“ Roth wieder einige lyrische Perlen in Petto haben, die zwar makaber, aber nichtsdestotrotz auch brillant geschrieben sind. Hier sind insbesondere die Tracks „Zauberelefant“, „Das Allerschlimmste“ sowie „N8Verzehr“ zu erwähnen. Über die Gesamtheit des Albums empfinde ich die Texte aber zum Teil als etwas schwächer als auf dem Vorgänger „Knochenkult“ (sofern man den „Bühnenblut – Live in Leipzig“-Konzertmitschnitt mal außen vorlässt). Insbesondere den als Bonus-Track deklarierten Song „Brustfetichrist“, der zwar direkten Bezug zum Cover nimmt, aber nichtsdestotrotz nicht mal B-Seiten-Potential hat.
Für viele ist die musikalische Seite der Band ja eher Nebensache, daher kann ich mich hier kurz halten: Da die Band einmal mehr in ihrem Stammstudio „Klangschmiede E“ unter der Leitung von Markus Stock aufnahm, halten sich die Überraschungen hier natur- und erwartungsgemäß in Grenzen. Die Band bleibt ihrem derben Death-/Black-Sound treu, bei denen sich immer wieder ruhige, keyboardgetragene Passagen auftun. Was ich vor allem als Liebhaber des zweiten, heute leider nicht mehr frei erhältlichen Albums jedoch immer wieder schade finde ist, dass die Band die Bratsche, die dieses Album zu einem intensiven, atmosphärischen Erlebnis machte, auf ewig aus ihren Sound verbannt hat. Man muss es wohl akzeptieren, aber ich werde immer ein wenig sentimental, denn so stark haben Eisregen seitdem nicht mehr geklungen.
Eine Gesamtbewertung ist natürlich stark von der persönlichen – nennen wir es mal „Texttoleranz“ – abhängig. Für mich bleibt „Schlangensonne“ zwar ein wenig hinter „Knochenkult“ zurück, bietet jedoch vor allem auf Grund der drei oben erwähnten Highlights durchaus einige Kaufargumente.
10 Punkte (von max. 15)
Jürgen , 06.05.2010
TRACKLIST
1. N8Verzehr (***)
2. Blute Aus
3. Auf Ewig Ostfront
4. Ernte Den Untergang
5. Zauberelefant (***)
6. Kai Aus Der Kiste
7. Tod Senkt Sich Herab
8. Linkshänder
9. Das Allerschlimmste (***)
10. Schlangensonne
11. Brustfetichrist
[ *** Anspieltipps ]
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