Cd-Besprechung
Leserwertung: 8.2 Punkte
Stimmenzahl: 14
Eisregen sind ein Phänomen. Für die Einen sind sie schlicht und ergreifend Kult, die Anderen können vor allem mit den derben, bizarr-blutig-kranken Texten, die der Band regelmäßige Indizierungen der Alben durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bescherten überhaupt nichts anfangen und stehen ihr absolut ablehnend gegenüber. Mein erstes Eisregen-Album war seinerzeit der Zweitling „Krebskolonie“, ein Album, an dessen Klasse, Intensität und Atmosphäre die Band aus meiner Sicht leider nie wieder heran kam. Einerseits lag das wohl daran, dass man in der Folge auf die Bratsche verzichten musste, die auf dem zweiten Album noch für einen Gutteil der Atmosphäre verantwortlich war, aber andererseits waren auf den letzten Alben aus meiner Sicht auch die Songs selbst schwächer geworden, wenngleich die Band mit vereinzelt auftauchenden Perlen wie z.B. den absolut genialen Track „Mein Eichensarg“ vom „Wundwasser“ bewies, dass sie es immer noch drauf hatte. Nur eben nicht konstant über ein Album. Der Vorgänger „Blutbahnen“ kam aus meiner Sicht aber nicht über Durchschnittsniveau heraus und dementsprechend skeptisch war ich nun auf „Knochenkult“, dem neuesten, siebten Streich der Thüringer, die zudem den Weggang des langjährigen Keyboardes DF verkraften mussten. Ersetzt wir er von Dr. Franzenstein, der Eisregen-Fans bereits durch seine Tätigkeit als Drummer beim Transilvanian Beat Club ein Begriff sein sollte.
Um es vorweg zu nehmen: Auch „Knochenkult“ kann „Krebskolonie“ nicht vom Thron des besten Eisregen-Albums stoßen, ist für mich aber schon eine positive Überraschung. Geändert hat sich eigentlich nichts; die deutschen Texte wildern nach wie vor bluttriefend in tiefsten Horrorregionen, die Mischung aus kehligen Grwols und cleanem Gesang bietet die Band schon seit Langem und auch in musikalischer Hinsicht gibt es eigentlich nichts Neues zu vermelden. Schon immer wurden Death-/ Black- Elemente („Das liebe Beil“) mit balladeskeren Nummern (“19 Nägel für Sophie“) und Blast-Beat orientierten Nummern wie z.B. „Treibjagd“ gemischt.
Und trotzdem hat sich was geändert. Nämlich die Qualität des Albums bzw. der Tracks. Hatte man früher teilweise das Gefühl, dass es einzig und allein darauf ankam, möglichst schaurige Texte zu fabrizieren (die zudem teilweise etwas krampfhaft rüberkamen) und die Instrumente eigentlich Nebensache waren, so ist dies nun anders. Das Album funktioniert einfach von Anfang an. Man schiebt die CD ein und taucht hypnotisiert in einen schwarzen Abgrund ein, lauscht mit morbider Faszination den Texten, aber eben auch der Musik dahinter, die richtig stark ausgefallen ist und Instrumente und Texte endlich wieder als Einheit erscheinen lassen. Endlich mal wieder ein Album, bei dem eben nicht nur einzelne Songs überzeugen, sondern über die gesamte Distanz ein recht hohes Qualitätsniveau gefahren wird, auch wenn natürlich einzelne Songs die anderen überragen. Mein persönlicher Favorit ist „19 Nägel für Sophie“ dahinter folgen Blast-Beat-Nummern „Treibjagd“, „Das letzte Haus am Ende der Einbahnstraße“ sowie „Knochenkult“. Und auch der Sound, der mir auf den Vorgängern teilweise etwas zu dumpf ausgefallen war, stimmt dieses Mal.
Machen wir uns nichts vor: Wer Eisregen bislang nicht mochte, wird auch mit „Knochenkult“ nicht bekehrt werden können und wer sich vor allem an den Texten störte, dürfte nur weitere Munition für seine Einstellung erhalten. Wer der Band hingegen bislang aufgeschlossen gegenüber stand, wird aber wohl kaum umhinkommen, sich den neuesten Metzgerfüssel ins Haus zu holen, denn Eisregen haben nach langer Zeit endlich mal wieder ein wirklich starkes Album abgeliefert, aus meiner Sicht das Beste seit dem zweiten Eisregen-Album.
12 Punkte (von max. 15)
Jürgen , 01.10.2008
TRACKLIST
1. Stahlschwarschwanger
2. Treibjagd (***)
3. Erscheine!
4. Das liebe Beil
5. 19 Nägel für Sophie (***)
6. Sei Fleisch und Fleisch sei tot
7.Schwarzer Gigolo
8, Süssfleisches Nachtgebet
9. Das letzte Haus Am Ende der Einbahnstraße (***)
10. Knochenkult
11. Blut ist Leben (Bonus Digipack)
[ *** Anspieltipps ]
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