Konzertbericht

Evergreen Terrace, As I Lay Dying, Heaven Shall Burn - Let`s Dance

Evergreen Terrace, As I Lay Dying, Heaven Shall Burn

Let`s Dance

Bochum, Matrix
23.09.2005

Freitag, 23.09.2005 - ca. 18.35 Uhr vor der Matrix in Bochum. Die Hell On Earth Tour gastiert hier heute Abend. Es ist der Tourauftakt. Der Laden ist ausverkauft. Und eine Farbe bestimmt das Geschehen: schwarz. T-Shirts, Hosen, Haare, Fingernägel, alles pechschwarz. Die Hardcore Gemeinde weiß um ihre Dresscodes. Manche wissen etwas zu sehr darum, aber was soll’s. 6 Bands soll es heute geben. 6 x derbes Geknüppel auf die Ohren. Na das kann ja was werden. Gleich die erste Band des Abends, die hoch gelobten Nearea werden leider leider verpasst, da Blase und Magen gleichermaßen nach Entleerung bzw. Fütterung schreien. Und so landet man, es möge verziehen werden, zunächst mal beim Döner Imbiss um die Ecke.

Danach aber gleich frisch ans Werk. End Of Days haben gerade die Bühne erklommen und es kommt der Eindruck auf, dass jetzt kein harmonischer Schönklang erschallen wird. Richtig vermutet. Es gibt Metalcore. Wenige Schredder-Parts vom Metal und viel mehr Moshparts vom Hardcore. Schon jetzt herrschen dezent-tropische Temperaturen im Konzert Raum und die Luftfeuchtigkeit schraubt sich in ungeahnte Höhen. Dementsprechend fallen die Publikumsreaktionen auf das energetisch vorgetragene Set von End Of Days doch eher verhalten aus. Der Sänger entblößt sich oben rum und gibt schon beim Ansagen der Songtitel vollste Röhr-und-Gurgel-Kette. Nach ca. 35 Minuten hat der Spuk ein Ende und es hätte leider auch ein einziger, langer Song sein können, den man da gehört hat. Abwechslung geht schon irgendwie anders.

Evergreen Terrace aus Jacksonville, Florida, haben von Album zu Album das Kunststück verfeinert, heftigste New-School-Moshparts mit ins Ohr gehenden Melodien und Harmonien zu mixen. Dass dabei eben kein Screamo Scheiss rauskommt macht die Band noch sympathischer. Der heutige Abend ist das erste Gastspiel in Deutschland überhaupt und im Gepäck hat der 5er das neu-aktuelle Album Sincerity is an easy disguise in this business. Und so belohnt die Meute vor der Bühne den klaren und druckvollen Sound der Band auch mit ordentlichem Bewegungsdrang, der nach kürzester Zeit für Schweißausbrüche und Atemnot sorgt. Die Singstimme von Gitarrist Craig kommt ebenso klar durch die Boxen wie das Gebrüll von Shouter Andrew und die Double Bass mosht sich fröhlich nach vorn. Kurz vor Schluss des eigentlich viel zu kurzen Auftritts gibt es Sunday Bloody Sunday, bei dem zum ersten Mal so etwas wie ein tatsächlicher Mosh/Pogo-Pit entsteht. So sollte das eigentlich immer sein, denn wenn man mal ehrlich ist, erinnert dieses „einen Kreis bilden um die Leute, die ihre Kickbox-Moves vorzeigen“ doch eher an die Möchtegern-Hip-Hop-Gangsta-Kids, die sich im Juze beim breaken anfeuern. Nun ja, den krönenden Abschluss des ET-Sets bildet Dear Live Journal vom Album Burned Alive By Time. Schöne Sache das.

Heaven Shall Burn haben sich mittlerweile zu einem beliebten Aushängeschild des Metalcore Made In Germany gemausert und anscheinend auch schon bei internationalen Kollegen Anerkennung gewinnen können. Denn As I Lay Dying Sänger Tim Lambesis erzählt, dass sich seine Combo geehrt fühle, mit diesen Jungs die Bühne zum ersten Mal teilen zu dürfen. Zuvor haben die 5 aus Saalfeld einen überzeugenden Gig mit neuem Gitarristen und ner Menge Power abgeliefert. Und The Weapon They Fear geht live noch besser in Beine und Magengrube als auf Platte.

Nun zum Headliner der Tour und des Abends. Man mag diese Band mit der Bezeichnung „Disco-Metal“ betiteln. Man mag sich darüber beschweren, dass die mittlerweile schon ziemlich groß gewordenen Metalcore Acts aus den USA im Grunde nur eine Fortführung bzw. Ablöse der mittlerweile schon nicht mehr so großen Nu-Metal Acts aus den USA sind. Aber wie man es auch dreht und wendet, As I Lay Dying machen an diesem Freitag nichts falsch. Der Sound drückt ohne Ende, die Moshparts kommen so tight wie Peggy Bundys Leoparden-Legins aus den 80ern, die Riffs schneiden sich durch das Feuchtbiotop namens Matrix. Gleich an 2. Stelle wird der Hit 94 Hours gebracht, ein Monster von Song und teilweise so rasend schnell, das die Ohren mit der Double-Bass kaum Schritt halten können. Aber auch neue Songs wie z.B. Empty Hearts haben ihren Weg auf die Setlist gefunden und werden ebenso gefeiert, sofern es Enge und Sauerstoffmangel zulassen, wie ältere Kracher. Dazu passend gibt es ne schön protzige Stroboskop-trifft-Blutrote-Scheinwerfer-Lightshow und markige Ansagen an die ersten Reihen wie „Let`s See What You Got“ oder schlichter „Let`s Dance“. Am Ende ist man schon ziemlich mitgenommen ob der 5687 Moshparts, die man an diesem Abend gehört und über Bodenvibration auch gespürt hat. Für Fans von harter Gitarrenmusik zwischen Metal und Hardcore in verschiedenster Ausführung hat sich die Zeit definitiv gelohnt und es hat sich wohl niemand unzufrieden nach Hause geschleppt. Auch ein Verdienst der umtriebigen M.A.D. Tourbooking Agentur, welche die Hell On Earth Tour auf die Beine gestellt hat. Wollen wir hoffen, dass dies im nächsten Jahr wieder so überzeugend gelingt.

Bogatzke 27.09.2005

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