Interview

Asian Dub Foundation - John Ashok Pandit G

Asian Dub Foundation

John Ashok Pandit G

Anlässlich des Konzerts vom 23.04. in der Centralstation Darmstadt interviewten wir den ASAIAN DUB FOUNDATION-DJ PANDIT G, der übrigens mit vollem Namen JOHN ASHOK PANTID heißt und sehr aufgeschlossen war.

BR:PANDIT G, kannst Du uns etwas über die Bandgeschichte erzählen?
P:Oh, Bandgeschichte (lacht), ja das ist ne Menge, ihr meint von 1993 an. Das wird Tage dauern!

BR:Na gut, ihr habt seit dem letzten Album einige Bandmitglieder ausgetauscht.
P:Ja, okay. Mit dem derzeitigen Line-Up sind wir jetzt zweieinhalb Jahre zusammen. Aber die Jungs sind mit uns sowieso schon unterwegs gewesen. Es gab immer schon Wechsel bei ADF, es ändert sich andauernd. Also z.B. MC Spex ist schon etwa 3 Jahre bei den Shows dabei und Rocky die letzten zweieinhalb Jahre.

BR:Dazu kommen ja immer noch Gastmusiker wie z.B. SINEAD O´CONNOR auf "Enemy of the Enemy".
P:Oh, was? Sie soll mit uns spielen? Nein, nein, sie ist mit MASSIVE ATTACK unterwegs und wäre außerdem zu teuer für uns. Auf der Platte ist sie drauf, ja, aber wir haben immer viele Gastmusiker dabei. Natürlich nehmen wir die nicht alle mit auf Tour. Da sind schon sieben auf der Bühne, das wäre ziemlich eng. Aber wir sind ständig an irgendwelchen Projekten und da war z.B auch eins mit SEEED, die waren auch schon Vorgruppe.

BR:Wieso ist Deeder (Anm.: Ex-Vocalist bei ADF) ausgestiegen?
P:Weil er so entschieden hat. Er wollte was anderes machen, das ist einfach so. Wisst ihr, als er bei uns anfing, war er 14 Jahre alt – er hat eine lange Zeit mit uns verbracht. Wenn man jung ist, will man viele verschiedene Dinge ausprobieren. Wir „Älteren“ bewerten die Sache hier höher – wir haben mehr erlebt, verschiedene Jobs gemacht und sind zufrieden bei ADF. Außerdem sind wir eine hart arbeitende Band: Wir sind andauernd auf Tour, machen mit verschiedensten Leuten Musik und das ist manchmal schwierig, wenn man jung ist, es ist ne Menge Druck auf einem.

BR:Touren ASIAN DUB FOUNDATION auch in Asien?
P:Nein, wir waren noch nicht in Indien, Pakistan oder Bangladesch. Wir nannten uns ASIAN DUB FOUNDATION, weil unsere Leute aus verschiedenen Gegenden mit verschiedenen Religionen und verschiedenen geschichtlichen Hintergrünen kommen und das gemeinsame, das uns verband, war, das unsere Wurzeln aus Asien stammten. Wir alle waren und sind betroffen von dem, wie man mit Asiaten in Groß-Britannien umgeht. In England geht es um mindestens die 4. Generation Asiaten, die dort lebt, und es ist wichtig, wie die Leute miteinander umgehen. Aber um zur Frage zurückzukommen, wir werden vielleicht auch mal in Asien spielen, wir werden sehen.

BR:Ihr seid eine sehr politische Band?
P:Meint ihr?

BR:Naja, fast jeder Kommentar zu ADF erwähnt, dass ihr politisch seid.
P:Jaja, das ist einfach. Das Problem ist, sobald ein Journalist sagt, man sei politisch, sagt es jeder. Man steckt Dich in eine Schublade, fertig. Niemand sagt, JAMES BROWN sei politisch, nur weil er so was gesungen hat wie “I´m black and I´m proud“. Keiner nennt BOB MARLEY politisch, obwohl er politischer war als viele andere. Wir denken, dass Journalisten Bands wie uns, die sich trauen Probleme und wichtige Themen anzusprechen, mit einem Schlagwort versehen: „politisch“. Und was bedeutet es? Es bedeutet nichts. Was sind wir denn? Rechter Flügel, linker Flügel? Es bedeutet nichts. Alles was wir tun, ist darüber zu sprechen, was passiert. Das machen wir geradeheraus. Wir mögen diese Etikett „politisch“ nicht besonders, es setzt viel voraus, zum Beispiel Teil einer politischen Linie zu sein. Das sind wir nicht wirklich. Wir sind Teil von Anti-Kriegs-Bewegung und Anti-Globalisierungsbewegung. 200.000 haben in London gegen den Krieg demonstriert, das sind nicht nur „Politiker“ gewesen. Wieso will man keinen Krieg? Es ist ein Gefühl, für Krieg gibt es keinen Grund. Das beschäftigt die Leute, uns auch. Wir machen einfach unsere Sache.

BR:Der Sound von ADF ist sehr interessant und variiert stark. Welche Einflüsse von anderen Bands greift ihr auf?
P:Wir sind alle Musik-Fanatiker. Wir lassen uns von einem extrem breiten Spektrum beeinflussen.

BR:Und speziell?
P:Wir denken, es steckt etwas Gutes in jeder Musik. Musik ist etwas, was Menschen gemeinsam haben, es ist verknüpft miteinander: Drum & Bass, Raggae, Jungle, HipHop, das ist alles miteinander verbunden, enthält Gemeinsamkeiten. Wir spielen das alles, nicht nur etwas spezielles.

BR:Wie passiert euer Songwriting? Kommt einer daher und sagt, er habe ne Idee?
P:Naja, manchmal. Wir haben alle Ideen. Es kommt irgendwie zusammen und man tauscht sich aus, viele der Ideen sind Müll, jeder hat ne Menge Ideen und wir picken das Beste raus. Wir machen viel in kleinen Gruppen, mit anderen Leuten, die wir gerade treffen.

BR:Schreibt ihr während der Tour?
P:Ja, wir sind andauernd an neuen Songs. So kommen so viele Sachen zusammen, dass wir davon nur wenig veröffentlichen können. Ein Album alle paar Jahre, da passt nicht alles drauf.

BR:Ihr spielt dieses Jahr Festivals in Deutschland?
P:Ich glaube schon. Ich weiß gar nicht, welche.

BR:Spielt ihr lieber im Club oder auf nem Festival?
P:Also bei einem Festival sind ne Menge Musiker da, das gefällt uns. Es ist wie im Supermarkt: Hier gibt es diesen Sound, da den nächsten. Die Festivals sind aber unterschiedlich: Es gibt sehr, sehr gute und es gibt welche, bei denen die Ausrichter nur nach dem Gewinn gehen. Man kann also in Griechenland, Frankreich, Deutschland und England auf Festivals gehen und sieht die gleichen Headliner-Bands. Deshalb mögen wir lieber etwas exotischere Festivals. Z.B. Summer Splash, ich glaube das findet in Köln statt, ein Reggae-Festival. Bei kleineren Auftritten ist die Verständigung mit dem Publikum besser.

BR:Was denkt ihr über USA und GB im Irakkrieg und im Bezug auf die Lage im vorderen Orient?
P:Oh, fuck. In GB gibt es die „Stop War Coalition“ seit dem Anschlag vom 11. September, es gab im Februar Massendemonstrationen von nie dagewesener Größe in London. Trotzdem unterstützt Tony Blair immer noch George Bush. Und jetzt, wenn man britische Fernsehsender schaut, sieht man zwei Dinge: Sie [Regierungsvertreter USA/GB] sind so glücklich und überzeugt von dem, was sie tun, es ist widerlich. (Unser Interviewpartner schüttelt den Kopf) Als zweites: Die Friedensorganisationen werden untergraben. Es ist eine harte Zeit, nachdem der Krieg so schnell ging.
Demokratisch gesehen waren in Groß-Britannien 80% der Menschen gegen den Krieg. Was ist die Bedeutung dieser Demokratie?
Und die Konsequenzen im Irak? Also der Irak besteht aus verschiedenen Regionen und Stämmen, verschiedenen Volksgruppen. Er ist in diesem Sinne kein gewachsenes Land, seine Grenzen wurden von den Briten gezeichnet. Vor 80 Jahren, es ging nur um Öl, als das Osmanische Reich zusammenbrach, wurde der Vordere Orient aufgeteilt. Syrien ging an die Franzosen und Irak an die Briten. Und die Briten gaben einer Minderheit die Macht im Irak: den Sunniten, eine islamische Gruppierung, die ca. 15% der Bevölkerung ausmachte. Die Region bestand aus „Stadtstaaten“, wie im Mittelalter. Um einen besseren Seeweg zu erhalten, errichteten die Briten ein neues Königreich, Kuwait.
Ein neuer Imperialismus und Kolonialismus zeigt sich heute. Ziemlich viele Leute haben sich dagegen ausgesprochen. Trotzdem geht es weiter. Deshalb ist die Gefahr da, dass sich viele dieser Menschen sagen: Wieso mache ich mir Gedanken über Politik, wenn es keinen Nutzen hat? Ne Menge besonders engagierter Leute sind vor den Kopf gestoßen worden, das ist nicht gut. Das nächste Ziel könnte Syrien sein oder etwas anderes, wie ein Bürgerkrieg im Irak. Da werden Anti-Kriegs-Aktivisten gebraucht. Es ist eine sehr besorgniserregende Zeit. Und wir versuchen, diese Themen immer wieder anzusprechen, damit sie im Gespräch bleiben. Auch die Antiglobalisierungsbewegung und der Kampf gegen Rassismus. Diese Dinge sind wichtig, jeden Tag. Denn wenn es so weiter geht, werden wir bald wieder beim Britischen Imperium sein.

BR:Danke für das aufschlussreiche Gespräch!
P:Ebenso, bis nachher!

Burkhard Fückel09.05.2003

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