Cd-Besprechung

Ron Sexsmith

Retriever

V2 Records
Vö: 03.05.2004

Bewertung: 14 Punkte
Leserwertung: 11.5 Punkte
Stimmenzahl: 2

Ron Sexsmith? Wer? Nie gehört! Das sind wohl die üblichen Reaktionen, wenn man den kanadischen Singer/Songwriter als einen seiner liebsten Künstler preist. Dabei gehören zu seinen Bewunderern so illustre Größen wie Elvis Costello, Paul McCartney, Travis oder Coldplays Chris Martin. Ähnlich wie die Genannten hat sich Sexsmith auf seinen mittlerweile sieben Alben der romantischen Melancholie verschrieben. Mit einer unverwechselbaren Stimme gesegnet, singt er zeitlos schöne Lieder voller Sentiment und Melodie. Ein Platz im Songwriter-Olymp sollte ihm mit „Retriever“ nun endgültig nicht mehr zu nehmen sein.

War Sexmith bisher auf all seinen Alben ein Entdecker der Langsamkeit, lässt er es auf „Retriever“ ab und an auch einmal beschwingter zu gehen. In „Happiness“, einer Hymne auf die heilende Kraft der Liebe etwa. Am Größten ist Sexsmith aber weiterhin immer dann, wenn er wie in „How on earth“ seinem wohl schönsten Song ever, den großen Zweifler und Liebeskranken gibt. Oder sich wie in „Hard Bargain“ und der famosen Soulballade „Whatever it takes“ durch schwierige Beziehungen kämpft. Denn zu vorderst ist Sexsmith ein glühender Romantiker, der von der ewigen Liebe träumt („Tommorow in her eyes“).

Über die Liebe hinaus vermag es Sexsmith in seinen Songs aber auch einen treffsicheren Blick auf gesellschaftliche Probleme zu werfen. So heißt es in „From now on“: „We are afraid to speak our minds / for fear of falling on / the wrong side of opinion / where has freedom gone”. In „Wishing Wells” wirft er die bange Frage nach besseren Zeiten auf, in denen Blutdurst, spurlos verschwundene Kinder und unwürdige Realityshows von der Bildfläche verschwunden sind. Und „For the driver“ ist eine großartige Hymne für alle gesellschaftlichen Außenseiter: „For the most unloved I feel“.

Bei manch einem werden spätestens jetzt die Gutmenschen-Scheuklappen hochgehen. Ich halte es da allerdings lieber mit Sexsmith selbst, der im finalen „I know it well“ verkündet: „When your heart’s retreating / From this lonely world / That’s the time you must stay / For it needs you / It needs you“. Naiv? Nein, wunderbar!

14 Punkte (von max. 15)

Sven Rindfleisch, 11.05.2004

TRACKLIST
1. Hard bargain
2. Imaginary friends***
3. Not about to lose
4. Tomorrow in her eyes***
5. From now on
6. For the driver
7. Wishing wells
8. Whatever it takes
9. Dandelion wine
10. Happiness***
11. How on earth***
12. I know it well
[ *** Anspieltipps ]