Special
Metalfest Open Air
Trotz Wetterchaos super Stimmung oberhalb des Rheintals
Nach einer etwas verkorksten Premiere startete das Metalfest Open Air dieses Jahr zum zweiten Mal im altehrwürdigen Amphitheater der Frelichtbühne Loreley. Und dieses Mal hatte sich der Veranstalter wirklich so einiges vorgenommen, wollte er doch soviele Anregungen der letzten Festivalversion wie möglich umsetzen. Man darf auch wirklich jetzt schon sagen, dass mit dem Metalfest 2013 durchaus eine neue Dimension der Metalfestivals auf der Loreley ins Leben gerufen wurde. Aber erst mal eins nach dem anderen.
Viele von uns hatten sich für das Wochenende vom 20. bis zum 22. Juni 2013 wohl nicht sehnlichter gewünscht, wie endlich mal ein langes, regenfreies Wochenende. Und fast hätte dies auch geklappt. Die ersten festivalwütigen Besucher, die bereits am Vortag des Festivals angereist waren, um ihre Zelte aufzuschlagen und sich gemeinsam mit den anderen Campern warmzufeiern, schienen da tatsächlich Glück gehabt zu haben. Außer ein paar wenigen Tropfen und der ein oder anderen Windböe, gab es wohl keinen Grund zum Klagen. Statt dessen musste man wohl eher mit großer Hitze und teilweise längeren Wegen vom Auto zum Zeltplatz kämpfen, da das Auto aus Sicherheitsgründen nicht direkt neben der Behausung geparkt werden durfte. Als Belohnung konnte man sich aber durchaus auf das ein oder andere kühle Bier freuen, sofern die Kühlboxen nicht schon den Geist aufgegeben hatten.
Nach einer ersten durchgefeierten Nacht gab es dann am 20. Juni den Startschuss für die ersten Konzerte. Und obwohl die Campingflächen, als auch die Parkplätze gut gefüllt waren, schienen sich die Metalfans bei dem Betreten des Festivalgeländes doch eher zurückzuhalten. Am Lineup konnte es eigentlich nicht liegen, denn auch wenn der Veranstalter von zwei Bühnen auf eine zurückgeschraubt und dafür aber die Ticketpreise angehoben hatte, gab es im Lineup wirklich für jeden was - vom Mittelalterrock-Fan bis hin zum eingefleischten Deathmetaller. Und wo wir auch schon beim Thema sind: der Musik.
Los ging es Donnerstags mit den Jungs von Kissin Dymnamite, die sich gegen kurzzeitig einfallenden, starken Regen wehren mussten. Trotzdem schaffte es die Sleaze Metal Band einige Metalfans gepannt vor die Bühne zu ziehen und diese mit ihrer jung-dynamischen Bühnenshow zu überzeugen. Von der Musik besänftigt, ließ der Wettergott auch wieder die Sonne auf das Festivalgelände scheinen, so daß sich dieses allmälich stärker füllte. Aber trotz der zum Teil aufreizenden Show der Feuerschwanz-Miezen, konnte die Mittelalterrockband Feuerschwanz die Anwesenden nicht so recht überzeugen. Mit Witchcraft zogen am Donnerstag erstmals harte, dunkle Geschütze auf die Bühne des Open Air Geländes ein, die gefolgt von Equilibrium aber wieder deutlich aufgeweicht wurden. Kultig wurde es dann hingegen mit Six Feed Under. Die US-Deathmetaller wurden vom Publikum frenetisch gefeiert und lieferten, vom Jubel angeheizt, eine wahrlich grandiose Show ab.
Durch das von Six Feet Under angeheizte Publikum hatten es Paradise Lost fast schon einfach und mussten sich eher weniger um eine ausgefallene Bühnenshow kümmern. Dennoch schien Nick Holmes gerade zu einen fantastischen Tag gehabt zu haben, denn er zeigte sich ungewöhnlich locker und entspannt. Am Ende verließen viele der Paradise Lost Fans ein wenig enttäuscht das Infield vor der Bühne, hatten die Briten doch auf einige ihrer größten Hits verzichtet. Ganz anders Iced Earth. Frontmann Stu Block zog die metalbegeisterten Festivalbesucher binnen kürzester Zeit in seinen Bann. Mit einer von vorne bis hinten stimmigen Setlist hoben die Musiker ihre Fans in den 7. Metalhimmel - jedenfalls wirkte es ganz so, wenn man in die freudestrahlenden Augen der Besucher schaute. Und auch wenn Iced Earth vielleicht nicht mit den Headlinern in einem Atemzug genannt wurden, so waren sie ganz sicher eines der Highlights auf diesem Event.
Stilsicher und fast schon klassisch wurde es dann mit der Queen Of Metal Doro Pesch, die gewohnt aufgedreht über die Bühne wirbelte und einen ihrer Hits nach dem nächsten in Mikro ballerte. Schön und durchaus die Möglichkeit mal wieder etwas durchzuatmen. Jedoch wurde diese Verschnaufpause durch einen ewig andauernden Soundcheck bei Testament unnötig in die Länge gestreckt. Kaum hatten die US-Thrashmetaller angefangen die Bühne in Schutt und Asche zu spielen, zog passend zum düsteren Sound eine überdimensionierte Wolke über der Loreley auf, die blitzartig ihre Schleusen öffnete und die anwesenden Festivalbesucher nur so in Regen und starken Windböen einhüllte. Und auch wenn der eigentliche Headliner des Abends noch anstand, so flüchteten immer mehr Menschen aus dem Amphitheater um Schutz in ihren Zelten oder Autos zu suchen. Die wenigen, die sich selbst durch den Regen nicht haben verschrecken lassen mussten dank einer erneuten Verzögerung viel zu lange auf ihre Idole Children Of Bodom warten. Irgendwie konnten einem die Finnen schon leid tun, konnten sie nur noch auf eine Hand voll Fans blicken, die sich auch noch mit einem verkürzten Set zufrieden geben mussten. Durch die Verzögerungen bei Testament standen den Deathmetallern leider nicht mehr die volle Spielzeit zur Verfügung. Dafür gab es neben der neuen Single "Transference" wirklich nur ein Best of des Best ofs der Finnen, denn pünktlich um Mitternacht viel der Hammer und somit war der erste Festivaltag beendet.
Nach dem Wetterchaos des Vortags begann der zweite Tag des Metalfests wiedererwartend äußerst verheißungsvoll. Neben viel Sonnenschein, gab es nur vereinzelte kleine Tropfen zu verbuchen, was die Partylaune der Festivalgänger deutlich anzuheben schien. Los ging es mit Delain, denen aber ein großer Besucheransturm auf dem Festivalgelände verwehrt blieb. Mussten doch viele der Camper ihre Wunden des Vortags lecken. In ihren lustigen Bühnenkostümen stürmten danach die Grailnights die Bühne und versuchten mit ihrer zum Teil illustren Bühnenshow die wenigen Anwesenden zu bezirzen. Wer diese Art von "Polkametal" mag, für den war es ein Fest, für alle anderen bot sich die Chance sich für den kommenden Tag zu stärken oder gepflegt im Biergarten zu chillen. Die darauf folgenden Majesty versuchten ganz im Sinne von Manowar, so kam es jedenfalls rüber, mal wieder jedes Klischee eines harten Metallers zu bedienen. Musikalisch lief das soweit auch ganz gut, jedoch fällt es einem schwer die Show nicht ohne ein Schmunzeln hinter sich zu bringen.
Die deutschen Pagan-Metal-Band Varg schien dagegen schon einen Vorgeschmack auf den kommenden Tag und damit Turisas geben zu wollen. Bemalt wie zu besten Kriegszeiten stürmten die Musiker die Bühne und rockten, als ginge es um Leben und Tod. Ein wenig kultig wurde es danach für viele mit dem Auftritt von Peter Tätgrens Band Hypocrisy - übrigens die einzige Band im Lineup, die bereits im Vorjahr Teil des Metalfests sein durfte. Gut so, denn Peter Tätgren fesselte das Publikum vom ersten bis zum letzten Takt mit einem Set bestehend aus neuen Songs, als auch Klassikern aus der Bandgeschichte. Im Anschluss wurde es pink. Nicht gerade die passende Farbe für eingefleischte Metalfans, jedoch macht man bei JBO immer mal wieder eine Ausnahme. Dafür gab es eine Dosis fränkischen Fun-Metal auf die Ohren der sich gewaschen hatte. Mit "Geh'n Mer Halt zu Slayer" wurde der Spannungsbogen bis zum Headliner des Tages nicht minder aufgebaut. Die im Anschluss spielenden Soulfly um die Sepultura Legende Max Cavalera schienen mehr von ihrem früheren Ruhm zu zehren, wie durch neue aufwendige Songakrobatiken. Klar freut man sich über jeden guten alten Hit und wundert sich zurecht über die immer noch beachtliche Leistung, die Herr Cavalera da abliefert, dennoch fehlt insgesamt der richtige Pep.
Allerfeinsten Heavy Metal lieferten etwas später dann Accept. Und nicht nur die anwesenden Fans schienen eine wahre Freude an dem Set der 5 Musiker zu haben, denn selbst die Band strahlte eine wirkliche Spielfreude aus, die einfach ansteckend war. Den kröhnenden Abschluss fand der zweite Metalfesttag jedoch ganz klar im lang erwarteten Auftritt von Slayer. Plötzlich schien es wie durch eine Explosion, dass sich das Amphitheater in ein Menschenmeer verändert hatte. Obwohl Slayer sichtlich durch den Verlust ihres Bandkumpanen Jeff Hanneman gezeichnet war, tobte ein wahres Thrash-Metal-Gewitter auf die anwesenden Fans ein. Aber wer die Band kannte, der wusste auch, dass dies kein Gig der Musiker war, wie man ihn sonst kannte. Slayer präsentierten sich ungewohnt ruhig und sachlich, so daß hier und da gar ein wenig Monotonie aufkam. Durchbrochen wurde dies immer wieder durch Klassiker wie "Raining Blood" oder "Angel Of Death", bei dem die Band ein Banner im Stile des Heiniken Logos in Gedenken an Jeff Hanneman hisste. Aufgeheizt von soviel Metal verlagerten die vielen Festivalbesucher die Party vom Amphitheater nun auf den Campingplatz, wo bis in die frühen Morgenstunden eifrig weiter gefeiert wurde.
Das nicht nur die ganz Großen abrocken können, bewiesen am letzten Tag des Festivals auch Skullboogey, die dank des Gewinns des Radio Bob Bandcontests ebenfalls einen Slot beim Metalfest ergattern konnten. Und obwohl sich zu so früher Stunde eher wenige Metalfans ins Amphitheater verlaufen hatten, war die Aufregung der Musiker deutlich zu spüren. Und trotzdem hämmerten sie ein hartes Set zusammen, dass sich wahrlich hat sehen lassen. Aber auch Kadavar, die sich ihren Platz im Metalzirkus bereits erspielt haben und eindrucksvollen Old School Hardrock ablieferten, hatten deutlich mit den wenigen, leicht lethargisch wirkenden Festivalgängern zu kämpfen. Thrashiger, aber nicht wirklich voller wurde es bei Essence. Die Dänen wirbelten im Stile Exoduses über die Bühne, was durchaus den ein oder anderen Gefühlsausbruch bei den Anwesenden verursachte.
So richtig fett abrocken tat die übersichtliche Menge dann aber erstmals bei Krisiun, die ihre Death Metal Songs in ungeahnte Höhen schraubten. Trotz eines dicken Kopfs und starker Sonneneinstrahlung musste man hier mitmoshen. Bei Suicidal Angels schien dann aber wieder ein wenig die Luft draußen gewesen zu sein. Statt das Haupthaar ordentlich zu den Thrashmetalklängen mitkreiseln zu lassen versuchten die Festivalbesucher irgendwie die noch verbleibende Energie an den Getränkebuden aufzufrischen. Das ließ die Band aber unbeeindruckt. Statt dessen zogen sie ihre energetische Show mega-professionell durch.
Auch wenn ich mir selbst ein kleines Päuschen zugestehen musste, wollte ich mir die Show von Threshold nicht entgehen lassen. Viele andere dachten da wohl anders und verkrümmelten sich lautlos in den Biergarten oder gen Zelt. Schade, denn die Prog-Metal-Show war gerade für jeden Fan von gitarrenlastigen Sounds schlichtweg paradisisch. Und als hätte es einen Schlag getan, füllte sich das Amphitheater an der Loreley schlagartig zum ersten Riff der finnischen Metalkombo Turisas. Mit ihrer Kriegsbemalung schienen die Musiker sich unbeirrt auf den Weg zu machen, die nun wieder feierwütigen Festivalbesucher von ihrer musikalischen Mission zu bekehren - die nicht impossible, aber durchaus gelungen war. Wer dieser Tage Metal hört, der kommt kaum um eine Band herum: Kvelertak. Wer bis dahin noch in Trance auf einem der oberen Ränge verharrt hatte, bekam hier mal so richtig den Gehörgang durchgepustet. Für Bandneulinge war dies aber wohl etwas zuviel des Guten, so daß der ein oder andere dem Freilufttheater entfloh und sich unter einem der wenigen Bäume ein schattiges Plätzchen zum relaxen suchte.
Zu Wintersun strömten dann aber wieder viele zurück vor die Bühne. Neben gefühlvollen Melodien gab es hier harte Gitarrenriffs und wild moshende Metalfans en gros. Vielleicht diente dies zur Einstimmung an das was nun kam, vielleicht lag es auch nur an der wiedergewonnenen Energie der Metalheads, dass es nun wieder voller wurde. Okay, wer sich Saxon entgehen ließ ist wohl selbst dran Schuld, rockten die alten Herren derber über die Bühne als so manche ihrer jungen Kollegen. Da kam direkt wieder das Wacken-Feeling des letzten Jahres auf. Trotz einiger neuerer Songs verpassten die Musiker den Festivalgängern eine hammerharte Metalshow, die selbst Saxon-Neulinge in den Bann gezogen haben muss. Den finalen Glockenschlag durften die Mittelalterrocker Subway To Sally dem Metalfest verpassen. Und hier schieden sich die Gemüter. Was zum Teufel hatte bloß so eine Mittelalterkombo auf einem Metalevent zu suchen? Das fragte man sich schon so oft auf den diversen Metalfestivals und dennoch wurde stets wild abgefeiert, kannte man doch den ein oder anderen Song durchaus. So auch an diesem Tag. Subway To Sally nutzten die Gelegenheit und ballerten einen Hit nach dem nächsten aus den Boxen, so daß selbst die mürrischsten Metalheads eingestehen mussten, dass die Band ihr Handwerk versteht.
Und damit war das Metalfest Open Air 2013 auf der schönen Loreley schon wieder zu Ende. Schade, denn man hätte nun durchaus noch den ein oder anderen Tag weiterfeiern wollen. Dies lag zum einen an der tollen Stimmung, den Hammerbands, aber auch an der wirklich grandios verbesserten Organisation vor Ort. Man spürte kaum Ungereimtheiten. Statt dessen gab es für alle Probleme unbürokratische Hilfe, so daß man wirklich entspannt feiern konnte.
Ein so tolles Festival auf der Loreley? Gerne wieder. Und auch wenn es noch ein Jahr dauert, so fiebert man jetzt schon auf das metalfest Open Air 2014 hin, dass hoffentlich wieder die altehrwürdigen Höhen der Loreley sein eigen nennen wird.
Kitty N., 16.07.2013
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