Konzertbericht

Ein warmer Juni-Abend mit Musik von Ted Leo, dem Guten. Was will man mehr? Der Biergarten vorm Schocken ist schon weit vor dem Einlass gut gefüllt mit typischem Konzertpublikum, dazwischen treiben sich die Bands des Abends rum. Es scheint, als wäre der Sonnenuntergang auch der Grund für den um mehr als eine Stunde verspäteten Konzertbeginn gewesen, aber wer sich darüber ärgern konnte, wurde spätestens mit der großartigen Vorband The Flesh entschädigt. Drei Kerle an den Rockinstrumenten, eine optisch und stimmlich gewaltige Frau an Mikrofon und Tastenkasten. Sie begannen mit mehr oder weniger gewöhnlichen Punkrock, um dann schnell klarzustellen, dass hier mehr dahinter steckt: Vertrackte Beats, Synthie-Einsatz und das, was früher als Rhythm&Blues bezeichnet wurde gaben sich die Klinke in die Hand, als würden The Sounds im Jazzclub spielen oder die Cardigans ihren Verzerrer aufdrehen. Verwunderlich war es also kaum, dass die Ansage "Looking forward to see Ted Leo?" seltsam unbejubelt blieb. Nach einer halben Stunde war dann Schluss mit The Flesh, also ab zum Merch-Stand, wo einem das nächste Lächeln aufs Gesicht gezaubert wurde. Nach einem moderaten Ticketpreis von 14 Euro gabs CDs und T-Shirts für 10, einen Pulli für 20 Euro. Das lobt sich der finanziell gebeutelte RocknRoller!

Ted Leo war laut Ansage seit zehn Jahren nicht mehr in Stuttgart. Viele der Anwesenden hatten diesen letzten Auftritt wohl noch erlebt, da ein nicht unwesentlicher Teil des Publikums wie Leo selbst die dreißig schon weit überschritten haben. Die Band sollte ihnen an diesem Abend alles abverlangen. Die schnellen Songs (also fast alle) wurden wesentlich schneller als auf den Platten gespielt, wodurch sich der eher leichte Indierock live zur wilden Punkrockshow entwickeln konnte. Drummer Chris' Hände waren kaum noch zu sehen, Ted Leo selbst tanzte, sprang und zuckte in den engsten Jeans die er im Schrank hängen hatte, lediglich Bassist Dave guckte das ganze Konzert über vernebelt in die Luft - Kontrastprogramm? Egal. Der Fokus lag auf den Songs der beiden letzten tollen Alben "Shake The Sheets" und "Living With The Living", wobei die neuen Songs wie das großartige "Bomb Repeat Bomb" genauso abgefeiert wurden wie die Klassiker "Heart Problems" oder "Me And Mia". Dass bei letzterem Stück, mittendrin Leo's Verstärker streikte, störte wohl nur ihn selbst. Alle anderen freuten sich über eine bestens aufgelegte Band, die an diesem Tag jede Anfang-Zwanzig-Styler-Kapelle an die Wand gerockt hätte. Nach guten 75 Minuten wurden die Zuhörer mit einem Grinsen auf den Lippen in die immer noch warme Nacht entlassen. Also: Ted Leo And The Pharmacists: Bitte so weitermachen und The Flesh: Bitte schnell groß werden!

Benedikt Ernst, 16.06.2007

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