Cd-Besprechung

Ted Leo & The Pharmacists - Shake The Sheets

Ted Leo & The Pharmacists

Shake The Sheets

Lookout! / Cargo
  Vö: 28.02.2005

Bewertung:  9 Punkte
Leserwertung:  8.0 Punkte
Stimmenzahl: 1

Wie hat man sich eigentlich als Laie einen Punk vorzustellen? Ted Leo war angeblich mal einer. Trug er einen Iro und zog er mit Hunden durch die Stadt – stets dreckig und ungepflegt? Nein, das bestimmt nicht. Oder war er ein beinahe geleckter Privilegien-Punk wie sie sich in vielen neueren Bands dieses Genres finden? Nein, das gewiss auch nicht. Sei es drum. Die Zeiten als Punk sind für Ted Leo ohnehin weitgehend gegessen, zumindest was das engere musikalische Begriffsverständnis anbelangt.

„Aber Moment mal...“ wird nun mancher launisch einwenden. „Der benutzt doch Gitarre und tut sich mit Politik und Gesellschaftskritik befassen!“ Oh ja, wie revolutionär. Das tut Ted Leo natürlich auch heute noch. Musikalisch ist er aber längst dort angelangt, wo es offenbar viele Ex-Punks hinzieht: im Power-Pop Wunderland, jenem Ort der von Allüren befreiten Melodieverliebtheit.

Große Gefühle kann dieses Album auslösen. So etwa im wunderbar euphorischen Opener „Me And Mia“ oder dem Titelstück „Shake The Sheets“. Wenn Leo den Hörer mit Zeilen wie „Do you believe in something beautiful? Then get up and be it.“ förmlich die gute Laune aufzuzwingen sucht, dann meint man für einen Moment wirklich, die Sonne ginge soeben im eigenen Herzen auf. Songs wie „The One Who Got Us Out“ und „Heart Problems“ lassen die Verwurzelung im Punk noch deutlich zutage treten, sind aber vielseitiger arrangiert und weisen vor allem mehr Brüche im Songwriting auf, als es bei den üblichen Punk-Verdächtigen der Fall ist. Jedoch gilt auch hier: Ausnahmen bestätigen die Regel. „The Angel’s Share“ ist zwar gleichermaßen eingängig, gibt jedoch Zeugnis von recht mittelmäßigem Songwriting. Ein Kontrast, der sich auf dem gesamten Album verfolgen lässt. Große Melodien und intelligente Songstrukturen finden hier ebenso Platz wie vereinzelte Kreativausfälle.

Wenngleich einigen der hier enthaltenen Kompositionen der letzte Pfiff fehlt, der sie zu wirklich zeitlosen Songs machen würde, so bleibt „Shake The Sheets“ ein nett anzuhörendes Album, das weiß Gott nicht übel aufstößt, zu längerfristiger Ekstase aber leider keinen Anlass gibt. Aber wer wäre man, Ted Leo hieraus einen Strick zu drehen? In der richtigen Dosis und zur rechten Zeit genossen, mag dieses Album durchaus zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Linderung nahezu sämtlicher Zivilisationskrankeiten beitragen.

9 Punkte (von max. 15)

Martin Baum27.02.2005

TRACKLIST
1. Me And Mia ***
2. The Angels' Share
3. The One Who Got Us Out
4. Counting Down The Hours ***
5. Little Dawn
6. Heart Problems
7. Criminal Piece
8. Better Dead Than Lead
9. Shake the Sheets ***
10. Bleeding Powers
11. Walking To Do
[ *** Anspieltipps ]

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