Interview

Sacred Steel

Zurück in der Spur

Mit „Carnage Victory“ hat das schwäbische Metal-Urgestein Sacred Steel soeben einen weiteren Longplayer in die Läden gewuchtet. Grund genug für uns, den Jungs in Person von Sänger Gerrit Mutz mal ein wenig auf den Zahn zu fühlen:

Bizarre-Radio: Zunächst einmal meinen Glückwunsch zum neuen Album. Nachdem der Vorgänger „Hammer Of Destruction“ für mich euer bisheriges Highlight darstellte, finde ich, dass ihr mit „Carnage Victory“ noch mal ein Schüppchen draufgelegt hat. Offenbar haben sich die beiden Neuzugänge Jonas und Kai gut in die Band integriert.

Gerrit: Danke. Ich denke auch, dass das neue Album mit zum Besten gehört, was wir bislang gemacht haben. Und, ja, die Zwei haben sich mehr als gut eingelebt. Jonas hat sich ja sogar inzwischen vom Neuzugang zum Hauptsongwriter gemausert.

Bizarre-Radio: Zum Zeitpunkt dieses Interviews ist „Carnage Victory“ ja schon zwei Wochen auf dem Markt. Zudem gab es am 22. Oktober eine Special Release-Party in der Ludwigsburger Rockfabrik Wie waren denn so bislang die Reaktionen auf das Album?

Gerrit: Gespalten wie immer. Die einen finden das Album super, die anderen zum Kotzen. Das ist aber auch durchaus gut so. Wir polarisieren lieber und wollen es sicher nicht jedem Recht machen. Charakter statt Konsens. Die Release-Party lief auch sehr gut.
Bizarre-Radio:Ich habe den Eindruck, dass sich der Schwerpunkt der neuen Songs thematisch wieder mehr in die okkulte bzw. anti-christlkiche Richtung bewegt, auch wenn das Cover da eine etwas andere Richtung suggeriert. Vor allem der Track „Broken Rites“, der über pädophil veranlagte Priester handelt, ist starker Tobak. Gab es einen konkreten Anlass für diesen Song?

Gerrit: Der Eindruck täuscht dich nicht. Ich wollte einfach vermehrt dieses mal Themen ansprechen, die mich schon länger ärgern. Dass das Christentum trotz seiner verbrecherischen Geschichte in unserem Kulturkreis immer noch einen derart starken Einfluss hat ist für mich als Atheisten schon belastend. Kirche und Staat sollten strikt getrennt sein. Leider ist dem nicht so. Oder wie kann es sein, dass bei uns zum Beispiel die Erstklässler am Tag Ihrer Einschulung generalstabsmäßig erst einmal in die Kirche geschleift werden? Auf die Thematik von „Broken Rites“ bin ich beim Surfen im Internet gestoßen. Es gab in Australien einen verdienten und angesehenen Priester, der von der Kirche gedeckelt über 50 Jahre Kinder missbraucht hat. Im Zuge der Ermittlungen kam ans Tageslicht, dass er kein Einzelfall war. Bei weitem nicht. Über 100 Priester wurden in Folge ebenfalls derartiger Taten überführt. Unfassbar. Fuck the church.

Bizarre-Radio: Nachdem ihr für „Hammer Of Destruction“ ja mit Harris Johns zusammengearbeitet habt, seid ihr für „Carnage Victory“ wieder zu Achim Köhler zurückgekehrt. Was war der Grund?

Gerrit: Der Sound von „Hammer…“ war uns im Nachhinein doch ein wenig zu undifferenziert. Das passte ganz gut zu der Ausrichtung der „Hammer…“-Scheibe. Für das neue Album und das deutlich komplexere Material wollten wir aber einen aufgeräumteren, plastischeren Sound. Dafür war Achim mal wieder der Richtige.

Bizarre-Radio: Ihr seid ja nun schon etliche Jahre im Geschäft, habt dabei des öfteren polarisiert und seid immer mal wieder irgendwo angeeckt. Mittlerweile dürfte euch daher ja ein ziemlich dickes Fell gewachsen sein. Es gibt zudem etliche Leute, die mit deiner Stimme nicht klarkommen. Mittlerweile müsste euch da ja ein ziemlich dickes Fell gewachsen sein. Ärgert man sich da eigentlich noch sehr, wenn man mal wieder einen Verriß liest? Ich denke da insbesondere an ein ganz bestimmtes Metal-Magazin, in dessen Soundcheck ihr in der Vergangenheit ja quasi ein Abo auf einen der hintersten Plätze hattet?

Gerrit: Sobald Du etwas veröffentlichst, solltest Du ein dickes Fell haben. Ansonsten solltest Du nichts veröffentlichen. Klar freuen wir uns über gute Soundcheckplatzierungen und gute Reviews, aber schlechte Reviews ändern dennoch unseren Spaß oder unsere Sicht auf unser Schaffen nicht. Wer uns nicht mag soll was anderes hören. Es gibt ja wirklich genügend Alternativen.

Bizarre-Radio: Gegenwärtig stöhnt bzw. leidet die Musikindustrie ja stark unter der Filesharing-Problematik. Schaut man sich im Metal-Sektor allerdings mal um (insbesondere die Entwicklung eines in Donzdorf ansässigen Labels) so bekommt man den Eindruck, dass dieser von diesem Problem weitgehend verschont blieb. Ich würde mal vermuten, dass eine Band wie Sacred Steel, die ja doch eher etwas für eine relativ überschaubare Zielgruppe ist, davon gar nicht so viel spüren dürfte, oder?

Gerrit: Doch, wir merken dass auch. Es gibt wohl keine Band weltweit, die nicht unter Verkaufseinbrüchen zu leiden hat. Da würde sich der ein oder andere Konsument wundern, wenn Verkaufszahlen heute öffentlich gemacht würden. Das sind schon drastische Einschnitte. Allerdings ist der Metalsektor sicher nicht in dem Maße betroffen wie andere Musikbereiche. Der Metalfan ist halt doch recht treu und zuverlässig.

Bizarre-Radio: Wenn man sich mal
so in eurem Online-Shop umschaut, muss man sagen, dass ihr sehr fanfreundliche Preise habt. Das Boxset von „Carnage Victory“ ist zu einem Preis von 30 Euro erhältlich und - in Anbetracht des Inhalts - durchaus sein Geld wert. Gleichzeitig erscheint das Album aber auf Vinyl, und zwar in drei verschiedenen Versionen. Generell befindet ihr euch da ja im Augenblick in bester Gesellschaft, denn der Trend geht ja eindeutig dahin, von jedem Album möglichst viele unterschiedliche Vinyl-Versionen herauszubringen. Den Vogel schießt hierbei Earache ab, die die Alben ihrer Bnds ja teilweise in zehn oder mehr verschiedenen Farben herausbringen. Der Sammler bleibt bei so einer Veröffentlichungspolitik aber auf der Strecke, denn da kommt ja schon ein gewisser Betrag zusammen, zumal wenn man sich neben den LPs auch noch die Box zulegt. Das habt ihr aus meiner Sicht bei „Hammer Of Destruction“ besser gelöst, denn hiervon gibt es nur eine LP-Version.

Gerrit: Ich denke schon, dass man heute mehr denn je value for money bieten muss. Da wir alle in der Band eifrige bis fanatische Sammler von Metal-Devotionalien sind, ist es für uns selbstverständlich auch unseren Fans was bieten zu wollen, im Rahmen unserer Möglichkeiten.

Bizarre-Radio:Auch ansonsten scheint das Thema Gewinnmaximierung und Kommerzialisierung mittlerweile mitten in der Metal-Szene angekommen zu sein. Insbesondere bei den Ticketpreisen und den Preisen für das Merchandise auf Konzerten fühlt man sich als Fan mittlerweile wie eine ausgepresste Zitrone. Dabei langen gerade die großen Bands wie z.B. Maiden oder Judas priest zu, die es eigentlich nicht nötig haben (dürften). Wenn ich dann noch an andere Aktionen wie z.B. dem Verkauf von Motörhead-Shirts bei H&M denke, dreht sich mir echt der Magen um. Mit Metal hat das alles aus meiner Sicht nichts mehr zu tun. Wie seht ihr diese Entwicklung?

Gerrit: Nun, die Nachfrage regelt das Angebot. Wer bescheuert genug ist, 100 Euro für ein Konzertticket zu berappen darf sich auch nicht darüber beschweren, dass es eigentlich zu teuer ist. Jeder muss selbst wissen, was vertretbar ist.

Bizarre-Radio: Nachdem ihr euch vor „Hammer Of Destruction“ ja auch live sehr rar gemacht habt, hat sich mit der letzten Scheibe ja auch an der Livefront wieder einiges getan. Hattet ihr zuvor einfach nur Probleme, Auftritte an Land zu ziehen oder lag auch an allgemeiner Tourmüdigkeit oder an euren Abgängern Jörg und Oliver?

Gerrit: Auftritte an Land zu ziehen war nie das Problem. Wie waren nur einfach nicht mehr willig immer und überall zu beschissenen Konditionen zu spielen. Auch heutzutage suchen wir uns genau aus was wir machen und was nicht. Allerdings sind wir heute auf Grund der besseren internen Harmonie auch eher wieder zu der ein oder anderen „Schwachsinnsaktion“bereit, die mit der alten Besetzung aus Vernunftgründen nicht mehr realisierbar gewesen wäre.

Bizarre-Radio: Im Augenblick habt ihr ja nur noch den Pounding-Metal-Gig vor der Brust. Gibt es denn Planungen für eine neue Tour ? Wie wäre es denn mit einem Auftritt auf dem Rock Hard Festival im nächsten Jahr?

Gerrit: Klar, das Rock Hard wäre super. Da wir eh als Gäste vor Ort sind dürfte das auch logistisch kein Problem sein. Angefragt haben wir schon, mal schauen, ob es klappt. Toitoitoi. Eine Tour versuchen wir für März auf die Reihe zu kriegen. Ist halt nicht sooo einfach mit 5 voll berufstätigen Jungs. Mal schauen.

Jürgen 12.11.2009

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