Interview

The Hellacopters

Nicke Andersson, Kopf der Hellacopters, im Gespräch

THE HELLACOPTERS und der totgesagte Rock´n´roll

In ausverkauften Clubs spielt Nicke Andersson, Kopf der legendären HELLACOPTERS, am liebsten. Das Molotow in Hamburg zählte an diesem schweisstreibenden Abend auch dazu

Mit einem neuen Album „Rock´n´roll is dead“ melden sich eine der einflussreichsten schwedischen Bands zurück. THE HELLACOPTERS live zu erleben ist dann wohl der beste Weg die neuen Songs, oder besser gesagt eine Auswahl dieser, kennenzulernen. Ein wenig fragwürdig war es schon eine Band, die locker das vierfache an Zuschauern zieht, in einen kleinen Club zu booken. Wo sollten all die Leute hin, auch wenn man von gut 300 Plätzen ausgehen konnte, schien das MOLOTOW überfüllt ausverkauft zu sein. Die Show die dann folgte entschädigte für vorrangegangene Zweifel. Ein kleiner Clubtanzte und pogte, sang mit und schwitzte nach dem Klang der HELLACOPTERS. Wir waren schon ein bisschen früher da, um den Interviewverpflichtungen, die hier wohl mehr eine Ehre waren, nachzukommen.
Damit gerechnet einen der Kreativköpfe des skandinavischen Rock´n´roll Business, Nicke Andersson nämlich, vors Mikro zu kriegen hatten wir ehrlich gesagt nicht. Schlagzeuger und Gitarrist waren angekündigt worden, doch als dann kurzfristig entschieden worden war, dass alle Hellacopters Musiker zum Interview bereit stehen und der Tisch von Mr.Andersson noch frei war, an dem er das Interview geben wollte, schlugen wir zu und herauskam ein 40 minütiges Gespräch, von den Anfangstagen bis zum Status Quo der Schweden.

Ihr spielt heute hier in Hamburg im Molotow und morgen in Berlin im Knaack Club, um dann die richtig großen Festivalstages zu spielen, war das ein persönlicher Wunsch diese beiden Extreme zu leben?
„Nicht so sehr die Extreme, ich denke wir haben das große Glück, dass wir beides machen können, ich persönlich ziehe es vor in kleinen Clubs aufzutreten. Ich glaube, dass keine Musik dafür gemacht worden ist auf einer großen Bühne präsentiert zu werden, mit einer Entfernung von 50 Metern zum Publikum. Da gibt es nicht viele Bands die das tuen können, meine ich und ich mag solche Shows auch nicht als Musikbegeisterter, um sie mir anzuschauen. Rock´nroll wird nicht gemacht, um sich den mit Ferngläsern aus großer Distanz anzuschauen, oder mit großen Monitoren. Seit wir diesen Weg gehen, war es uns wichtig Clubshows zu spielen. Die letzten 4 Shows waren die ersten Shows nach einer Pause von 18 Monaten. Das ist eine lange Zeit.“
Siehst du diese Shows als Therapie-Shows, um als Band wieder zusammenzukommen?
„Wir hatten unsere ersten Therapie-Shows, wie du sie nennst in Irland. Die HELLACOPTERS gehen auf kleine Clubshows wie heute in Hamburg und morgen in Berlin und nicht auf Festivalbühnen, wie mögen aber beides. Ich sehe die kleinen Shows aber nicht als „Warm-Up“-Shows für die Festivalauftritte, denn hier kommen ausschliesslich Leute hin, die uns kennen, während uns auf den Festivals die Meisten nicht kennen. Diese kleinen Shows sind die wichtigeren. Wir kommen im September zurück und im Rahmen einer Europa Tournee spielen wir in Deutschland, Spanien und Schweden. Wir werden überall spielen, wo uns die Leute hören wollen, ohne Priorität auf Skandinavien, obwohl wir auch in Finnland, Schweden und Dänemark spielen werden. Eine Priorität, die wir definitiv nicht setzen werden ist „England“. „England“ mag die HELLACOPTERS nicht. In England ist alles sehe trendorientiert. Es geht da nur um „Mode“ und die HELLACOPTERS sind keine modische Band. Wir sind von dem Trend und der Mode so weit entfernt, wie wir nur können. IN England bist du in einer Woche „in“ und in der nächsten „out“. Wir haben schon ein paar wirklich gute Shows gespielt, aber die Medien mögen uns da nicht. Hier in Deutschland wirst du gut behandelt und es macht einen riesen Spaß hier zu spielen. Ich gebe dir ein Beispiel, hier in Deutschland bekommen wir ein leckeres, reichhaltiges Catering, in England gibt’s für uns 5 Leute in der Band, wenn es hoch kommt 4 Sandwiches. Das zeigt wie sehr sie an uns interessiert sind, sie kennen uns so gut, dass sie denken wir zu viert in der Band sind.“

Bei der Frage, ob Sie oft danach gefragt werden, warum sie UNIVERSAL als Vertragspartner akzeptierten, da doch so ein Missverständnis aufkommen könne, einem Sell-Out zuzustimmen, kommt Nicke Andersson aus seiner entspannten Ecke heraus. Mit „High visibility“, welches das erste Album der HELLACOPTERS bei dem Major war, hätte sich ja nichts geändert, so Nicke weiter. Weder der Style noch der Bekanntheitsgrad. In diesem Zusammenhang von einem Sell-Out zu sprechen, wäre falsch. Für die HELLACOPTERS sei es nur wichtig das die Platten unter die Leute kämen und ihm sei es egal, ob die Plattenfirma „I use to fuck people like you in prison“, oder wen auch immer sei. Das Label sei nicht wichtig, die HELLACOPTERS seien für ihn wichtig. Ich habe das Gefühl mein in den Raum geschobenes Statement mit der Kritik anderer wird von Herrn Andersson auf mich bezogen. Es entsteht für eine kurze Zeit von drei oder vier Fragen ein Gespräch mit erhöhtem Puls von beiden Seiten. Nicke Andersson macht klar, dass sie sich von niemandem ´reinreden lassen und die letzten, die das komplette Album zu hören bekommen, die Plattenfirma oder das Management seien. Gute Freunde kämen da zu erst an den Zug.
Mit einer neuen Homepage verwirrte man die Fanschaar. „Rock´n´roll is dead“ stand da eine Zeit und die ersten Fans waren kurz vor dem Weinen, Sinn und Zweck war es aber nur, einen Zeitraum ohne Homepage-Inhalte zu überbrücken. Das neue Album und die Homepage gehören vom Artwork zusammen. Nicke Andersson beteuert, dass er sich wohl mit dem Artwork beschäftigt, welches ihm große Freude bereite, jedoch ansonsten sei er ein totaler PC-Anfänger. Dafür beschäftigt er sich wohl rund um die Musik. Komposition und texten sind Inhalte mit denen er sich kreativ und stylsicher befasst.
Mit den HIVES war man gemeinsam auf Tour, teilt UNIVERSAL als Plattenfirma und entwickelte eine feste Freundschaft auf Tournee. Sie seien allerdings nicht neidisch auf deren Plattenverkäufe oder deren Bekanntheitsgrad, der schon wesentlich höher anzusiedeln ist. Sie seien zufrieden mit dem was sie erreicht haben, dass man nicht einen 9to5 Job ausüben musst und seine Rechnungen damit bezahlen kann. Während er das sagt, kommt so etwas wie ehrliche Attitude ´rüber, die man nicht überspielen oder spielen kann. THE HELLACOPTERS sind Musiker im besten Sinne, die sich auf die Musik und nicht auf das Geldmachen konzentrieren. Das ist keine Glorifizierung oder verzogene Darstellung, im Gegenteil, es spiegelt die Realität wider. Schaut man sich den bisherigen Lauf der Entwicklungen an, ist man froh das Nicke Andersson mit seiner Band im MOLOTOW auftritt. Alles andere in Richtung Größenwahn auf dem Weg in die Arenen Europas, ginge einen Weg in ungewollte Sphären, zwischen „Ausverkauf“ und „Bravo-Starschnitt“. Der Deal mit UNIVERSAL heißt auch die neue Platte „Rock´n´roll is dead“ wird weltweit vertrieben und angeboten. Schaut man auf die Musik und den Stil der HELLACOPTERS auch auf der neuen Scheibe kann man getrost vom Cd-Switch-Button fernbleiben. Denn nur wo HELLACOPTERS draufsteht ist auch HELLACOPTERS drin.

Photo: Marcus Bender

Nils Robin Kruska27.06.2005

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