Interview

Moby - Moby - Interview

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Moby - Interview

Zur Veröffentlichung des neuen Albums von Moby lag uns auch eine Interview-CD vor. Hier habt ihr also ein paar Eindrücke und Impressionen zu Mobys neuem Meisterstück.

BR: Warum heißt dein neues Album "18"?
MOBY: Nun, zunächst einmal sind achtzehn Songs auf der Platte. Außerdem wollte ich keinen englischen Titel, damit zum Beispiel jemand in Frankreich nach einer "Dix-huit" und jemand in Japan nach einer "Juhachi" fragen kann. Es gibt noch ein paar andere Gründe, zum Beispiel die Tatsache, dass das hebräische Wort für 18 gleichzeitig das Wort für Leben ist, Chai. Und nachdem die Aliens in New Mexico notgelandet waren, brachte man sie in Roswell in Hangar 18.

BR: Inwiefern hat der Erfolg von "Play" dein Leben verändert?
MOBY: Abgesehen davon, dass ich heutzutage in etwas besseren Hotels untergebracht werde, hat sich mein Leben kaum verändert. Ich habe immer noch dieselben Freunde, esse immer noch in denselben Restaurants, kaufe immer noch im selben Supermarkt ein, ich wohne sogar noch in derselben Wohnung in Manhattan.

BR: Was hast du mit dem Geld gemacht, das "Play" dir eingebracht hat?
MOBY: Einen Teil davon habe ich in neues Equipment für mein Studio investiert, aber das meiste habe ich auf die Bank gebracht. Ich führe eigentlich ein ziemlich einfaches Leben. Ich liebe mein Zuhause in New York, und ich habe nie viel Wert auf Kleidung gelegt; das Geld, das ich verdiene, lege ich also für schlechte Zeiten beiseite.

BR: Hast du bei der Entstehung des Nachfolgers zu "Play" unter Erfolgsdruck gestanden?
MOBY: Ich habe kaum kommerziellen Druck verspürt, aber ich empfand eine gewisse künstlerische Verantwortung, eine Platte zu machen, die mir gefällt und die anderen Menschen ebenfalls gefallen kann. Ich bin mir sicher, dass ich mächtigen kommerziellen Druck verspürt hätte, wenn ich bei einem riesigen Majorlabel unter Vertrag wäre, aber ich bin bei zwei Independentlabels, Mute und V2. Als die Zeit für "18" reif war, ermutigten mich beide, eine wunderschöne Platte aufzunehmen und mir keinerlei Gedanken über etwaigen kommerziellen Druck zu machen.

BR: Wie war es, mit Sinead O'Connor zu arbeiten?
MOBY: Wir haben uns nie getroffen. Sie sollte nach New York kommen, um die Vocals zu ‚Harbour' aufzunehmen, aber nach dem 11. September hatte sie verständlicherweise Angst zu fliegen. Also schickte ich ihr die Tapes nach England, und sie schickte sie mir nach New York zurück. Wir haben uns ausgiebig am Telefon unterhalten, und wir stehen per E-mail in Kontakt.

BR: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Angie Stone?
MOBY: Ich bin schon seit langem ein Fan von ihr, und so erkundigten wir uns ganz einfach, ob sie Interesse hätte, auf meiner CD zu singen. Von dem Song ‚Jam For The Ladies' war sie begeistert, also kam sie aus New Jersey und nahm ihre Vocals in meinem Studio in Manhattan auf. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mit einem riesigen Tross anreisen würde. Als sie dann ganz allein ankam, fand ich das sehr schön. Sie ist eine wirklich wunderbare Frau.

BR: Alle Songs auf "18" wurden vor dem 11. September aufgenommen, aber ein paar der Stücke beziehen sich auf den 11. Verfügst du über hellseherische Fähigkeiten?
MOBY: Ich glaube nicht, dass ich in die Zukunft sehen kann, aber ich bin davon überzeugt, dass einige meiner Stücke nach dem 11. September eine andere Bedeutung angenommen haben. Ich hatte einen Song namens ‚Sleep Alone' geschrieben, bei dem der Refrain ‚At least we died together, holding hands flying through the sky" lautete. Nach dem 11. September änderte ich den Text, weil der ursprüngliche mir angesichts der Tragödie unheimlich war. Allerdings ich glaube nicht, dass ich musikalisch hellseherische Fähigkeiten habe.

BR: Ist ‚We Are All Made Of Stars' von David Bowie inspiriert?
MOBY: Eigentlich geht es in dem Song um Quantenphysik. Ich habe in meiner Jugend natürlich viel David Bowie gehört, daher bin ich mir sicher, dass seine Musik mich unbewusst beeinflusst hat. Aber ich dachte nicht an David Bowies Musik, als ich an ‚Stars' arbeitete. Ich muss allerdings zugeben, dass es an seine ‚Berlin'-Periode erinnert. ‚Stars' ist einerseits ein aufbauendes New-Wave-Stück, und andererseits ein Song über die Tatsache, dass alles auf unserem Planeten aus dem glühenden Kern eines Sterns stammt.

BR: Was hältst du von Napster und CD-Brennen?
MOBY: Einerseits stimmt es mich traurig, dass Menschen im Musikgeschäft ihre Arbeit verlieren. Viele meiner Freunde arbeiten in Plattenläden und bei Plattenfirmen, und ich weiß, dass sie in letzter Zeit ziemlich nervös geworden sind. Deshalb hoffe ich, dass sich eine Möglichkeit findet, ihre Arbeitsplätze zu retten. Andererseits hoffe ich, dass die Leute, die sich nur an der Musik bereichern wollen, aus dem Geschäft gedrängt werden, weil es weniger zu verdienen gibt. Leute, denen Geld mehr als Musik bedeutet, haben meiner Meinung nach nichts im Musikgeschäft zu suchen.

BR: Wie war es an deinem Geburtstag, dem 11. September, in New York?
MOBY: Ich wurde um viertel vor neun wach, als mein Freund Damien mich anrief. Er schrie: ‚Das World Trade Centre ist angegriffen worden!' Ich rannte also aufs Dach und sah die brennenden Wolkenkratzer. Ich lebe ungefähr zwei Kilometer entfernt, so etwas hätte ich nie im Leben erwartet, und ich glaube, ich stehe heute noch unter Schock. Das war ein furchtbar, furchtbar erschreckender und trauriger Tag.

BR: Wie hat sich New York nach dem 11. verändert?
MOBY: Ungefähr einen Monat lang nach dem 11. September war New York deprimiert. Die Menschen befanden sich im Schockzustand, und viele Leute hatten Angst, dass wir wieder angegriffen werden könnten. Im Laufe der Zeit hat sich die Stadt jedoch wieder normalisiert. New York City ist eine starke Stadt, und die New Yorker sind hart im Nehmen. Heute gehen die Leute wieder arbeiten, tanzen und essen und machen all die anderen Dinge, die Menschen in großen Städten tun. Man spürt immer noch ein Gefühl der Traurigkeit, aber das Leben in der Stadt hat sich wieder normalisiert.

BR: Bist du gern auf Tour?
MOBY: Ich liebe es, Musik zu machen, und ich liebe es, meine Musik vor Menschen zu spielen. Eins meiner Ziele besteht darin, die Menschen dazu zu bringen, sich meine Musik anzuhören. Ich liebe meine Musik, und ich will sie mit anderen Menschen teilen. Manchmal kann es ermüdend sein, aber es ist eindeutig besser als bei Burger King zu arbeiten.

BR: Warum hast du so viele Songs für Werbespots lizenziert?
MOBY: Als "Play" herauskam, stieß es zunächst auf taube Ohren. Anfangs interessierten sich weder Radio noch Musikfernsehen noch Presse für das Album, meine einzige Möglichkeit, meine Musik dem Publikum nahe zu bringen, war die Lizenzierung der Songs für Filme, Fernsehsendungen und Werbespots. Allerdings lasse ich meine Musik nicht für Tabak- oder Fleischprodukte verwenden. Ein paar der Songs auf "18" werde ich vielleicht für Filme oder Werbespots freigeben, aber nicht so viele wie auf "Play". Es mag selbstsüchtig klingen, aber ich mag meine Musik und möchte, dass sie gehört wird.

BR: Hat der 11. September die Entstehung von "18" beeinflusst?
MOBY: Nun, alle Sogs auf "18" sind vor dem 11. September entstanden. Aber während der Entstehungsphase von "18" schrieb ich insgesamt 150 Stücke. Als es Zeit wurde, die endgültigen Nummern auszusuchen, war ich natürlich von der Atmosphäre des 11. September beeinflusst. Es kommt mir so vor, als ob viele Menschen nach dem 11. September Trost in der Musik suchten, jedenfalls war das bei mir der Fall. Als ich die Stücke für "18" aussuchte und sie in die endgültige Reihenfolge brachte, bestand meine Motivation eindeutig darin, "18" eine tröstliche, heilende Qualität zu geben.

BR: Was inspiriert dich zu deiner Musik?
MOBY: Ganz einfach die Tatsache, dass ich Musik liebe, inspiriert mich. In meiner Jugend waren viele meiner Vorbilder Musiker, in einigen Fällen kam es mir fast so vor, als ob Musik und gewisse Musiker meine besten Freunde wären. Ich hatte fast das Gefühl, als ob ich Ian Curtis (Joy Division) besser kannte als viele meiner Kumpels. Und ich halte Musik für die beste Kunstform, um Gefühle direkt zu kommunizieren.

BR: Welches ist dein Lieblingsstück auf "18"?
MOBY: Es mag wie ein altes Klischee klingen, aber die meisten Musiker betrachten ihre Stücke als ihre Kinder. Und genauso wie ich mir kein Lieblingskind aussuchen könnte, wenn ich Kinder hätte - die ich natürlich nicht habe -, könnte ich niemals einen Lieblingssong auf "18" benennen.

Steffen Klein14.05.2002

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