Interview

Estate
Estate - Interview
Ein Interview mit Zap Mayer (Stimme), Armin Breuer (Gitarre) und Paul Schausberger (Baß) von ESTATE
BR: wie ist euer name entstanden? hat er irgendeine bestimmte bedeutung?
Paul: Woher der Name ESTATE kommt bleibt unser wohlgehütetes Geheimnis; ESTATE ist in erster Linie unser Name, ein Synonym für uns vier, unsere Chemie, unseren Sound; mit seiner Bedeutung spielen wir manchmal nebenbei, dabei hauptsächlich mit der im Italienischen ...
BR: haben die songs und texte eine tiefere bedeutung bzw. das album eine bestimmte thematik ?
Zap: Die Texte handeln von menschlichen Beziehungen im weitesten Sinne. Es liegt meist der Versuch zugrunde persönliche Erlebnisse so zu verpacken, dass sie für Dritte nachempfindbar werden. Durch die relativ offene Behandlung der Thematik sollte genug Interpretationsspielraum übrig bleiben. Diese Art Texte zu schreiben hat mich einfach immer schon sehr fasziniert und ist mit Sicherheit beeinflusst von solchen Größen wie Justin Sullivan oder Robert Smith. Die Texte von 'Missing The Point', 'Modern Rebellion' und 'The Outlet' sind konkreter gehalten, da sie weniger auf der Gefühlsschiene ablaufen sondern einer mehr oder weniger subjektiven Betrachtung äusserer Umstände folgen. Das Album selbst ist textlich sicher kein Konzeptalbum. Tatsächlich ist es eher die Fortführung eines 'Tagebuches' das mit 'distance' (unserem ersten Album) begann und nun auf 'unsound' fortgeführt wurde.
BR: woher bekommt ihr die inspiration songs zu schreiben ? wer ist verantwortlich für die lyrics ?
Zap: Für die lyrics zeichne ich mich verantwortlich. Wie ich bereits oben anklingen ließ, sind die Texte meist (annähernd) autobiographisch, wobei die Inspiration für die Texte ganz verschiedenartig sein kann. Manchmal ist es ein konkretes Erlebnis, manchmal aber auch nur eine Film- oder Buchsequenz in der man sich wiederzuerkennen wähnt.
Armin: Mich persönlich inspiriert am Meisten immer noch ein gutes Konzerterlebnis. Sprichwörtlich die Band im Raum "zu fühlen" gibt mir immer wieder das Gefühl die Gitarre in die Hand nehmen zu müssen und zu sehen was dabei heraus kommt.
BR: was ist zu erst da die melodie oder der text?
Paul: Da gibt es keinen Standard; manche Melodien und Texte entstehen parallel und treffen sich dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort, manche Melodien wachsen und verlangen im nachhinein nach dem entsprechenden Vocals und umgekehrt.
BR: wer entscheidet, welche songs ausgekoppelt werden ?
Zap: Solche Entscheidungen werden prinzipiell von allen am Entstehungsprozess (sprich: Band und Mischer/Produzent) beteiligten Personen gemeinsam getroffen.
BR: ist ein veröffentlichung im ausland geplant?
Paul: Passiert gerade; Am 15.4. wird UNSOUND (unseren zweiten Longplayer) via SPV in fast ganz Europa veröffentlicht; das Hauptaugenmerk gilt im Moment allerdings dem deutschsprachigen Raum (der groß genug ist, wenn du per Auto halbwegs präsent sein willst !!).
BR: was haltet ihr von eurem und generell vom aktuellen Erfolg deutscher Bands in der Musikszene ( emil bulls etc. ) ?
Paul: Abgesehen davon, dass wir uns in dieser Hinsicht sicher nicht mit den Emil Bulls messen können und wollen, abgesehen davon, dass wir keine deutsche Band sind (der geographischen Exaktheit halber): Wir genießen was passiert (auch die kleinen Schritte), wir glauben, dass es weiter bergauf gehen wird und wir sind uns sicher, dass wir unsere Umwelt bereichern können.
BR: was denkst du über mp3-sharing von napster usw. ?
Paul: Ich steh´ dieser Technologie allgemein sehr skeptisch gegenüber; vor allem wiedert mich die Sammelkultur in Gigabyte-Massstäben an, und die Random-Hörkultur ohne Wissen und Interesse für die Gesichter, die dahinter stehen;
BR: was haltet ihr allgemein vom internet?
Paul: Faszinierend und praktisch; allerdings wirkt die Welt im Netz kleiner, als sie tatsächlich ist;
BR: könnt ihr jetzt schon von der musik leben?
Zap: Nein und wohl auch nicht in absehbarer Zeit.
Paul: HAHA !!
BR: wie klappt so das zusammenspiel von privatleben und bandleben?
Zap: Es gestaltet sich zunehmend schwieriger. Viel Zeit für diverse andere Aktivitäten neben Job und Band bleibt nicht mehr, im Prinzip reicht sie gerade noch aus Freundinnen und Freunde nicht vollkommen zu vernachlässigen.
Armin: Grossartig. Ich würde sagen dass man Band- und Privatleben auch gar nicht voneinander trennen kann.
BR: hab ihr nebenbei noch hobbies?
Zap: Haben schon ja, siehe oben. Wenigstens bleibt manchmal die Zeit im Fußballstadion vorbeizuschauen.
Armin: Ich beschäftige mich mit Tontechnik, produziere Demos für befreundete Bands, und mit Programmierung (hält mein Gehirn auf Trab).
BR: habt ihr vorbilder?
Zap: Das Wort Vorbild ist denkbar schlecht gewählt. Vorbildern hechelt man nach und wird selbst höchstens ein Abbild. Dies soll unsere Intention dann doch nicht gewesen sein. Trotzdem: Textlich: Justin Sullivan, Robert Smith, Percy Bysshe Shelley, Erich Fried; Musikalisch: The Cure, Refused, Joy Division, Helmet, Quicksand.
Armin: Ich habe keine Vorbilder die ich nachahmen möchte, allerdings hab ich da ein paar Bands mich stark beinflusst haben, z.B. Helmet, Gorilla Biscuits, Fugazi, Snapcase, NOFX, Girl against Boys, Nomeansno, die Victims Family, ... Aber eigentlich möchte ich nicht werten, die Liste könnte noch ewig weitergehen. Es gibt viel Musik die es zu lieben gilt.
BR: Wie groß ist die Genugtuung, all denen, die nie an euch geglaubt haben, den plattenvertrag unter die nase zu halten und zu zeigen, das ihr es geschafft habt?
Zap: Was geschafft? Musik zu schaffen ist ein kreativer Prozess und kein Wettbewerb. An uns haben haben viele nicht geglaubt, aber das sollte einem so lange egal sein solange man an sich selbst glaubt. Es steht doch jedem seine freie Meinung zu
BR: hört ihr eigentlich eure eigene cd?
Zap: Absolut, vor allem im leicht berauschten Zustand !! Vor allem auch, weil ich aufgrund unserer geographisch unterschiedlichen Wohnsitze (Salzburg, Linz, Wien) selten in den Genuss von Proben komme, dann wird eben die CD zu Probenzwecken herangezogen.
Armin: Um ehrlich zu sein, es wird schwieriger mit der Zeit, denn je öfters man sich mit seiner eigenen Arbeit auseinandersetzt, desto mehr entdeckt man, was man gerne noch besser gemacht hätte. Es liegt aber nur an Winzigkeiten, und ich live spiele ich die Songs immer noch gern.
Paul: Auf jeden Fall; jetzt, mit einigem zeitlichen Abstand zur Produktion, kann ich auch endlich das Analytische, Überkritische ablegen.
BR: wann hast du angefangen musik zu machen ?
Zap: Nena-Playback-Konzert in meinem Kinderzimmer anno 1983 oder 1984, danach schöpferische Pause bis 1993.
Armin: Ich hab mir 1992 die erste Gitarre gekauft, ein billiger Noname-Strat-Nachbau, und hab mir autodidakt, dank "Peter Bursch's Gitarrenbuch" und seines Buchs "Heavy Metal Guitar", das Spielen beigebracht.
Paul: siehe Zap:, als Kreativer 1993, als Reproduzierender so um 1985.
BR: kannst du uns gründe sagen warum leute anfangen musik zu machen ?
Zap: Langeweile, Selbstfindungswahn, Profilierungssucht, 'um leichter an Drogen und Mädchen ranzukommen', 'weil's irgendwie fast so geil ist wie mit den Pfadfinderkollegen ums Lagerfeuer zu sitzen', 'weil ich eine gute Kindheit hatte und diesem Umstand verschleiern möchte';
Armin: Weil es verlockend ist auf der Bühne zu stehen? Wegen Geld und Ruhm? Um Mädchen zu beeindrucken? Bei mir war es jedenfalls zuerst mehr das Gitarre spielen an sich, in Bands bin später quasi reingeschlittert.
BR: was oder wer inspirierte dich diese art von musik zu machen ?
Zap: In chronologischer Reihenfolge: Barclay James Harvest, Queen, Bruce Springsteen, The Kinks, Helloween, Iron Maiden, AC DC, Tomo (mittlerweile nicht mehr Gitarrist), Bad Religion, New Model Army, Helmet, Paul (Bassist), The Cure, Biohazard, Fresh Familee, Advanced Chemistry, Mike (Schlagzeug), Quicksand, Korn, Deftones, Elliott, By a Thread, Boy sets fire, Armin (mittlerweile Gitarrist), Thursday und die tausend anderen Bands, die ich vergessen habe.
Armin: Die HC/Punk Szene, mit allem was dazugehört.
BR: gibt es irgendwelche künstler mit denen ihr gerne mal zusammenarbeiten wollt ?
Zap: Zwingend weniger in rein musikalischer Richtung. Einen Film von David Lynch zu vertonen wäre schon mal ein Ding oder eine Rockoper im Stile (nicht im musikalischen!) von The Who oder Pink Floyd zu machen.
BR: hast du ein persönliches lieblinsglied auf dem album ?
Zap: Meist das, welches gerade läuft.
Paul: Living In The Belly Of The World !!
BR: Magst du es lieber auf tour zu sein oder in einem studio an neuen songs zu arbeiten ?
Zap: Um diese Frage zu beantworten haben wir wohl noch nicht ausreichend getourt.
Paul: Wochenlang im Proberaum an neuen Songs herumschrauben, dieselben dann auf der Bühne auszuprobieren und zur Krönung im Studio auszuproduzieren ... so muss es sein.
BR: spielt ihr lieber bei festivals oder in kleinen clubs ?
Zap: Ich persönlich mag's, wenn ich genug Platz auf der Bühne habe. Das drum herum ist mir dann eigentlich egal.
Armin: Ich mag die Clubatmosphere schon mehr, es geht auch hinter den Kulissen meist weniger hektisch zu als bei den grossen Veranstaltungen.
Paul: Grundsätzlich in kleinen Clubs, bei intimer dafür intensiver Stimmung; allerdings war der Bizarre-Gig letzten Sommer ein genauso spezielles Erlebnis.
BR: bist du noch etwas nervös wenn du auf der bühne stehst und das konzert beginnt ?
Zap: Sowieso und das bleibt hoffentlich auch so. Nur im Zustand leichter Nervosität kann man immer an die 100% gehen.
BR: gibt es irgendwelche ziele die du in deiner persönlichen und musikalischen karriere erreichen willst ?
Zap: Einmal vernünftig touren.
Paul: ... mit fettem Nightliner und so; vielleicht die Backline nicht selber abbauen müssen - aufbauen ok, aber abbauen nervt ...
BR: wenn du die ticketpreise festlegen könntest für deine show, wie viel müßte der fan bezahlen ?
Zap: Er sollte keinesfalls geschröpft werden, sollte aber einen der gebotenen Show angemessenen Beitrag leisten.
Armin: für 2 Bands - 5-7 Euro, für 3 Bands - 6-8 Euro usw.
BR: was ist die beste show/performance die ihr jemals gesehen habt
Zap: Bruce Springsteen in München 1993, The Deftones in Wien 1998, Boy Sets Fire in Wien 2000
Armin: Nomeansno, Wien ~1996; 3,5 Stunden inkl. ihres eigenen Nebenprojekts, Verkleidung als 'Hanson Brothers' plus Zugabe, und es war noch immer zu kurz.
Paul: Spudmonsters in Wien 1998 (glaub´ ich), Snuff in New York 1999 (kann auch am Ort gelegen haben ...), Boy Sets Fire in Wien 2000, ´Die Unvollendete´ von Anton Bruckner - Wiener Symphoniker in Wien 2001
BR: was können wir von estate 2002 erwarten ?
Paul: Unseren zweiten Longplayer UNSOUND ab 15.4. und Gigs auf allen Bühnen dieser Welt !!
Steffen Klein, 04.04.2002
Weitere Cd-Besprechungen und Stories
Leserkommentare
Zu diesem Interview wurde noch kein Kommentar geschrieben.
- Um einen Kommentar zu schreiben, musst du dich einloggen.
BIZARRE RADIO PRÄSENTIERT
Neue Beiträge im FORUM
- Pelicans Dyson Daniels Wounded 01.03.25, 22:32 // TamaraNWofford
- DieStimme - Die Maske fällt Maxi 05.02.25, 14:25 // vagofe
- Suche ähnliche Stimme wie.... 29.01.25, 17:28 // antiguans2
- Der letzte und der erste Song des Jahres... 29.01.25, 17:25 // antiguans2
- eigene Handschrift deuten 29.01.25, 17:12 // antiguans2
- eure namen auf japanisch 29.01.25, 17:09 // antiguans2
- Geld 29.01.25, 17:07 // antiguans2
- Saufen für Profis 29.01.25, 17:04 // antiguans2
- What Manufacturer 29.01.25, 17:02 // antiguans2
- Proteste in Burma 14.12.24, 16:29 // duffytraciezs