Interview

Die Art - Ein wenig (N)Ostalgie

Die Art

Ein wenig (N)Ostalgie

Kalt und ungemütlich war es in Magdeburg, als Die Art die Katakomben der Festung Mark mit Leben füllten. Die anwesenden Fans hatten sich vom früh abendlich einsetzenden Schneetreiben allerdings keineswegs abhalten lassen und versammelten sich zahlreich in der altertümlichen, aber durchaus stylischen Location, um ihre Idole aus der frühen Jugend mal wieder live spielen zu sehen. Auch Bizarre Radio konnte sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen und sprach vorab mit Sänger Makarios über Vergangenes, Aktuelles und einiges Andere.

Bizarre Radio: Erst einmal ganz lieben Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt um Bizarre Radio Rede und Antwort zu stehen. Wie geht es euch heute so?

Makarios (Die Art): Na bestens ;-) Die Freude, dass es live weitergeht überstrahlt alle Problemchen...

Bizarre Radio: Seid ihr, jetzt wo die Tour ansteht nervös? Was wünscht ihr euch für die Gigs?

Makarios (Die Art): Nervös ist vielleicht nicht das richtige Wort, vorfreudig aufgeregt nenn ich das lieber. Für die Konzerte wünschen wir uns natürlich ein ähnlich begeistertes Publikum, wie zuletzt im Herbst, auf dem ersten Tourabschnitt. Zudem freuen wir uns ein paar neue Clubs kennenzulernen, das ist immer interessant.

Bizarre Radio: DIE ART werden ja immer wieder als eine der Kultbands der DDR präsentiert. Wenn man den ganzen Aufzeichnungen glauben darf, habt ihr ja musikalisch schon vor dem Mauerfall für eine „Wende“ innerhalb der Musikszene des Ostens gesorgt. Wie habt ihr das damals so erlebt und was war eure Intention als ihr entschieden habt die Band zu gründen?

Makarios (Die Art): Also, das ist eigentlich ne ziemlich lange Story, man könnte ein ganzes Buchkapitel daraus machen. Ganz kurz: Es war einfach an der Zeit, dass „andere“ Musik in der DDR Fuß fasste, und wir gründeten Die Zucht (Vorgänger von DIE ART), um uns die Musik, die wir hören wollten, selber zu machen, weil es sowas ja nicht gab. Offensichtlich war das auch das Empfinden eines Großteils der musikinteressierten Jugend, denn trotz aller systembedingter Schwierigkeiten ging es für uns ja sehr geradlinig nach oben. Wir waren natürlich ungeliebte Konkurrenz der etablierten DDR-Rock-Bands, aber wir standen ohnehin für ein anderes Lebensgefühl, waren rebellischer, unangepasster, frecher.

Bizarre Radio: Bei der Band gab es ja auch immer wieder Wechsel in der Bandbesetzung. Hat sich dadurch euer Musikstil verändert und wenn ja in wie weit?

Makarios (Die Art): Jedes neue Bandmitglied hinterlässt Spuren, stilistische Nuancen bis hin zu prägendem Einfluss.
Man hat ja als Band immer ein gewisses Spektrum, in dem man sich bewegt und da tendiert man, den Vorlieben der Musiker entsprechend eben mal zu härterem, mal zu düsterem, mal zu popigerem Material. Inzwischen, oder längst, ist DIE ART aber sehr eigenständig und identifizierbar und klingt immer nach sich selbst, auch wenn jetzt neue Musiker kämen.
Aber das steht nicht zur Debatte. Die gegenwärtige Besetzung ist für mich die stimmigste seit den Anfangstagen

Bizarre Radio: Kommen wir mal auf euer aktuelles Werk „Funeral Entertainment“ zu sprechen. Wie kamt ihr auf den Titel und was verbirgt sich dahinter?

Makarios (Die Art): Oh, das wollen wir offen lassen.... Es gibt mehrere Deutungen und alle sind richtig  Ein Punkt ist, dass wir ja unsere eigene Beerdigung als Band überlebt haben....

Bizarre Radio: Erzählt doch mal ein wenig über die Entstehung des Albums. Wie liefen die Aufnahmen so?

Makarios (Die Art): Das Album war ja gar nicht geplant, im Gegenteil, wir wollten eigentlich 2008 keins rausbringen. Durch den Erfolg der Tour zum Vorgängeralbum „Alles was Dein Herz begehrt“ entstand aber eine Art Dynamik, die sich in der Lust an der kreativen Arbeit niederschlug. Es war wie ein innerer Zwang, Texte zu schreiben, Songs zu machen und so hatten wir letzes Jahr im März einen Haufen Songs demo-reif. Tja, und dann ging alles holterdipolter, und wir sind 2 Monate später ins Studio. Die Aufnahmen liefen recht problemlos, irgendwie war alles passend, wie schon lange nicht mehr.

Bizarre Radio: Wann habt ihr mit dem Songwriting begonnen und wovon habt ihr euch dabei inspirieren lassen?

Makarios (Die Art): Also, wenn man mal den Song „Pale“ nimmt, haben wir für Funeral Entertainment schon 1991 oder 1992 begonnen  Der lag 15 Jahre brach, als unfertiges Demo. Das richtige Songwriting begann mit den Texten im Januar 08. Inspirationen sind eigentlich überall zu finden, vom eigenen unzufriedenen Büroleben (Office Man) bis zu Filmdokumentationen. Zudem kam mit „Mark´s Song“ ein Stück dazu, welches keine Inpiration ist, sondern eine Hommage an unseren im letzten Jahr im Winter verstorbenen ehemaligen Drummer. Mark war vom 2002 bis 2004 bei uns, als wir zwischenzeitlich unter dem Namen Wissmut unterwegs waren.

Bizarre Radio: Welcher der Songs auf „Funeral Entertainment“ hat euch bei dessen Entstehung am meisten gefordert und wieso?

Makarios (Die Art): Ich denke schon, dass es „Pale“ war, auf Grund der Länge und weil wir den schon live gespielt hatten. Da waren unsere Erwartungen sehr hoch.

Bizarre Radio: Seid ihr mit eurem Album zufrieden oder würdet ihr im Nachhinein vielleicht doch noch irgendwas ändern wollen?

Makarios (Die Art): Wir sind hoch zufrieden und würden vieles anders machen. Das ist immer so, man muss seine Songs irgendwann abschließen, loslassen, es ist eben der Moment der Entwicklung. Heute würden vielleicht andere Songs entstehen...

Bizarre Radio: Beschreibt euch und die Musik von DIE ART doch bitte einmal kurz in 5 Worten.

Makarios (Die Art): DIE ART ist 1. kräftig, 2. dunkel, 3. Gitarren-lastig, 4. treibend, 5. einzigartig

Bizarre Radio: Musikpiraterie hat in den letzten Jahren ja sehr stark zugenommen. Was haltet ihr als Künstler vom Internet als Plattform zur Vermarktung von Musik? Hat der physische Datenträger ausgedient?

Makarios (Die Art): Das Internet zu verschmähen wäre Irrsinn. Wir nutzen das Internet schon recht gezielt und hoffen natürlich, dass die Fans fair mit unserer Musik umgehen und nicht hemmungslos rauben. Ich hab übrigens all unsere Songs mit einem Fluch belegt, der dann wirksam wird, wenn geklaut wird. Dann passiert dem oder der automatisch etwas Unangenehmes. Die Freundin läuft weg, das Auto streikt oder so. Das die physischen Tonträger tot sind, wird ja schon lange behauptet, aber wir haben immer noch gut 90% unseres Umsatzes durch CD und LP. Und gerade die LP macht uns wieder viel Freude.

Bizarre Radio: Wie schon gesagt steht ja nun eure nächste Tour an. Was ist euch denn schon mal so verrücktes auf Tour passiert? Gibt es etwas was euch da super peinlich ist?

Makarios (Die Art): Wir erleben ständig verrückte Dinge und auch peinliche. Das bleibt ja nicht aus. Eine Kombination aus beidem war mal, dass unser Tourmanager bei einem Konzert auf der Bühne lag und eingeschlafen war, während wir spielten  Wir haben so getan, als gehörte das dazu. Als das Konzert vorbei war, wachte er auf und sagte, hey, wir waren heute aber großartig...Es gibt viele, dem Alkohol geschuldete Anekdoten, klar. Meistens betrifft das aber unser Umfeld, denn die Band selber ist beim Konzert sehr diszipliniert. Zumindest vorher 

Bizarre Radio: Was darf bei euch bei keiner Tour/keinem Gig im Gepäck fehlen?

Makarios (Die Art): Zigaretten und Tabletten gegen Sodbrennen 

Bizarre Radio: Welche 3 Dinge fallen euch ein, wenn ihr an Deutschland denkt?

Makarios (Die Art): Gegenwärtig: ein furchtbar kaltes Land, ich will weg! Im Frühjahr: ein wunderschönes Land, ich möchte nicht woanders leben. Bei Musik und Fußball: Warum ist hier nicht England? Es gäbe noch viel mehr, aber Du wolltest nur 3 Dinge 

Bizarre Radio: Was beschäftigt euch derzeit am meisten?

Makarios (Die Art): Das sind eigentlich persönliche Dinge. Die Wirtschaftskrise, wenn Du darauf anspielst, juckt uns nicht, denn wer nicht viel hat, kann nicht viel verlieren....

Bizarre Radio: Möchtet ihr noch ein paar Worte an eure Fans richten?

Makarios (Die Art): Nun ja, für mich ist es faszinierend, dass wir so viele treue Fans haben. Dafür empfinde ich eine tiefe Dankbarkeit, das kann man gar nicht so richtig ausdrücken, weil es schnell als Floskel abgetan werden kann. Aber es ist so. Wir bekommen so viel positive Energie und Zuneigung geschenkt, ich muss einfach mal sagen, dass man das als Künstler sehr, sehr intensiv empfindet.

Bizarre Radio: Danke schön, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

Und dieses Empfinden konnten die Zuschauer dann während des Gigs ganz sicher auch wahrnehmen. Mit ihrer unbestechlichen Mischung aus rockigen, zum Teil auch punkigen und dann wieder ruhigen Songs, schafften es Die Art die anwesenden Fans binnen kürzester Zeit für sich zu gewinnen. Wen wundert es da, dass man die Band erst nach 3 Zugaben von der Bühne hat gehen lassen. Ein grandioser Abend, der in dem einen oder anderen ganz sicher ein wenig Wehmut hat aufkommen lassen.

Kitty N.05.02.2009

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