Interview
Beatsteaks
Beatsteaks im glorreichen Jahr 04
BEATSTEAKS –Berlin, Buletten, Beafsteak
Ich bin auf dem Weg zum Nahrungsmitteleinkauf, denn mein einziger freier Arbeitstag in der Woche zwingt mich den Terminschedule voll mit wichtigen Besorgungen zu packen. Der Supermarkt um die Ecke bietet einem Auswahl und Qualität zu hohen Preisen, um zu Aldi zu laufen ist mir der Weg zu weit.
Schon im ersten Gang, nach gutem Flaschenbier ausschauend, trau ich meinen Ohren nicht mehr. Nach der Werbedurchsage, die mich auf günstiges Kalbsteak, argentinischer Glücksrinder aufmerksam macht, geht es mit Musik weiter. Soweit nichts besonderes, stimmt. Doch schon nach den ersten Klängen des Anschlussliedes vergesse ich für einen Moment mein Bieranliegen. Das kann doch nicht sein-doch- die BEATSTEAKS aus Berlin werden gespielt „Hand in hand“- aus dem aktuellen Longplayer „Smack smash“. Mein Bierkauf macht mir plötzlich doppelt soviel Spass, wie vorher, was sich auch auf die Menge des Einkaufs auswirkt. Es fehlen noch Buletten und Beefsteak und ich bin gut gelaunt auf dem Weg zur Kasse. Die Omas um mich ´rum reagieren da anders und drehen ihre Hörgeräte leiser.
Die BEATSTEAKS befinden sich im bisher erfolgreichsten Jahr 04 der Bandgeschichte. „Smack smash“ wird auf EPITAPH und WEA veröffentlicht. Das Album steigt auf Platz 11 der deutschen Media Control Charts ein. Lobeshymnen der Musikpresse, die die fünf Berliner als „Inbegriff der Authenzität“ bezeichnet(Visions Nr.132).
Das ging euch zu schnell-kein Problem, wir fangen ´mal ganz vorne an.
Im Sommer 1995 gründet sich die Band in der Bundeshauptstadt Berlin. Das erste Demotape der BEATSTEAKS verkauft sich auf Anhieb 1000 mal. Erste Liveerfahrungen werden in und in der Nähe Berlins gesammelt. Im Januar 1997 nehmen sie „48:49“ innerhalb von 11 Tagen auf. Das Label X`N`O bietet eine Kooperation zur Aufnahme des ersten Longplayers an und steigt mit dem Release von „48:49“ ein. Es folgt die mittlerweile „Monsters of Hauptstadt Tour“. Ein Jahr später signalisiert Drummer Steffi seine Unzufriedenheit und wird durch Thomas Götz ersetzt. Im gleichen Jahr gelingt den Berlinern der bis dahin erstmalige Deal einer deutschen Band mit dem amerikanischen Kultlabel „Epitaph“, die im Jahre 1998 das Album „Launched“ herausbringen. Danach wird gespielt was das Zeug hält, bis die Gitarren Amps qualmen und die Finger bluten. Im Dezember 2000 starten die ersten Aufnahmen zu „Living Targets“. Ali am Bass tauscht den Platz mit Torsten Scholz, einem engen Freund der Combo, der Bandmässig bisher eigentlich gar nicht in Erscheinung getreten war. „Living Targets“ wird von Uwe Sabirowski und Bill Gould(Ex-Basser FAITH NO MORE) produziert.
Sie entwickeln sich spätestens mit „Living Targets“ im Jahr 2002 wieder auf „Epitaph“ veröffentlicht, zum Symphathieträger der Musikpresse. Das Album wird ausgiebig betourt und die Band bestätigt ihren Ruf als eine der bestgebuchten und intensivsten Punkrockbands aus deutschen Landen. Das Jahr 2002 wird das Jahr des WEA-Einstiegs und die Träume von der kleinen Punkrockband mit Undergroundcharakter und Mini-Budget, vieler Punkrockpolizisten platzen. War die Band vorher noch mit wenig Geld, aber grossen Zielen ausgestattet, so ändert der finanzkräftige Konzern im Hintergrund die Form der Werbung, der Aufnahmemöglichkeiten und die Wahl der Studios. Im Line-Up:
Arnim Teutoburg-Weiss (Vox+Gitarre),
Torsten Scholz(Bass),
Thomas Götz(Schlagzeug),
Bernd Kutzke(Gitarre+Gesang) und
Peter Baumann(Gitarre+Gesang) spielt die Band das Album „Smack smash“ im Jahr 2004 ein und steigt auf Platz 11 der Media Control Charts ein.
Die grossen Festivals des Jahres 2004 werden gespielt, darunter das Hurricane + Southside und Rock am Ring.
Szenenwechsel. Ich zähle den dritten Tag des Hurricane 2004. Einige Interviewhighlights sind im Kasten und nun bin zusammen mit vier Kollegen auf dem Weg zum BEATSTEAK Interview. Jeder der Band ist einem Journalisten zugeordnet und so ist das schier unmögliche, ein fünfach Interview zur gleichen Zeit möglich.
Ich lande erst bei Basser Torsten, der mit einem kurzen Check meines Namens und meines Zielmediums der Publikation erkennt, dass er nicht für mich eingeteilt ist. Peter Baumann schliesslich, Gitarrist der Band B. aus B., ist der Richtige Gesprächspartner. In dem Backstage Raum der Berliner Band, in der unmittelbaren Nähe von kleinen Erfrischungen wie Obst, Süßigkeiten und dem üblichen Bandkleinkram, der vorher vertraglich geregelt geordert wird und wurde, steht er mir Rede und Antwort. Der bevorstehende Auftritt lässt ihn ein wenig nervös erscheinen, vor
40 000 Leuten spielt man halt nicht jeden Tag.
Das Album „Smack smash ist ´raus und die Medien reissen sich um Interviews, während die Platte in den deutschen Top-20 platziert ist. Die Clubkonzerte sind ausverkauft und ihr spielt grosse Festivalshows. Es scheint momentan alles sehr gut zu laufen für die BEATSTEAKS.
Auf jeden Fall. Wir können uns nicht beklagen, es ist sehr schön gerade alles mitzuerleben. Für den Außen Stehenden sieht es vielleicht so aus, als wenn der Erfolg ziemlich schnell vorangeschritten ist, aber eigentlich gar nicht. Wir hatten relativ viel Zeit uns an Alles zu gewöhnen. Wir spielen halt immer und kriegen vielleicht Gott-sei-Dank nicht den ganzen Rummel um uns mit, weil wir im Bus sitzen und von einer Show zur nächsten, von A nach B fahren und merken dann halt nur das die Konzerte ausverkauft sind. Mit „Smack smash“ ist es aber trotzdem so, dass wir zwei Stufen auf einmal genommen haben, aber bisher sind wir die Leiter Sprosse für Sprosse nach oben geklettert.
Die Sache als erste europäische Band bei EPITAPH gesignt worden zu sein, bedeutet ja auf der einen Seite eine große Wertschätzung geniessen zu dürfen, auf der anderen Seite aber auch eine Plattenfirma zu haben, die mit nicht soviel Kohle ausgestattet sind, wie jetzt z.B. BMG-GUN/SUPERSONIC, die hinter den DONOTS stehen.
Es ist halt immer so ein Ding mit dem finanziellen Background eines Manangements oder einer Plattenfirma. Eine schlechte Band wird mit viel Geld auch keine bessere. Es ist schön die Vorzüge von einer Plattenfirma nutzen zu können, aber das Wichtige ist, dass die Platte in den Läden stehen muss und verfügbar sein muss.
Ihr habt innerhalb von fünf Wochen zwei Klubs in Hamburg ausverkauft, das LOGO und der GRÜNSPAN. Für mich sind die BEATSTEAKS auf kleinen Shows nachvollziehbarer als auf grossen Festivalshows. Fühlst du euch auf kleinen Bühnen besser verstanden?
Das hat beides Sachen für sich. Wir sind da, um die Leute zu unterhalten. Ich hab da nicht so direkt einen Favoriten. Mit kleinen Klubshows fängt man an, das war so und wird so bleiben und wir werden auch immer kleinere Shows spielen. Festivals sind auf eine andere Art beeindruckend. Da kriegst du den Kick woanders her, da ist es eben nicht so, das du jedem in die Augen gucken kannst, sondern es ist die Energie, die du von vorne bis hinten mitkriegst.
Bei der BEATSTEAKS Show im Hamburger LOGO war Bela B. von den Ärzten im Publikum dabei. Ist der Ärzte Bonus, ihr seit denen eine Textzeile wert und der freundliche Schulterklopfer nach der Anwesenheit, ein euch erfreuender Support?
Peinlich wäre mir das nur wenn ich die nicht gut finden würde.
Ich war ein riesiger Ärzte Fan als ich jünger war, hatte mein ganzes Zimmer voller Poster. Von daher ist das alles schon komisch. Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ich irgendwann mal mit den Ärzten spiele, geschweige denn in Kontakt mit denen komme. Da ist es natürlich eine coole Erfahrung, dass die auf unsere Musik stehen und nette Typen sind. Wir hätten uns auch symphatisch gefunden, wenn keiner von uns Musik machen würde. Es ist schon eine große Ehre, wenn dein Bandname in einer Textzeile wiederzufinden.
Wie siehst du den Berlin-Hamburg Konflikt?
Ganz furchtbar, wenn da ein Konflikt entstehen würde. Ich kann mir nicht vorstellen aus Berlin wegzuziehen, wenn ich das müsste, würde ich ehrlich gesagt nach Hamburg ziehen. Weil Hamburg mir sehr symphatisch ist. Ich meine zwischen HH und Berlin gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Die Art des Humors und der gegenseitigen Umgehensweise zum Beispiel vor Ort. Das ganze Klima da so ist nicht so poliert wie das in Köln zum Beispiel. Für mich als Berliner kommt das ein bisschen Schicki-Micki mässig ´rüber. In Hamburg und Berlin sehe ich die Leute als ehrlichere Charaktäre.
Wenn man unbedingt etwas Negatives bei den BEATSTEAKS finden will, dann ist es denke ich mal der unkritische und hochlobende Stil der Musikpresse momentan mit den BEATSTEAKS umzugehen. Die waren auch schon zu Zeiten von „Launched“ oder „Living targets“ gut, nur da stand eben keine WEA hinter den Berlinern. Die angesprochene „Authenzität“ oder „Weiterentwicklung“ und das „Sich-selbst-immer-wieder-neu-Erfinden“ pro Release ist Bestandteil der Beatsteaks-Musikveröffentlichungen von Anfang an. Trotzdem haben sie keinen neuen Musikstil erfunden, die Schublade mit der Aufschrift“Punkrock“ geht auf und fällt mit den BEATSTEAKS wieder zu. Dennoch wirkt alles glaubhaft und ehrlich du eher neu ausprobiert und neu definiert als geklaut, abgekupfert und wiederholt. Der BEATSTEAK-Weg verläuft momentan steil nach oben, während man das als konsequente Fortführung jahrelanger Arbeit bezeichnen muss. Da gab es keine gecasteten Musiker, keine geschenkten Aufnahmen, oder in den Schoss gelegten Touren-mit „Smack smash“ treten sie den „Deutschland sucht den Superstar“ und „Starsearch“-De Mols und Dieter Bohlen-Trotteln aber so was von in den Arsch, dass jeder gespielte Song auf N-Joy, oder anderen kommerziellen Radisendern wie eine Siegeshymne klingt. Die BEATSTEAK sind da, wo sie hingehören, auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich mich immer noch erschrecke, wenn ich beim Einkaufen im Supermarkt zwischen Sonderangeboten und verkaufsfördender Popmucke ein Lied der BEATSTEAKS auf die Ohren bekomme.
Nils Robin Kruska
Nils Robin Kruska, 14.09.2004
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