Cd-Besprechung
Leserwertung: 14.0 Punkte
Stimmenzahl: 3
Nun wollen wir die Kirche mal im Dorf lassen. Schon vor Veröffentlichung ihres vierten Albums „Origin Vol. I“ wurde den sechs Herren aus Schweden in Kritikerkreisen ja schon derart dick Honig um den Rocker-Bart geschmiert, dass man die Zahlung großzügiger Schmiergelder zu unterstellen geneigt ist. Da ich dafür aber keine Beweise habe, will ich nun meinen Mund eilig mit Seife ausspülen und niemals wieder derartigen Frevel in die Welt setzen. Vielleicht ist dieses Album ja wirklich so unglaublich toll? Naja, es ist tatsächlich toll, allein so ekstatische Erregungszustände wie bei den werten Kollegen wollen sich bei mir nicht ganz einstellen.
Für „Origin Vol. I“ konnten die Mannen um Ebbot Lundberg aus einem Fundus von etwa 40 Songs schöpfen, 12 davon fanden schließlich noch Platz auf dem Album. Für Nachschub soll dem Vernehmen nach schon in naher Zukunft gesorgt werden. Aber zunächst ein paar Zeilen zur Musik. Die klingt nach traditionellem 60ies-Rock mit einem spürbaren Schuss an psychedelischen Klängen und zeichnet sich größtenteils durch ein ebenso abwechslungsreiches wie intelligentes Songwriting aus. Sei es die erste Singe „Big Time“, ein kraftvoll gerade aus rockendes Stück, oder der entspannte aber eindringliche Opener „Believe I’ve Found“, TSOOL haben gute Ideen, die sie musikalisch routiniert und stimmig umsetzen. „Transcendental Suicide“ beginnt akustisch, schaukelt sich aber schon bald zu einem druckvollen Ohrwurm auf, um nach knapp sechs Minuten gepflegt abzusaufen. Auch emotional werden Höhen und Tiefen gekonnt ausgelotet. Während „Lone Summer Dream“ eine angenehme und positive Stimmung umgibt, wirkt das ruhigere „Midnight Children“, für das Jane Birkin Gesang beisteuerte, eher besinnlich.
Besinnlichkeit ist aber nicht unbedingt die vorherrschende Stimmungslage auf „Origin Vol. I“. Am Ende von „Royal Explosion (Part II)“ fragt man sich, ob der Sänger wirklich so lang und ausdauernd schreien kann. 18,17 Sekunden maß ich mit meinem Präzisions-Chronographen. Eine wahrlich übernatürliche Leistung. Oder wurde da etwa technisch nachgeholfen? Huch, schon wieder ein Betrugsvorwurf. Bin ja schon still.
Geschmackssache sind sicherlich die oft ausufernden Gitarren-Soli, die sich besonders bei „Transcendental Suicide“, „Age Of No Reply“ oder „Mother One Track Mind“ geradezu aufdrängen. Fast vermutet man, die Band bewerbe sich um einen Startplatz bei der Gniedel-Weltmeisterschaft. Die Vokabel Muckertum hierfür zu verwenden wäre mit Sicherheit zu stark. Es soll aber schon hervorragende Gitarristen gegeben haben, die größere Zurückhaltung an ihrem Instrument geübt haben. Grund zur Kritik sollte das aber nicht sein. Diese Musik ist nun mal einfach so. Persönlicher Geschmack hin oder her.
The Soundtrack Of Our Lives sind mitnichten Könige der Innovation. Vielmehr könnte man ihr Werk als Fortschrittsverweigerung mit IQ bezeichnen. Eines sei hier ausdrücklich versichert: Unbestechlichkeit ist mein zweiter Vorname. Und trotzdem muss man dieses Album empfehlen.
10 Punkte (von max. 15)
Martin Baum, 12.10.2004
TRACKLIST
1. Believe I've Found ***
2. Transcendental Suicide ***
3. Big Time
4. Heading For A Breakdown
5. Mother One Track Mind
6. Midnight Children ***
7. Lone Summer Dream
8. Royal Explosion (Part II)
9. Wheels Of Boredom
10. Borderline
11. Song For The Others
12. Age Of No Reply
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