Cd-Besprechung
Leserwertung: 7.4 Punkte
Stimmenzahl: 24
Es beginnt mit einem Grollen. Eine Gitarrenrückkopplung fiept und flirrt verloren durch den Raum. Die Drums setzen sein und drohen die sich schüchtern hervortrauenden Melodien zu begraben. Alles ergibt ein Ganzes. Einen dichten, klirrenden Soundteppich. Hält man das Booklet in der Hand, so wähnt man sich gleich im dort zu sehenden Weltraumszenario. Und das ist nur das Intro, welches langsam und leise ausfadet, um dem ersten Song Platz zu machen.
WAITRESS setzt ein und mit dem Song diese Stimme, die in ihrer vollen Verzweiflung und Kraft durch Mark und Bein fährt. Sie brüllt voller Zorn, man sieht ein schmerzverzerrtes Gesicht und rote Äderchen in den Augen vor sich. Dann ein kurzes Intermezzo mit klatschenden Händen, mitten im Song. Dann Gesang, engelsgleich schön und melodisch. Dann Mosh, die Doublebass walzt und presst alles zu Boden. Der Schlusspart, ruhige Gitarren, sanft angeschlagen und ausgeglichen.
DEAD IN MAGAZINES hat sie auch, diese Kombination aus zuckersüßem Melodie-Gitarrenpart und nervenzerfetzendem Gebrüll. Es kann eigentlich nicht zusammenpassen, tut es aber. Man kommt mit dem Zählen der einzelnen Parts gar nicht mehr nach, und schon gar nicht kommt man aus dem Staunen heraus wie homogen und ineinanderfließend diese so grundverschiedenen Zutaten zusammengefügt werden. Wo kommt denn bloß jetzt zum Ende die Akustische Gitarre her, wo doch gerade noch Metalcore auf kreativster Stufe geboten wurde?
DANA WALKER – Drums, ein verquerer Rhythmus scheint aus dem Ruder zu laufen, verbindet sich aber sogleich mit harten und punktgenauen Gitarrenriffs und einer hypnotischen Gesangsstimme. Anschließend wird geflüstert, geschrieen und ausgekotzt was die Stimmbänder nur irgendwie aushalten können. Im Hintergrund fast verborgen spielen die Gitarren diese wunderbaren Melodien, die sich einnisten und nie mehr fortgehen. Und dann dieser Zwischenpart. Der Hall der Gitarre, die hektischen Drums, und wieder geht die Musik Hand in Hand mit dem Artwork. Stille, nur zwei sich perfekt ergänzende Gitarren. Ruhe. Vor dem Sturm. Intensität auf höchster Stufe bricht herein, Muskeln spannen sich unweigerlich an. YOU`RE THE ONE THAT WANTS TO CRY – SOMETHING!!! Wer diese Worte hier nicht wenigstens mit den Lippen nachformt, kann die Wirkung dieser Platte nicht verstehen.
So könnte es mit jedem Song dieses Albums weitergehen, jeder von ihnen hält besondere und unter die Haut gehende Momente bereit. Ein faszinierender Soundkosmos, der in dieser ausgeklügelten Form einzigartig ist. Klar, man könnte schreiben, dass hier ein paar der besten Momente von THURSDAY und POISON THE WELL zusammentreffen, aber ein fast 10 minütiger Song wie THE BENDING steht so völlig für sich selbst, dass es einfach nicht reicht, Referenzen anzuführen. Mit solch einer musikalischen Genialität ist das Hardcore Genre selten geschmückt worden. Schönheit fusioniert mit Brachialgewalt, Sensibilität mit Kraft und scheinbar konträre Momente zerfließen zu außergewöhnlicher Stimmigkeit.
2002 bereits auf Trustkill erschienen, bringt Roadrunner dieses herausragende Stück Musik nun endlich auch offiziell auf den europäischen Markt. Wer diese Band noch nicht kennt, sollte tunlichst zugreifen, denn einzigartiger kann man wohl nicht werden. Im November erscheint das neue Album von HOPESFALL, es wird ein wenig glatter und eingängiger werden, so machte es live zumindest den Eindruck. Aber wenn man sich das auf THE SATELLITE YEARS zur Schau gestellte Melodie- und Musikverständnis der Band betrachtet, kann das Ergebnis eigentlich wieder nur wundervoll werden.
i left the horizon – curled up and frozen still...
15 Punkte (von max. 15)
Bogatzke , 01.09.2004
TRACKLIST
01. andromeda ***
02. waitress ***
03. dead in magazines ***
04. dana walker ***
05. decoys like curves ***
06. a man exits ***
07. redshift ***
08. only the clouds ***
09. escape pod for intangibles ***
10. the bending ***
Gesamtspielzeit: 39:08 Minuten
[ *** Anspieltipps ]
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