Cd-Besprechung
Leserwertung: 12.5 Punkte
Stimmenzahl: 4
HARMFUL können auf 10 Jahre Bandgeschichte zurückblicken und haben damit etwas Seltenes erreicht: Das Trio ist eine deutsche Noise-Rock-Band, die sich selbst treu geblieben ist und fern jeden kommerziellen Durchbruchs konsequent ihre Musik durchgezogen hat. Die drei Musiker haben Plattenverträge erkämpft und eingebüßt, auf größeren Festivals und vor Minimalkulisse gespielt, aber die europäische Grenze noch nicht durchbrechen können. Inzwischen ist mit "Open End" vom neuen Album "Sanguine" ein Video am Start (Link siehe unten), das auf Onyx TV läuft, auf "Sanguine" als MPEG-Datei enthalten ist und die typische HARMFUL-Symbolik beinhaltet. Entsprechend ihrem Bandnamen findet man bei HARMFUL Bilder von "schädlichen, gefährlichen" Dingen, beim ersten Album "Harmful" eine Medikamentenpille, beim komplett computeranimierten Video zu "Open End" ein zu schneller Zug und das neue Album ziert ein magersüchtiges Model in Slip und bauchfreiem Pullover in aufreizender Pose.
Das Trio scheint recht unzufrieden mit seiner Lage: Die Plattenverkaufszahlen blieben bisher trotz qualitativ hochwertiger Musik unterhalb der Erfolgsgrenze. Auf Konzerten kann man sie schon mal trotzig und mit einem Appell, doch mal Musik kleinerer Bands zu kaufen, auf den Lippen, antreffen. Hauptgrund liegt in der musikalischen Konsequenz des Trios: HARMFUL spielen einen, harten bis brachialen, Stil. Der noisige Sound wird nicht verändert, der Gesang ist immer zornig bis anprangernd und das Tempo nahezu immer hoch. Das sich dahinter starke Songstrukturen und ´ne Menge Können verbirgt, lässt sich vom abwechslungsverwöhnten Hörer nicht auf Anhieb erkennen. Außerdem sind die Zeiten von HELMET vorbei. Schnell tut sich Langeweile auf, HARMFUL geraten ins Vergessen. Mit etwas Gerechtigkeitssinn muss man wohl sagen, dass die Band in den Staaten mehr Erfolg verzeichnet hätte.
Deshalb ist es schwierig, den neuen Longplayer des Trios einzustufen. So richtig neu ist es nicht, was man hört, aber doch eine absolute Empfehlung für Fans härterer Gangart. Die Single "Open End" ist geradezu radiotauglich für HARMFUL-Verhältnisse. Ansonsten gilt: Mag man eines mag man alles. Das Album widmet jedem Titel Zeit, sich zu entfalten, ruhigere Parts zu haben und den typischen von einer Distortion-Fläche mit bis zum Output-Anschlag ausgereizten Istrumenten unterlegten, schreienden Chorus einzuleiten. Bass und Schlagzeug marschieren im 4/4 Rhythmus durch die Songs, während Aren Emirze mit Gesang und Gitarre die komplette Melodieführung in die Hand nimmt.
"Sanguine" ist ein Album, das der HARMFUL-Fan völlig bedenkenlos seinem CD-Schrank hinzufügen sollte, aber auch alle Fans handfester, harter Gitarrensounds mit einer Portion Wut sollten reinhören. Der überwiegende Rest wird HARMFUL mal wieder links liegen lassen, außer vielleicht das Video kann hörtechnisch noch ein paar Leute überzeugen.
10 Punkte (von max. 15)
Burkhard Fückel, 03.10.2003
TRACKLIST
01.Open end ***
02.Charmed
03.No matter
04.Overfed
05.1 lifetime ***
06.I remember you
07.Desert of mistakes
08.Custom cold
09.Anything or nothing
10.Black rain ***
11.Dumb
12.Deliverance
[ *** Anspieltipps ]
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