Cd-Besprechung
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Anfangs war Avril Lavigne ja ganz lustig und süss und tat sich durch ihre Punkrock-Einflüsse wohltuend von den restlichen Sternchen des Pophimmels ab. Spätestens aber seit dem furchtbar belanglosen „The Best Damned Thing“ braucht man von der jungen Kanadierin nicht mehr viel erwarten. Insofern reiht sich der jetzt erschiene Nachfolger „Goodbye Lullaby“ nahtlos in ihre Karriere ein.
Coole, freche Girls hatten in den Charts des vergangenen Jahres Hochkultur: Nix mehr mit süß-naiven Trällerprinzesschen, die Popstars von heute schlagen sich lieber die Nächte um die Ohren und haben eigentlich gar keinen Bock auf Monogamie – Jungs sind eh alle doof. Wenn sich die Kolleginnen „with a bottle of Jack“ die Zähne putzen, reicht es plötzlich nicht mehr, ein bißchen Punkrock zu sein, um aus der Masse herauszustechen. Da kann man eigentlich auch gleich mitschwimmen, haben sich die Avril und ihr Management wohl gedacht und wählen als erste Single „What the Hell“, laut Plattenfirma „eine trademarkhafte Uptempo-Punkpop-Nummer“. Wenn daran was „trademark“ ist, dann, dass es schlichtweg klingt wie sämtliche andere Charterfolge der jüngeren Zeit. Midi-Drums, eine Menge Synthesizer, die von Autotune durchzogenen Gesangslinien á la Katy Perry. Ein zuckersüßes Klangbild, dass auch in „What the Hell“ im Kontrast zum Inhalt steht. Ganz wie Ke$ha und Konsorten inszeniert Avril sich als selbstbewusste Partyschlampe. Im Video zur Single wacht sie leicht bekleidet neben einem tätowierten Bad Boy in Feinrippunterhemd auf und klaut sich dann erstmal ein Taxi; im Song „Smile“ singt sie: “You know that I’m a crazy bitch/I do what I want when I feel like it/all I wanna do is lose control.” Eigentlich recht praktisch, dass Avril seit Anfang 2010 nach vierjähriger Ehe von Sum 41-Sänger Derick Whibley geschieden ist, das gibt dem Image die nötige Authentizität – und gleichzeitig die Themenwahl für den Rest des Albums. Neben den Popnummern sollte es wohl noch die nötige emotionale Tiefe aufweisen, um das angesprochene Publikum auch durch die schwierigen Zeiten ihrer Pubertät zu begleiten. Lavigne selbst sagt, „Goodbye Lullaby“ sei „sehr persönlich und dunkel. Alle Lieder sind sehr emotional.“ Aha. Leider kann man sie auch kaum auseinanderhalten. Ungelogen zwölf der vierzehn Songs sind die immer gleiche Midtempo-Ballade mit den üblichen Phrasen um Liebe und gebrochene Herzen: „Everybody Hurts“, „I love you“, „Wish you were here“ (ah schön, noch schnell eine Pink Floyd-Referenz für die „Roots“) heißen diese tiefschürfenden Stücke; furchtbar glattgebügelt und berechnend kommen sie daher. Die beständig im Hintergrund dudelnde Westerngitarre soll wohl noch etwas Rock'nRoll-Feeling in den überproduzierten Sound retten.
Aber naja, man will ja nicht zu ausfallend werden, das ist ja sicher alles ganz nett wenn man 14 ist; geht ja auch schnell ins Ohr dank einprägsamer Reimschemata und einfachem Englisch. Schade nur um die Künstlerin Avril Lavigne – während ihre Chartkolleginnen gar nichts anderes sein wollen als tanzflächentauglicher Pop, hatte sie mit ihren ersten Alben „Let Go“ und „Under my Skin“ bereits gezeigt, dass sie gute Songs schreiben und Poprock auch mit Kanten erfolgreich sein kann. Mit „Goodbye Lullaby“ geht sie lieber auf Nummer sicher und versucht nicht einmal mehr, im Chartbrei herauszustechen – das fühlt sich irgendwie an, als hätte sie aufgegeben.
4 Punkte (von max. 15)
Enno Küker, 05.03.2011
TRACKLIST
1-Black Star
2-What The Hell
3-Push
4-Wish You Were Here
5-Smile
6-Stop Standing There
7-I Love You
8-Everybody Hurts
9-Not Enough
10-4 Real
11-Darlin
12-Remember When
13-Goodbye
14-Alice (Hidden Track)
[ *** Anspieltipps ]
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