Special

Silly Chicken

Silly Chicken Award - Daniel Küblböck

Mein alltäglicher Weg führt an einer Bäckerei vorbei, die mit den täglichen BILD-Schlagzeilen wirbt. So kann ich jeden Morgen lesen, was Deutschland interessiert. Erschreckenderweise sind Übereinstimmungen mit von mir favorisierten Informationsquellen (wie z.B. "taz") fast nicht vorhanden. Allerdings war ich schwer gerührt, als ich die neueste Tragödie Deutschlands auf diesem Wege erfahren habe und alle nebensächlichen Widerstandskämpfe im Irak, Rebellionen in Afrika und Zauberworte G. Bushs wurden aus meinem Gedächtnis gedrängt. Der ARME Daniel! Zerbricht seine junge Karriere an dem Drama?

Wer es noch nicht weiß: Neuester Höhepunkt deutsch-medialer Perversion: Freund (20) erschießt Freundin (15), weil sie Gesangsschüler ("Superstar") und Bohlen-Nesthäkchen Daniel Küblböck liebt. Danach schickt er stilvoll Abschieds-SMS und begeht Selbstmord. Und BILD macht sich Sorgen um den sensiblen Daniel. Der Daniel Küblböck, der ja nach eigenen Angaben sich sowohl ...hihi... mit also ...hihi... Mädchen als auch ...wenn´s en Süßer is´, hihi... mit Jungen Geschlechtsverkehr vorstellen kann. Hat er sich doch in unser aller Herzen gequäkt und keine Chance ausgelassen, in peinlichem Bayrisch von seinen Fans zu schwärmen, sich auszuziehen, den größten Sex-Appeal seit Miss Piggy zu versprühen und tierisch zu nerven. Entsprechend gut zu verstehen ist es, wenn einer rasend wütend wird, wenn seine Freundin Poster um Poster von dem Spargeltarzan aufhängt und sich das jämmerliche kermiteske Generve Tag für Tag reinzieht oder sogar ein Tatoo die Liebe zum psychisch labilen und intellektuell mit Naddel gleichzustellenden Subberstar verewigt. Eine solche Überreaktion ist aber natürlich nicht O.K.! Wieso so inkonsequent? Der ehrlich eifersüchtige Mann rächt sich doch auch an seinem Konkurrenten! Damit wäre die Sorge um Daniels Karriere beendet gewesen.

Beschäftigen wir uns nicht weiter mit dem niederträchtigen Mörder, ist es doch der klangvolle Name Küblböck, der die BILD-Kassen klingeln lässt. Vermutungen, die ganze Story sei nur von BILD wegen des Sommerlochs ausgedacht, müssen wahrscheinlich zurückgewiesen werden, eine Inszenierungen von BILD wäre vielleicht noch denkbar. Der Zweck heiligt die Mittel, immerhin heizt das Drama die Absätze der "Deutschland sucht den Dilettanten"-CDs an und die nächste Staffel der Grauenssendung ist wohl auch schon bald am Start. Wehrmutstropfen: Mit der Getöteten fällt eine Kundin weg. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass das Drama Ergebnis bitterer Gesellschafts-Realität ist, in der bescheuerte Teenies Leuten zujubeln, die der Selbstherrlichkeit Dieter Bohlens zu verdanken sind. Oder ist sind wir wirklich schon so krank, dass der durchschnittliche Bürger sich die Superstar-Platten zulegt? Je tiefer das Niveau, desto eher findet sich ein gemeinsamer Nenner? "Nie verstandet ihr mich, nie verstand ich euch, doch als wir im Kot uns trafen, verstanden wir uns gleich" höre ich meinen Mitbewohner zitieren. Was hilft das unserem Silly-Chicken Träger? Vielleicht sollte er ein Verhältnis mit Bohlen anfangen, der könnte sein immer-nur-Titten-Image loswerden, sich aufgeschlossen zeigen und Daniel selbst würde über das Schlimmste wegkommen. Und vom Niveau her klappt´s ja auch. Auf jeden Fall wünschen wir dem Silly-Chicken Gewinner Daniel ein schnelles Entkommen aus dem medialen Interesse, damit sich solche Tragödien nicht noch öfter ereignen. Außerdem wird die Kaufkraft der Fans schließlich für die neue Staffel wieder voll in Anspruch genommen.

Burkhard Fückel31.07.2003

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