Konzertbericht

Moneybrother - "Love Is In The Air"

Moneybrother

Figurines

"Love Is In The Air"

Bochum, Matrix
17.10.2004

Ein verregneter Sonntagabend im Spätherbst, verkatert sowieso – eigentlich schon genug Anstrengung, auf der Couch nach geeigneter möglichst leichter Unterhaltung zu zappen. Aber nicht heute! MONEYBROTHER auf Tour sollte nämlich genug Grund zur Freude sein und dafür, seinen Hintern flott hochzukriegen. Das sollte aber nur die erste Sache sein, die heute anders läuft als sonst. Zweite Überraschung: Das Konzert findet nicht im eigentlichen Hauptraum in der Matrix statt, sondern in einem anderen, kleinen, eher an eine Bar erinnerndes Venue, welches sich später als ein mehr als perfektes Ambiente für einen wunderbaren Abend rausstellen sollte.

Drittens: Die Bühne, auf der vorerst die FIGURINES sich und Ihre Indie-Perlen zum Besten geben, ist gar keine. Die geschätzten 10 Meter zwischen Theke und Wand teilt man brüderlich, Band und Zuschauer auf einem Dancefloor. Musik zum Anfassen, wenn man denn wollte. Nicht nur einmal erinnert Sänger Christian mit der Zerbrechlichkeit und Tonlage seiner Stimme an Conor Oberst aus Omaha. Nach 10 Songs und einem hinterlassenen erfreulichen Eindruck ob ihrer eingänglichen Songs machen die Dänen aber Platz für MONEYBROTHER:

Viertens: Da ist er ja, Anders. Der Ex-Monster-Frontmann. Anders Wendin plus 5 – zweite Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard und Saxophon - kommt die Treppe durchs Publikum hinab – denn wo keine Bühne, da auch kein Backstage! Die grob geschätzt 150 Anwesenden sind freudig gespannt auf das, was da kommen mag. „Hallo?“ … „Huh?“ Richtig erkannt, der Anfang vom eigentlich arschwackelnden Groover „Reconsider Me“. Aber wo bleibt die Musik dazu? Nix da. Der Gesang bleibt schlicht untermalt von minimalem Schlagzeug und später langsam einsetzender Gitarre. Man wartet förmlich auf ein sich ankündigendes, ausuferndes und rockendes Finale, die Spannung wird aber gehalten. Tolle Version! Uff, beeindruckender Sound! Und so soll es weitergehen: Weniger Funk, Rock, Ska und wilder Tanz, mehr Gefühl, Wärme und eine schier unglaubliche Energie. „Normalerweise spielen wir nicht so ein softes Set, aber das Venue hier fordert so was irgendwie.“ Wie Recht Herr Wendin hat. Und doch oder gerade deswegen strahlen er und seine Band eine seltene Faszination und Anziehungskraft aus, die Spielfreude fällt ihnen bald aus den Augen. Hier steckt einfach jede Menge Liebe drin, in jeder einzelnen Pore. Sexy ist das auch. Der epische Monolog über die Tatsache, „wie gut Du Deine Freundin nach einigen Jahren Beziehung doch kennst, nämlich bald so gut, dass du anhand der Art, wie sie den Schlüssel im Türschloss dreht, erkennst, dass jetzt alles vorbei sein wird“, berührt herzzerreißend und man lauscht gebannt jedem Wort dieses tollen Erzählers. Oder besser: Entertainers. Groß auch die Mickey Mouse – Dialoge mit Basser und Saxophonist: „Do you like to dance?“ – „Yeah.“ Also doch noch: Tanzen! Groove für Arme und Beine und vor allem Herz.
Anders Wendin singt souverän, eindringlich, markig und in jeder Stimmlage mehr als sicher. Oft mit dem Keyboard als Teppich, obwohl die Songs doch mit so wenig so gut funktionieren. Und so gipfelt Moneybrother’s besagte offenkundige Spielfreude an diesem Abend in akustischen Exzessen, auf dem Boden liegenden Musikern, die sich gegenseitig genauso sehr wie ihre Musik lieben und dem sprachlosen Publikum nicht genug Dank und Ehre erbringen können aufgrund all der Wärme und Euphorie, die zurückgegeben wird. Jenes lässt die grundsympathischen Schweden dann auch einfach nicht zugabenlos verschwinden, denn: Keine Bühne, kein hinten raus! „Okay, thank you so much, we’ll play just one more – i’m sorry, but then i have to sell some merchandise!“

Und ein wundervolles und besonderes Konzert mit tollem Sound und toller Band und Liebe überall geht zu Ende – Für Anwesende wie für die Band. Beeindruckende Sache das.

Fabian Soethof19.10.2004

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