Konzertbericht

Daughtry - Westernshow mit Superheld

Daughtry

Westernshow mit Superheld

Backstage, München
20.03.2014

Wie in einem Western kommt Chris Daughtry an diesem Donnerstagabend lässig kaugummikauend auf die Bühne. Dem charismatischen Amerikaner fehlt nur noch der Pistolenhalfter, als er breit lächelnd und ohne große Begrüßung mit „Baptized“ den Abend eröffnet. In der fast ausverkauften Münchner Backstagehalle erleben die Fans dann allerdings keinen dreckigen Western, sondern eher eine ruhige Saloonshow, bei der viel mehr als bei anderen Bands des Genres der Fokus voll auf dem Sänger liegt.

Chris Daughtry nahm 2006 als Sänger an „American Idol“, der amerikanischen Variante von DSDS, teil und belegte dort den vierten Platz. Auffallend war schon damals seine kontroverse Songauswahl, so sang er in der Popshow beispielsweise den Metalsong „What If“ der Band Creed. Nach seiner breit diskutierten und unter mysteriösen Umständen zu Stande gekommenen Showniederlage veröffentlichte Daughtry mit seiner Band das gleichnamige Debütalbum, das zum am schnellsten verkauften US-Rockalbum der Musikgeschichte wurde und innerhalb von nur 5 Wochen über eine Millionen Mal über den Ladentisch ging. Nach mittlerweile vier veröffentlichten Alben und Konzerten zusammen mit „Ziehvater“ Chad Kroeger von Nickelback in den größten Hallen der Welt wird auch in München deutlich, wie routiniert Chris Daughtry mittlerweile mit dem Publikum spielen kann. Der 34-Jährige gibt den rockigen Bandleader, der alles überstrahlt. Dazu passt es, dass er seine Bandkollegen nur kurz vorstellt – wobei diese auch nur wenige Sekunden dauernde und kaum anspruchsvolle Soli darbieten dürfen.

Natürlich steht Chris Daughtry aber auch zu Recht im Mittelpunkt, denn seine herausragende Stimme kann selbst Gassenhauern wie Phil Collins „In The Air Tonight“ noch ganz neue Facetten abgewinnen. Der Sound beim Konzert ist perfekt abgemischt und seine Stimme trifft nicht nur bei diesem Coversong jeden Ton. Allerdings ist er vergleichsweise still und interagiert kaum mit dem Publikum. Lediglich den Song „Traitor“ widmet Chris Daughtry allen Leuten, die unter „Haters“ zu leiden hatten und ruft zum Aufstand auf – ganz der Westernheld.

Der Song ist gleichzeitig fast schon der schnellste Song der Setlist, denn insgesamt verfolgt die Band den Weg des neuen Albums „Baptized“, auf dem es deutlich ruhiger zur Sache geht als auf den früheren Alben. Deshalb dominieren auch insgesamt die ruhigeren Nummern wie „Broken Arrows“ und auch das fast schon an Countrymusik erinnernde „September“ fehlt nicht.

„Over You“ und „No Surprise“ werden nur in einem Medley gespielt und danach folgt der Song mit dem für Daughtry alles begann: „It’s Not Over“ und es scheint fast, als freue es ihn, endlich beherzt losrocken zu können. „Waiting For Superman“ und die Powerballade „Home“ folgen, ehe Daughtry nach einer Stunde und 15 Minuten schon die Bühne verlassen.

Während in anderen Städten auf der Tour noch „What About Now“ als Zugabe gespielt wurde, gibt es in München lediglich die Country-Mitschunkelnummer „Long Live Rock & Roll“ als Zugabe. Was bleibt ist ein gutes Midtempo-Rockkonzert, das aber leider keinen spannenden Showdown bieten konnte.

Michael Hellstern22.03.2014

TRACKLIST

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