Konzertbericht

Bruce Springsteen - Der CEO des Rock

Bruce Springsteen

Der CEO des Rock

Frankfurt - Commerzbank Arena
25.05.2012

Schlechte Zeiten scheinen diesen Mann zu motivieren. Zum Höhepunkt der Ronald Reagan Ära erschien „Born in the USA“, als die Flugzeuge in das World Trade Center rasten motivierte
dies Springsteen zu der grandiosen „The Rising“ Platte und nun, da die Wirtschaftskriese sein Heimatland immer mehr in den Abgrund treibt und auch vor Europa keinen Halt mehr macht bringt er
nach ein paar eher lauen Jahren das intensive „Wrecking Ball“ heraus und präsentiert sich auf der Bühne fitter und motivierter denn je.

Das Stadion war innerhalb von wenigen Tagen restlos ausverkauft und so warten 45 000 Menschen bei sommerlichen Temperaturen auf den Mann, den Sie den Boss nennen. Dass es ein guter Abend werden
wird ist klar, es hat noch nie einen Bericht über ein schlechtes Springsteen Konzert gegeben. Wie gut es aber letztendlich werden sollte konnte keiner ahnen.

Punkt 20 Uhr ging es los. Aus den Lautsprechern ertönt Musik aus einem Italo Western, während die 15 Mitglieder der E-Street Band auf der karg eingerichteten Bühne ihre Plätze einnehmen. Clarence Clemons am Saxophon ist leider nicht
mehr dabei. Der Big Man war vergangenes Jahr an den Folgende eines Schlaganfalls gestorben. Für ihn spielt nun sein Neffe Jake und wird dabei unterstützt von einem kompletten Bläsersatz, der durch Konzert hindurch immer wieder stark den Wind von
von New Orleans durch die Reihen wehen lässt. Auch sonst sind beim aktuellen Line Up der E-Street Band einige Musiker der grandiosen Seeger Sessions Band mit an Bord, mit der Springsteen vor ein paar Jahren den Folk der 30er Jahre partyfähig gemacht hat. Natürlich sind auch Nils Lofgren, Professor Roy Bittan, Mighty Max Wineberg und die anderen Ur Mitglieder der Springsteen Familie mit dabei.

Der Boss selber sieht frisch und erstaunlich jugendlich für seine 62 Jahre aus. Die Jeans sitzt perfekt, die Stimme ist geölt, die Telecaster gestimmt und mit einem „1, 2, 3 ….“ wird einer der großartigsten Partyabende angezählt, den die Stadt Frankfurt
dieses Jahr erleben wird. Das komplette Stadion ist sofort auf den Beinen, als die ersten Akkorde von „Badlands“ erklingen. Selten hat man Deutschland so am Feiern gesehen und das gleich von der ersten Minute an. Nach zwei neuen
Songs und dem Klassiker „Out in the street“, die alle am Stück gespielt werden, nimmt sich Springsteen Zeit für die erste längere Ansage und erzählt auf Deutsch (!) davon, wie er die Wirtschaftskrise in den USA war nimmt und
leitet so in das intensive „Death to my hometown“ ein. Nicht minder unter die Haut gehen tut die nächste Nummer „My city of ruins“, die mit einer Bandvorstellung beginnt und sich dann zu einem gewaltigen, 10minütigen Gospel steigert.

Inzwischen ist jeder im Publikum auf 100 % Glückseligkeit angelangt und wenn das Konzert nun vorbei wäre, dann würde sich niemand beschweren. Aber für den beständig glücklich grinsenden Mann auf der Bühne fängt die Party nun erst an.
Er wirkt dabei wie der Gastgeber von einem großen Familienfest der sich über jeden einzelnen Gast freut der erschienen ist und es scheint, als wolle er jeden einzelnen im Publikum kennen lernen. Immer wieder steht
er direkt bei den vorderen Reihen, lässt sich umarmen, klatscht die ausgestreckten Hände und lässt sich bei „Spirit in the night“ auf dem Publikum treiben, bevor er wieder auf die Bühne joggt, ohne den Gesang zu unterbrechen, in der Hand ein paar Schilder
mit Songwünschen aus dem Publikum. Da unten steht jemand der gerne „Summertime Blues“ hören möchte? Kein Problem, wird halt die Setliste geändert. Publikumsnähe wie kein anderer.

Was an dem Abend auch auffällt, ist das Durchschnittsalter des Publikums. Neben einigen Fans der ersten Stunde ist gerade auch die Liga der der 20 bis Mitte 30jährigen sehr stark vertreten, die lauthals und äußerst textsicher die
Songs mitsingen, was zeigt, das selbst fast 40 Jahre alte Klassiker wie „Thunder Road“ nichts an Relevanz verloren haben und auch heute noch die Massen bewegen können. Gleichermaßen begeistern wird aber auch das neue
Material aufgefasst wie z.B die Ballade „Jack of all trades“ über Herrn Jedermann, der darum kämpft seine Familie durchzubringen und letztendlich voller Verzweiflung mit der Waffe in der Hand da steht. Die Geschichte wirkt gerade auch angesichts der Lage
in Griechenland beängstigend real und auf die Masse übertragbar. Die Kunst eines großen Songwriters, den Nerv der Zeit zu treffen. Springsteen schafft dies seit 40 Jahren.

Ohne Pause geht es nach 22 Songs und 150 Minuten direkt in den Zugabenblock hinein mit dem schon fast vom R&B angehauchten „Rocky Ground“, bevor es mit dem die Magengrube erschütternden Beat von „Born in the USA“ in die große Endrunde
geht. „Born to run“ folgt als nächstes und eigentlich sollte laut Plan nun Schluss sein, aber Springsteen rennt immer wieder zum Publikum und fragt was sie noch hören wollen. „Glory days“? Aber gerne doch. Nach „Dancing in the dark“ liegt Springsteen schwer atmend auf der Bühne und winkt ab. Er kann nicht mehr, das war es. Die Show ist vorbei. Aber das Publikum tobt vor Hunger nach mehr, und so schüttet Gitarrist Little Steven Van Zandt seinem Chef einen Eimer Wasser über den Kopf worauf sich Springsteen nochmals aufrappelt und mit einem bombastischen „Tenth Avenue Freeze Out“ das Konzert ausklingen lässt. 30 Songs und 220 Minuten ohne Pause sind wie im Flug vergangen. An diesem Abend wird niemand unzufrieden nach Hause gehen.
3 Tage später hat Springsteen dieses Fest in Belgien und Köln wiederholt und hat dabei nicht einmal die Hälfte der Tournee hinter sich. Es gibt eine Einheitsaussage, die man immer wieder nach Konzerten von ihm hört. Es ist letztendlich vollkommen egal ob
man Fan seiner Musik ist oder nicht. Einen Auftritt von Bruce Springsteen muss man in seinem Leben einmal erlebt haben. Es gibt nichts vergleichbares.

Konrad Joe29.05.2012

TRACKLIST
Badlands
We Take Care Of Our Own
Wrecking Ball
Out in the Street
Death to My Hometown
My City of Ruins
Spirit in the Night
The E Street Shuffle
Jack of All Trades
Youngstown
Darkness on the Edge of T
Johnny 99
Working on the Highway
Shackled and Drawn
Waitin' on a Sunny Day
Summertime Blues
The Promised Land
The River
The Rising
Lonesome Day
We Are Alive
Thunder Road
Encore:
Rocky Ground
Born in the U.S.A.
Born to Run
Cadillac Ranch
Sherry Darling
Glory Days
Dancing in the Dark
Tenth Avenue Freeze-Out

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