Interview

Sons Of Seasons

Von der musikalischen Früherziehung auf die großen Bühnen der Welt

Noch dürften die Sons Of Seasons nicht in aller Munde sein. Eigentlich schade, denn wenn man bedenkt welche Musiker sich dahinter verbergen, dann sollte man ganz schnell hellhörig werden: Sänger Henning Basse (Metalium), Gitarrist und Keyboarder Oliver Palotai (Kamelot, Doro Pesch), Bassist Jürgen Steinmetz (Silent Force), Gitarrist Pepe Pierez (Ancient Curse, Poverty’s No Crime) und Schlagzeuger Daniel Schild (Afshin, Dada). Bereits mit ihrem ersten Album „Gods Of Vermin“ konnten die Musiker mit ihrem Symphonic Melodic Metal viele Metal-Fans überzeugen. Am 01. April 2011 erblickte nun „Magnisphyricon“, das neuste Album der Sons Of Seasons, das Licht der Welt. Und auch hier überschlägt sich die Musikpresse mit Lobeshymnen. Für Bizarre Radio ist dies Grund genug, um mal ein wenig mit der Band über ihre Anfänge und die Zukunft ins Gespräch zu kommen.

Bizarre Radio: Ich freue mich, dass ihr euch heute die Zeit nehmt um Bizarre Radio mal ein paar Fragen über euch, eure Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu beantworten. Fangen wir doch mal ganz vorne an. Seit wann gibt es die Sons Of Seasons und wie habt ihr zueinander gefunden?

Oliver: Ich habe Sons Of Seasons Anfang 2007 gegründet. Das Debüt erschien April 2009, was wohl den offiziellen Start der Band bedeutete. Damals verließen Daniel Schild, unser Schlagzeuger, und ich die Band des Ex-Iron Maiden-Sängers Blaze Bayley, wegen Streitigkeiten mit dem Management. Eigentlich waren die ersten Monate jenes Jahres für die Aufnahmen zur neuen Blaze-Platte reserviert; daher hatte ich zum ersten Mal in vielen Jahren einen offenen Zeitraum, und aus einem "Jetzt oder nie"- Gefühl heraus fing ich an, die ersten Songs für Sons Of Seasons zu schreiben, mit einer noch sehr unklaren Vision. Daniel war also von Anfang an dabei. Jürgen Steinmetz, unseren Bassisten, traf ich in Japan, wo er mit seiner Band 'Silent Force' im Vorprogramm meiner anderen Truppe 'Kamelot' spielte. Genauso lief es mit unserem Sänger Henning Basse, der in Japan mit 'Firewind' tourte. Und Pepe Pierez, der andere Gitarrist der Band, kam erst nach 'Gods Of Vermin', unserem Debüt, hinzu.

Henning: Wie Oliver schon sagte, haben wir uns auf der Kamelot / Firewind Tour
in Japan kennen gelernt, wo ich als Ersatzsänger bei Firewind eingesprungen bin. Wir kamen über Gott und die Welt ins Gespräch und kamen dann zum Thema Songwriting als Oliver erwähnte das er ein paar Songs / Parts geschrieben hat. Und da schon klar war das ich wirklich nur der Ersatzmann bei Firewind war, und in meiner eigenen Band Metalium keine Perspektive sah, kam das wie gerufen. Ich kannte Oliver noch gar nicht und wusste nicht welche Skills oder Richtung er hatte. Somit war ich Positiv überrascht, als ich die ersten Demos bekam: Es hebte sich von allem ab, was ich zu dem Zeitpunkt bisher gemacht habe, und da Herausforderungen für mich genau das richtige sind, kamen wir wieder ins Gespräch und arbeiteten an den Songs.

Bizarre Radio: Wann und wie ist der Bandname „Sons Of Seasons“ geboren worden und was bedeutet er für euch?

Oliver: Der Bandname spukte schon lange vor Gründung in meinem Kopf herum. Einerseits beschreibt er meine Beziehung zur Natur. Ich bin in einem Dorf am Rande des Schwarzwalds aufgewachsen, in das ich übrigens vor wenigen Monaten wieder zurückgezogen bin. Ich unternehme gerne lange Streifzüge durch die Wälder, wobei die Jahreszeiten und ihre Stimmungen mein Songwriting beeinflussen. Andererseits bezieht sich der Name auch auf die Vielseitigkeit und die vielen Einflüsse in unserer Musik, demnach die Jahreszeiten der Musik sozusagen.

Bizarre Radio: Welche Höhen und Tiefen habt ihr bis heute zusammen erlebt?

Henning: Ich denke das ist grundsätzlich was, was Bands durchmachen müssen und werden.
Das gute daran ist wenn die Bandmitglieder gut miteinander kommunizieren, und sich einigermaßen oder vollends riechen können, bekommt man sämtliche evtl. Probleme aus der Welt. Diese Vorteile sind bei Sons of Seasons gewährleistet. Unabhängig vom Zwischenmenschlichen sind da natürlich die Anfänge der Tourneen bzw. die ersten Clubgigs, wo wenige Menschen kommen,weil der Name noch nicht groß genug ist. Heutzutage musst du Touren Touren und nochmal Touren, damit du überhaubt verkaufst. Und da ist es selbstverständlich, wenn die Anfänge mit nicht so tollen Gigs bestückt sind. ( Nicht gut besuchte Gigs) Mittlerweile haben wir uns einen guten Namen erspielt, und die Akzeptanz und die Fangemeinde wächst. Höhepunkt aus meiner Sicht bisher war die Epica Tour 2009.

Oliver: Ich glaube, für jeden in der Band waren die vergangenen vier Jahre ein einziger Höhenflug, auch wenn wir nicht geglaubt hätten, dass es so hart wird, in der heutigen Zeit in der Szene Fuß zu fassen. Unsere Europa-Tour mit Epica war gigantisch. Wir machen komplexe Musik, und daher hatte ich Bedenken, ob das Publikum, das uns ja nicht kannte, auf uns einsteigt. Aber es war der Hammer - kein einziges schwaches Konzert. Andererseits war diese Tour auch schwer, da wir zu siebt mit einem Wohnmobil, das allmählich auseinander fiel, durch Europa gurkten.

Bizarre Radio: Das klingt ja fast schon ein wenig dramatisch. Aber kommen wir mal zu euren musikalischen Anfängen: Man wird ja eher weniger als Rockmusiker geboren. Wie seid ihr zur Musik gekommen und wann wurde euch klar, dass ihr euch mit Leib und Seele dieser Kunst widmen wollt?

Henning: Also ich habe schon mit 6 Jahren angefangen zu trällern und das in der Kirche. Aber das war nur Zwang. Mit 13 oder 14 Jahren war ich bereits Rock- und Metalfan. Nach „etlichen Ausfällen wie Fußball oder Jugendfeuerwehr“ habe ich meine erste Rockband gegründet. Ich denke der Wunsch kam nach meinem 3 Jährigen klassischen Gesangsunterricht voll und ganz auch eines Tages nur Musik zu machen.

Oliver: Ich ging schon mit drei, vier Jahren in die musikalische Früherziehung. Klassische Klavierstunden hatte ich ab dem siebten Lebensjahr. Meine persönliche Rock-Revolution erlebte ich mit 14 oder 15 mit meinem ersten Band, und auf Grund eines Klavierlehrers, der mir Blues- und Jazz-Improvisation beibrachte. Von da an war dann alles auf Musik ausgerichtet. Einige Jahre später begann ich dann, in Zürich, München und Nürnberg Musik zu studieren. Es gab allerdings ein kurzes Intermezzo an der Hochschule in Tübingen, wo ich Englisch und Musikwissenschaft studierte; das war eine Periode, in der ich unsicher war, ob ich von der Musik würde leben können. Daher glaubte ich, ein "Sicherheitsstudium" nebenher wäre eine gute Idee. Irgendwann stand ich mitten in der Vorlesung auf, mit dem Gedanken: "Selbst wenn ich unter einer Brücke schlafen muss, ab jetzt mache ich nur noch Musik". Um mich herum gab es entweder Studenten, die genauso gelangweilt herumsaßen wie in der Schule, oder solche, die mit Feuereifer dabei waren. Zu letzteren gehörte ich nicht, und mir wurde klar, dass ich mein Ding längst gefunden hatte, und nicht hierher gehörte. Der Professor schaute mich entgeistert an und ermahnte mich noch, dass Anwesenheitspflicht herrsche und ich nicht zurückkommen könne, wenn ich den Saal jetzt verließe. Ich sagte dann noch, dass ich bestimmt nicht zurückkäme, und das war es.

Bizarre Radio: Das nenne ich doch mal konsequent. Und apropos Musik: Vor fast 2 Jahren habt ihr euren aktuellen Longplayer „Gods Of Vermin“ veröffentlicht und nun steht der Release eures neuen Werks „Magnisphyricon“ an. Seit dem 01. April dürfen sich eure Fans beim Plattenhändler des Vertrauens dann ja endlich auch auf das Album stürzen. Was erwartet den Käufer denn auf dem Album?

Oliver: Eine konsequente Weiterentwicklung von 'Gods Of Vermin'. Es ist wohl nicht ungewöhnlich, dass das zweite Album einer Band eine entsprechende Entwicklung darstellt. In unserem Falle ist der Entwicklungsschritt meines Empfindens nach riesig. Und die Kritiken bestätigen das soweit auch. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf die Reaktionen der Fans.

Bizarre Radio: In wie weit unterscheidet sich das neue Album vom Vorgängerwerk „Gods Of Vermin“?

Henning: Eins kann ich sagen, das ich versucht habe vielseitiger zu singen und verschiedene Facetten und Stilistiken ausbauen konnte. Diesbezüglich sind die Sons Of Seasons ein Schlaraffenländle. Und wir haben Pepe Pierez als starken Songwriter dazu gewonnen was man der Gitarrenarbeit deutlich anhört. Von ihm sind auch ein paar Songs darauf enthalten. Dennis Ward hat das Album gemixt, und war schon immer ein Garant für bombastischen Sound.

Oliver: Die ganze Produktion ist stärker. Wir mussten auch diesmal mit einem kargen Budget hantieren, aber hatten sehr viel dazugelernt seit dem ersten Album. Die letzten vier Jahre waren für mich wie ein weiteres Studium, was Produktion und Recording betrifft. Und es machte einen großen Unterschied aus, dass ich wusste, für welche Besetzung ich komponierte, was ja, wie gesagt, beim ersten Album nur teilweise der Fall war, da insbesondere Henning erst in die Band kam, als ein Großteil der Songs schon geschrieben war. Und zu guter Letzt haben wir mit Pepe Pierez nicht nur einen großartigen Gitarristen hinzugewonnen, sondern auch einen unglaublich talentierten Riff- und Songschreiber.

Bizarre Radio: Habt ihr für euch schon ein Lieblingsstück auf „Magnisphyricon“? Wenn ja, welcher Song ist es und wieso?

Henning: Also ganz ehrlich muss ich sagen, Das ist seit langen eine Platte meiner Wenigkeit
auf die ich besonders Stolz bin, und es gibt keinen besonderen Song der „besonders“
Stark für mich ist. Ich höre die Platte momentan wie einen Song.
Sie sind alle wundervoll, und ich bin stolz auf meine Band, mit wie viel Energie und Herzblut sie da rangegangen sind.

Oliver: Ich kann mich da wirklich nicht entscheiden. Während ich bei 'Gods Of Vermin' noch sicher Nummern herauspicken könnte, wirkt die neue Platte für mich wie in einem Guss. Als Anspieltipps würde ich 'Bubonic Waltz' und danach vielleicht 'Tales Of Greed' empfehlen. Beide zeigen die Vielseitigkeit und gleichzeitig die Verschiedenartigkeit der Songs.

Bizarre Radio: Im April geht es für euch dann auf große Europatournee mit Kamelot. Ihr seid da sicherlich schon sehr gespannt drauf. Wie kam es zu der Idee der Zusammenarbeit?

Oliver: Nun, es hat sicherlich geholfen, dass ich der Keyboarder von Kamelot bin, haha. Dennoch war es nicht selbstverständlich deswegen. Eine Tour schwankt auch bei größeren Bands immer haarscharf am Rand der wirtschaftlichen Machbarkeit, und man muss sich genau überlegen, welche Vorbands man mitnimmt. Aber Sons Of Seasons und Kamelot passen gut zusammen. Dann kommen noch Evergrey und Amaranthe mit; ein Hammer-Paket.

Bizarre Radio: Wird es später auch noch eine eigene Headlinertour geben? Womit dürfen eure Fans 2011 vielleicht noch rechnen?

Oliver: Ja, unmittelbar danach gehen wir auf eine Double Headliner-Tour mit MaYan. Das ist das brandneue Projekt von Epicas Mastermind Mark Jansen. Das wird eine sehr spannende Konstellation. In Deutschland spielen wir im Mai in München, Frankfurt und Neukirchen.

Bizarre Radio: So, jetzt wo wir eure Entstehungsgeschichte und eure Musik betrachtet haben wird es Zeit mal ein wenig in der Kuriositätenkiste zu kramen. Was war das Verrückteste was ihr bisher in eurem Leben gemacht bzw. erlebt habt?

Oliver: Meine Entscheidung, Musiker zu werden, gehört in diese Kategorie. Seither ist jeder Tag anders und jedes Jahr bringt Neues. Ich bin seither viele Male um den Globus getourt, und da erlebt man automatisch eine Menge. In Wacken oder Rock Am Ring vor 40.000 Leuten zu stehen, ist toll. Einen Unfall mit dem Tourbus in den Bergen von Kanada zu haben, ist auch spannend. Einen Ausfall der Pyrotechnik zu erleben, wenn plötzlich dicke Klumpen geschmolzener Substanz auf dich runterhageln, und du weiterspielen musst, gehört dazu. Ebenfalls, auf Kreuzfahrt in die Karibik zu gehen mit 2000 Metal- Fans, wie zuletzt auf der '70 000 tons of Metal'- Tour.

Henning: Da gibt es bei mir einfach viele zu Dinge.

Bizarre Radio: Musiker gelten ja oftmals als exzentrische unberechenbare Persönlichkeiten. Wie würdet ihr euch selbst bzw. die restlichen Bandmitglieder beschreiben?

Oliver: Ich bin in meiner Arbeitsweise eigentlich sehr konservativ. Ich stehe morgens früh auf, und arbeite bis in den späten Abend hinein. Eine besondere Inspiration fürs Komponieren brauche ich nicht. Dieser ganze Begriff des Musikers als abgedrehte Persönlichkeit ist eine späte Erfindung der Romantik, und wurde später von Rockmusikern wieder aufgegriffen. Fast alle erfolgreichen Musiker, die ich kenne, sind im Kern disziplinierte Menschen, die wissen, worauf es ankommt. Wenn man sein Instrument über Jahre tagtäglich viele Stunden bearbeiten muss, geht das auch nicht anders.

Bizarre Radio: Zum Abschluss unseres Interviews habe ich noch ein paar Begriffe. Nennt mir doch einfach das, was euch so spontan dazu einfällt. Als erstes möchte ich da den Festivalsommer 2011 nennen.

Henning: Hoffentlich gibt der Sommer uns davon was ab.

Oliver: Wird für uns leider höchstwahrscheinlich noch etwas mau. Wir hatten einen Wechsel unseres Bookers, als die ganze Bewerbungsphase lief. Deswegen müssen wir uns wohl auf 2012 konzentrieren.

Bizarre Radio: Sex, Drugs & Rock’n’Roll.

Henning: Ist überbewertet.

Oliver: Weitgehend Klischees. Hinter der Bühne sieht es meist anders aus. Klar gibt es von allem etwas, aber das eigentlich Spannende ist die Musik an sich.

Bizarre Radio: VIP.

Oliver: ...- Pässe brauche ich, um mich vom ganzen Tohuwabohu eines Festivals mal zurückziehen zu können.

Henning: Es gibt zu viele Leute die sich dafür halten sind sie es aber nicht.

Bizarre Radio: Doc Martens

Henning: Habe grade vor en paar Monaten welche gekauft sind endlich eingelaufen.

Oliver: ...Schuhe?

Bizarre Radio: Ich bin mal so dekadent und sage jetzt einfach: Bizarre Radio.

Oliver: Gute geschriebene Reviews und Artikel, was leider bei manchen anderen Webseiten nicht selbstverständlich ist. Die Szene braucht aktive Musikfans, aber manchmal wünsche ich mir einen journalistischen Einführungskurs für manche.

Henning: Ihr solltet unsere nächste Platte spielen - rauf und runter.

Bizarre Radio: So, dass war es dann von meiner Seite. Schön, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt.

Kitty N.02.04.2011

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