Interview
Thorn Eleven
More Rock, Less Metal
Mit neuem Album "A Different View" im Gepäck stand uns David von Thorn Eleven zur Verfügung.
BR: Das neue Album "A Different View" unterscheidet sich stilistisch recht deutlich vom Vorgänger. Auf mich wirkt es rockiger, geradliniger und ein bisschen rotziger. Seht ihr das genauso und war dieser Wandel beabsichtigt?
David: Du hast den Nagel ziemlich genau auf den Kopf getroffen, würde ich sagen. Wir waren mit unserem selbstbetitelten Debütalbum von 2001 zwar immer zufrieden, fanden rückblickend aber, dass die Platte bei allem Perfektionismus in Sachen Produktion zu metallig geraten ist und es ihr ein wenig an wärme und feeling fehlt. Wir wollten weg vom relativ sterilen Sound des Vorgängers, hin zu mehr Emotionalität und Dreckigkeit. "More Rock, Less Metal", sozusagen. Und nach diesem Grundsatz haben wir uns dann auch für Roberto Laghi als Produzenten entschieden, weil wir uns von erhofften, dass er uns in genau diese Richtung würde führen können - und das ist ihm meiner Meinung nach sehr gut gelungen!
BR: Wie seid ihr beim Songwriting für das Album vorgegangen? Schliesst ihr euch dazu ein paar Wochen im Proberaum ein und rockt gemeinsam drauflos, oder gibt es unter euch ein Mastermind das den Ton angibt?
David: Wir haben unsere Songs schon immer gemeinsam im Proberaum geschrieben und das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben, weil es das einzige System ist, dass bei uns wirklich gut funktioniert. Natürlich braucht man immer einen Anfang, den meist ein Gitarrenriff oder ein Basslauf bildet, aber alles andere entwickeln wir gemeinsam. Meist ist es dann so, dass ich mich hinsetzte, um die Texte zu schreiben, wenn das komplette Songgerüst schon steht, weil ich sehr stark von der Atmosphäre des Songs abhängig bin, um auf Textideen zu kommen. Für "A Different View" haben wir über ein längeren Zeitraum regelmäßig drei- bis viermal die Woche im Proberaum gestanden und Ideen gesammelt, wurden leider aber zuerst durch den Ausstieg unseres Schlagzeugers Mathias und dann durch die Suche nach einem geeigneten Ersatzmann ständig in unserem Kreativitätsfluss unterbrochen, so dass wir am Ende mit unserem eigentlich großzügig gesteckten Zeitplan doch ein wenig in Schwierigkeiten gerieten.
BR: Habt ihr unter den Songs auf "A Different View" Favourites? Songs mit denen ihr besondere Erinnerungen oder Erfahrungen verbindet?
David: Da müsstest Du wohl jeden Einzelnen von uns persönlich fragen, da ich die derzeitigen Favoriten der anderen nicht kenne. Mein persönlicher Lieblingssong ist 4111, weil er zum einen meiner Meinung nach einer der besten Songs ist, die wir bisher geschrieben haben und wir zum anderen Martin Emil (Sänger einer unserer Lieblingsbands, nämlich den Eleven Pictures) für Gastvocals gewinnen konnten. Es war wirklich toll, eines seiner langjährigen Vorbilder treffen und mit ihm zusammenarbeiten zu können.
BR: Sicher hört ihr nicht pausenlos eure eigenen Alben rauf und runter, sondern schlüpft auch mal in die Konsumentenrolle. CDs welcher Bands rotieren zur Zeit bei euch daheim im CD-Player?
David: Wir gehören zwar alle zu der schwindenden Gruppe der regelmäßigen CD-Käufer, aber ich kann mich an kaum eine Platte der letzten Zeit erinnern, die mich wirklich vom Hocker gehauen und dauerhaft in meinem CD-Player gelegen hätte. Auf Der Maur, Switchfoot und Injected würde ich zu meinen Favoriten jüngerer Zeit zählen. Ansonsten passiert es aber immer häufiger, ich eher auf "Klassiker" meiner CD-Sammlung zurückgreife, weil mich die meisten aktuelleren Platten schnell zu langweilen beginnen.
BR: Wenn ihr die freie Auswahl hättet, mit wem (aktuelle, oder auch ehemalige Bands) würdet ihr dann gern einmal gemeinsam live auf der Bühne stehen?
David: Ich habe gerade gesehen, dass Incubus für ein paar Konzerte nach Deutschland kommen. Ich denke, auf diese Band würden wir uns alle sofort einigen können! Ansonsten würde ich noch immer gerne mal mit Mike Ness auf der Bühne stehen, auch wenn es musikalisch natürlich nicht so ganz passt und ein neues Social Distortion - Album ja nun schon eine halbe Ewigkeit auf sich warten läßt.
BR: Vermutlich ist es ziemlich schwer allein von dem was die Musik abwirft zu leben. Womit verdient ihr euch abseits der Bühne im Alltag eure Brötchen?
David: Es ist zwar immer noch der größte Traum, irgendwann mal alleine von der Musik zu leben, aber der rückt stetig in weitere Ferne...
Jeder von uns hat einen festen Job: Matthias arbeitet in einer Elektronikfirma als "Feinelektroniker" oder sowas, Kai verkauft bei einer großen Elektromarktkette CDs, Mathias (der inzwischen wieder mit an Bord ist, weil sich für ihn langfristig einfach kein adäquater Ersatz finden ließ) hat sich mit einem Laden für Reptilien, Spinnen und ähnliches in Weinheim selbständig gemacht und ich liege mit dem Praktischen Jahr in den letzten Zügen meines Medizinstudiums.
BR: Habt ihr schon eine Vorstellung davon wie es musikalisch mit Thorn Eleven weitergehen wird und was uns auf dem nächsten Release erwarten könnte?
David: Ich habe wirklich keine Ahnung! Vorneweg wären wir auch erstmal sehr froh und dankbar, wenn wir bei der momentanen Lage überhaupt noch die Chance bekämen, auf professioneller Ebene ein Album aufzunehmen und zu veröffentlichen... Ob wir dann eher poppiger werden oder uns auf unsere Wurzeln besinnen und einfach wieder drauflosschrubben, kann ich nicht sagen. Bisher haben wir einfach immer auf unseren Bauch gehört und das gemacht, wonach uns gerade der Sinn stand. Lassen wir uns also beide überraschen...
BR: Zum Abschluss noch eine Frage über die ich mir schon seit längerem erfolglos den Kopf zerbreche. Was zum Henker ist die tiefere Bedeutung eures Namens? :)
David: Tut mir leid, dass Du Dir darüber so lange den Kopf zermatert hast! Leider wirds auch jetzt nicht viel besser, schätze ich: Zu Anfang hießen wir nur Thorn, fanden dann aber heraus, dass es in Europa rund acht Bands mit demselben Namen gab und eine ihn sogar hatte schützen lassen. Also haben wir uns einfach dazu entschieden, die mysteriöse 11 hintendranzuhängen - die zwar innerhalb der Band tatsächlich eine tiefere Bedeutung, aber wir verraten sie nicht. Ganz einfach aus dem Grund, weil es sehr viel Spaß macht, von anderen Leuten Ideen zur Bedeutung unseres Namens zu hören...
Christian Euler, 20.03.2004
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