Interview

Olli Schulz & der Hund Marie

Von Metallern und Männern, Bühnen und Menschen

Olli Schulz rennt offene Türen ein. Ob Songwriter, Entertainer, Schauspieler, Komiker – er kann das irgendwie alles und bedient so jeden. Ohne sich dabei irgendwo anzubiedern, ganz im Gegenteil. Im Vergleich zu vielen Comedians nimmt man ihm das alles so ab, was er Abend für Abend an urkomischen Geschichten raushaut. Genauso funktionieren seine Songs. Man meint einfach zu wissen, was wann wie gemeint ist, darf lachen und weinen, wann man gerade möchte. Diese Mischung, und das weiß Olli Schulz selbst am besten, kommt an. Übriges dazu trägt das kleine Hamburger Lieblings-Label Grand Hotel Van Cleef bei, auf dem Schulz seine beiden Alben veröffentlichte und auf das spätestens dieser Tage dank dem mittlerweile bekannten Kino-Film "Keine Lieder Über Liebe" und der dazu gehörigen Hansen Band, die sich aus Hauptdarsteller Jürgen Vogel sowie diversen GHVC – Prominenten rekrutiert, auch diejenigen aufmerksam werden dürften, an denen all diese gute Musik bisher vorbeizog. Olli Schulz genießt, was er gerade machen darf, und vor allem, was er machen kann: Vom halbstündigen, selbstgedrehten Roadmovie, wie er und seine Band ein Country-Festival in Hamburg unterwandern, über Anekdoten über Bono oder Roger Miret bis hin zu Grindcore-Masken-Grunz-Einlagen: Schulz macht das alles auf der Bühne, und genau diese Scheulosigkeit, diese Mischung aus vermeintlichen Peinlichkeiten und kleinen Beobachtungen diverser Alltags-Skurrilitäten, sorgt dafür, dass man ihm aber auch gar nichts von seinen Performances übel nehmen kann. Im Gegenteil, so wird sich heute im nicht ganz ausverkauften KKC in Essen - was trotz absurder aktueller AStA-Politik hoffentlich noch lange seine Türen offen halten wird - mal wieder zeigen, wird amüsiert noch das mindeste Attribut sein, was das Publikum sich während der insgesamt fast zweistündigen Show zuschreiben wird. Nicht selten sieht man Leute weinen, sich dabei aber den Bauch und am Arm des Nachbarn haltend. Unterhaltung galore; tot, wer nicht mindestens ein Dauergrinsen auf den Backen hat. Bevor all das als Fazit eines tollen Konzerts resümiert werden kann, isst Olli Schulz samt Band (nur ohne Hund Marie) zu Abend und plaudert dabei gerne und ausführlich über das kleine Phänomen seiner Person, die vielmehr Randerscheinung von anderen Dingen ist als umgekehrt und erweist sich vor allem als leidenschaftlicher Musik-Fan, der wohlbedachter mit seinem Stand umgeht, als man vorher meinen könnte. Und sich trotz erwartungsgemäßer Redefreude, Lockerheit und Sympathie nur genauso offen gibt, wie es die Situation erfordert.

BR: Ein guter Bekannter von mir wird von seinen Freunden immer damit aufgezogen, dass er im Sommer nicht braun sondern beige wird. Hast du ihm "Das Beige Album" gewidmet?

Schulz: Nein habe ich nicht – aber in Gedanken jetzt doch schon ein bisschen, wo ich's weiß…

BR: Sondern? Warum der Titel?

Schulz: Weil's beige ist.

BR: Das eine bedingt ja nun das andere…

Schulz: Wir haben das Artwork gesehen, dass eine Frau für uns gemacht hat, das hat uns gefallen, wir haben lange nach einem Titel überlegt und uns letztendlich dafür entschieden!

BR: Warum sind es nicht die Alternativ-Titel geworden, wie Du sie im Visions-Interview erwähntest?

Schulz: Weil sie einfach nicht zum Album gepasst hätten. Wir wollten nicht wieder durch so einen Gag die Platte in eine Richtung lenken sondern ihr diesmal einen neutraleren Titel geben.

BR: Wo wir schon beim Thema sind: Bist Du Sänger oder Entertainer?

Schulz: Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Ich bin auf alle Fälle beides. In vielen Magazinen wird man ja direkt in eine Schublade gesteckt. Manche schreiben "Olli Schulz, der Songwriter", andere "Entertainer", wieder andere "Komiker". Wie man mich nennt, ist mir egal – solange der- oder diejenige Eintritt zahlt und die CD kauft, sich freut und einen schönen Abend hat und es ihm nicht zu langweilig ist, dass wir zwischendurch auch mal ein paar Lieder spielen…! Jedem das Seine. Ich selber definiere das gar nicht, sondern mache das, worauf ich Lust habe.

BR: Bist Du privat ein anderer Mensch als auf der Bühne?

Schulz: Ein bisschen schon. Ich bin natürlich immer so lustig, wie man sich das auf der Bühne vorstellt: "Hey der Typ muss ja rund um die Uhr witzig sein und immer lustige Geschichten erzählen" – das ist natürlich nicht der Fall. Auf der Bühne mach ich das gerne, weil ich irgendwann entdeckt habe, dass ich ein Talent dafür habe. Und als ich dann vor ein paar Jahren, als ich das Angebot bekam, eine Platte aufzunehmen, dachte, dass es mir doch eben leicht fällt, Leute zu unterhalten, warum sollte ich dann kein Geld damit verdienen und das nicht ein paar Jahre machen? Es macht mir einfach Spaß zu sehen, dass die Leute glücklich nach hause gehen. Und dadurch, dass immer mehr Menschen zu unseren Konzerten kommen und wir mehr Platten kaufen, merken wir ja, dass wir irgendwie auf dem richtigen Weg sind. Wir machen also einfach weiter ohne uns groß zu überlegen, ob wir eine Rockband oder eine witzige Truppe oder was auch immer sind.

BR: Es warst also nicht Du, der unbedingt auf die Bühne wollte, sondern andere Menschen haben dich dazu gebracht?

Schulz: Am Anfang habe ich mich da schwer getan. Da kam vom Grand Hotel (Van Cleef, Label, d. Red.) der Wunsch, ich solle doch mal diese Platte aufnehmen. Am Anfang hatte ich da so meine Zweifel, weil ich niemand bin, der von sich behauptet, der geilste Songwriter zu sein, der Songs wie Radiohead schreibt oder so. Ich mache meine kleinen Sachen und habe mir dabei nie ausgemalt, dass irgendwann ganz Deutschland auf einen steht oder so was. Danach kam dann noch das Angebot, eine zweite Platte aufzunehmen, und eine dritte wird es wohl auch noch geben! Das ist auch alles gut so, aber ich selbst wäre nie auf eine Plattenfirma zugegangen und hätte gesagt " Ey, macht doch mal was mit mir!".

BR: Das klingt sehr höflich und beinahe zurückhaltend – andere Bands überlegen sich ja erstmal selbst, ob sie überhaupt noch eine Platte machen wollen würden oder nicht…

Schulz: Ja, man will sich ja auch weiterentwickeln, und die zweite Platte ist ja auch sehr anders als die erste…aber, solange ich eben die Möglichkeit dafür bekomme, mache ich das und nehme das mit und bin dankbar, dass Leute an mich glauben. Und die Tatsache, dass auch andere Plattenfirmen anfragen zeigt ja, dass es nicht so falsch sein kann, was man macht. Aber ich bin niemand der sich selbst so glorifiziert. Ich freu mich über volle Konzerte und verkaufte Platten, klar – aber ich könnte wohl notfalls auch ohne das leben.

BR: Prinzipiell machst du ja nichts besonderes, könnte man meinen. Du stellst Dich hin und erzählst Geschichten…

Schulz: …und spiele begnadete Songs!

BR: Kann so was wie ersteres nicht jeder?

Schulz: Nö, sonst würden das ja bestimmt mehrere machen. Es gibt ja so viele Comedians. Neulich war auf RTL dieser Comedy-Verleihung. Da stehen dann 50 Typen auf der Bühne und alle machen mehr oder weniger das gleiche. Der eine macht dann mehr so den Proll-Humor, "ja wir Männer sind ja so und so…", Atze Schröder z.B., dann die, die mehr so diese "ja Frauen, die versteht ja keiner, dieser ganze Beziehungsscheiß" - Schiene fahren, Mario Barth und wie sie alle heißen. Ich kann da irgendwie nicht mehr drüber lachen. Ab und zu ist bestimmt was Witziges dabei, aber im Grunde erzählen die alle den gleichen Blödsinn und sind vor allem limitiert auf ihre eigene Rolle als Komiker. Und das wäre mir persönlich zu langweilig und würde mich nicht reizen, auch wenn ich damit mehr Geld verdienen könnte. So hab ich halt die Möglichkeit, Musik zu machen, weil ich auch schon immer Musikfan war, und wenn mir danach ist, aber auch Blöcke einzubauen, in denen ich Geschichten erzähle. Das ist vielleicht auch für diejenigen unterhaltsamer, denen es zu öde ist, eine Band zu sehen, die gar nicht redet. Die denken sich dann nach einer Stunde "Naja zwei drei Lieder waren ja ganz nett, aber jetzt noch eine Stunde…", die Beine werden schwer – bei einem Komiker ist es aber genau das gleiche. Du lachst die erste halbe Stunde, und danach haut er dann nur noch so blöde Zoten raus. Unsere Mischung ist da vielleicht ganz gut.

BR: Diese Leute arbeiten ja auch immer auf die eine Pointe hin, bei Dir gibt’s so was ja meist gar nicht, das Lustige sind die Geschichten selbst. Worüber lachst Du selbst am meisten, was ist guter und was schlechter Humor?

Schulz: Ich mag gerne intensiven Humor. Viele sagen da Loriot, der ist aber auch einfach toll gewesen! Aber selbst Otto hatte eine tolle Phase – über seinen ersten Film kann ich immer noch lachen, das war neu und hatte Seele, als ich da mit zwölf im Kino saß. Mittlerweile ist er ja auch nur noch ein Schatten seiner selbst, das Comeback hätte er besser sein gelassen. Ich mag auch dänische gute Action-Filme, z.B. "In China essen sie Hunde", kennst Du den? Action-Komödien mit sehr viel Humor, wie auch "Old Men In New Cars", der zweite Teil von erstgenanntem, kam gerade raus. Oder "The Good Cop". Diese Filme mit ihren bestechenden Dialogen arbeiten auch nicht immer auf eine Pointe heraus sondern reden einfach dummes Zeug, so was finde ich witzig.

BR: Nutzt Du Witz oder Ironie, um ernste Sachen leichter auszudrücken oder oft auch nur des Witzes wegen?

Schulz: Mit Ironie arbeite ich eigentlich wenig. Es gibt vielleicht ein oder zwei Songs, z.B. "Rock'N'Roll Lifestyle", die ironisch oder sarkastisch sind, meistens ist es aber einfach eine Sache, die ich beschreibe, wie z.B. in "Schon Lange Was Defekt" eine Beziehung die auseinander geht, oder in "Der Film Beginnt" die Beschreibung eines Lebens, das Du lebst, völlig ohne Ironie oder Sarkasmus. Es ist auch immer vom Thema abhängig, und diese Dinge sind mir zu wichtig, als das ich da Gags reinbringen wollte. Trotzdem muss man es als gute Geschichte erzählen – ich mache nicht so einen Seelenstriptease a la "Ja ich bin hier und du rufst nicht mehr an…", so was will ich auch nicht schreiben.

BR: So ist z.B. der "Bettmensch" ja auch vordergründig witzig, und doch kann man bekannte Situationen darin wieder finden…

Schulz: Der ist eigentlich sogar eine tragische Geschichte, weil ich zu seiner Zeit die Biografie von Brian Wilson gelesen habe, der Ende der 70er so depressiv war, dass er ein Jahr lang nur im Bett gelegen hat und sonst nichts gemacht hat! Da hat er sich sein Schlafzimmer mit Sand ausschütten lassen damit er so ein bisschen Beach-Feeling hat! Er war so schwermütig und depressiv durch exzessives Drogen nehmen. Und dieses Lied hat eben so was vom "sich der Welt verschließen". Natürlich ist es auch witzig gemeint, aber geht auch darum, dass man manchmal einfach keine Lust hat, sein Leben in so einer stressigen Welt zu leben.

BR: Und so behaupten ja auch viele, dass dein neues Album ernster klänge. Bist Du tatsächlich ernster geworden?

Schulz: Nö, aber ich hatte Lust dazu, ein paar ernstere Songs zu machen. Mit Max Schröder (der Hund Marie, d. Red.) und Swen Meyer, unserem Produzenten, haben wir uns ein Haus auf Föhr gemietet. Da haben wir viel Elliott Smith gehört, oder Wilco, Bonnie Prince Billy, und das hat natürlich etwas auf uns abgefärbt. "Bettmensch" sollte z.B. viel schneller und fröhlicher werden, dann hatten wir aber Lust das viel ruhiger dar zu stellen…

BR: Hat sich denn seit dem ersten Album persönlich etwas bei Dir geändert oder in Deiner Art, Songs zu machen?

Schulz: Man hat mehr gelernt. Vorher habe ich einfach für mich Gitarre gespielt, ohne Ambition oder Motivation, ein besserer Musiker zu werden. Und jetzt, wo ich die Möglichkeit habe, Platten aufzunehmen, bin ich motivierter, lerne mehr dazu, will mich ja auch weiterentwickeln. Die nächste Platte soll wieder anders als die ersten beiden werden, ich möchte mich auch nie auf einen bestimmten Sound zu sehr festlegen. Man sollte auch immer genug Bandbreite zum ausspielen haben. Wenn Du jetzt vier Alben lang genau das gleiche gemacht hast, dann kannst Du nicht plötzlich einen totalen Umschwung machen, weil alle dann denken, dass es ja "gar nicht mehr so ist wie es mal war". Und wir sind zwar auf beiden Alben erkennbar Olli Schulz, können aber auf der nächsten gut und gerne wieder was anderes machen.

BR: Was ist für Dich der perfekte Song? Gibt es den?

Schulz: Nee. Den perfekten Song haben Wilco besungen auf ihrer letzten Platte ("The Late Greats"). Aber eigentlich wird der perfekte Song nie geschrieben, läuft niemals im Radio, Du kannst ihn nirgendwo hören, aber es gibt ihn irgendwo! Er ist in Dir drin, aber Du kannst ihn nicht spielen. Das ist das, was die Musik weiter antreibt: Alle Musiker denken: "Ich schreib gerade den perfekten Song", aber kommen dann nie da an, sondern suchen immer weiter. Genau das ist ja auch das Feuer und der Ehrgeiz dabei.

BR: Wie viel Einfluss haben Deine Mitmusiker bei der Entstehung?

Schulz: Der Hund Marie hat den größten Einfluss, weil er eben alle Instrumente spielt! Ich komme mit meinen Ideen an und erklär ihm meine Vorstellungen, lege vor allem sehr viel Wert auf seine Meinung, weil er einen sehr guten Musikgeschmack hat. Auf der letzten Platte hat auch Andre (Frahm, Marr-Drummer, d.Red.) auf einem Song Schlagzeug gespielt, Dennis (Becker, Schulz- und Tomte-Gitarrist, d.Red.) bei zwei Songs Gitarre, und daran wollen wir weiter arbeiten, mehr als Band zu machen, weil wir auch schon lange zusammen touren und immer mehr zusammen wachsen. Anfangs hingegen waren Max und ich ja ausschließlich alleine auf Tour.

BR: Wie sieht ein gewöhnlicher Tag in Deinem Leben abseits von Touren aus?

Schulz: Das ist immer unterschiedlich. Ich wohne ja neuerdings in Berlin (der Liebe wegen…) und habe mich da in letzter Zeit erstmal eingerichtet. Da arbeite ich ja auch bei Radio Fritz ab und zu mit meiner "singenden Kolumne": Da können die Zuhörer per Mail sagen, worüber ich bitte mal ein Lied machen soll. Darüber singe ich dann eine Minute, spaßige Angelegenheit. Dann moderiere ich demnächst so einen blöden Award, ach nee das darf ich natürlich nicht so sagen… ist jedenfalls so ein ostdeutscher Newcomer-Award, und wenn die mich fragen und ich dafür bezahlt werde mach ich das natürlich! So was mache ich, dann mache ich Songs, dann habe ich einen Hund und eine Katze, der Hund muss dreimal raus am Tag, ich les auch mal ein Buch oder so…

BR: Würdest Du all das ohne Deinen jetzigen Job auch machen?

Schulz: Ich habe mal Medienwissenschaften studiert. Nicht abgeschlossen, aber ich habe mal freiberuflich bei Filmproduktionen als Aufnahmeleiter-Assistent gearbeitet. Da kenne ich Leute, bei denen ich dann wieder arbeiten könnte, wenn ich wollte. Irgend so einen Scheiß-Job halt…

BR: Beteiligst Du Dich an Diskussionen wie z.B. an derer, an der Kettcar z.B. durch ihren Beitrag auf "I can’t relax in Deutschland" mitwirken? Oder trennst Du da zwischen Privatmensch und Musiker?

Schulz: Ich wurde da neulich schon mal drauf angesprochen, habe mich damit bisher aber noch gar nicht auseinandergesetzt. Ich weiß nur, dass es gerade eine Kampagne gibt, die heißt "Du bist Deutschland", und da habe ich ein Lied geschrieben, das heißt so: "Du bist Deutschland, aber wir sind Papst"! Aber, worum geht es denn da überhaupt?

BR: Kurz gesagt, um die Kritik an jeglicher Form von Nationalismus, der bei uns heutzutage an jeder Ecke lauern würde.

Schulz: Das find ich ja soweit eine vernünftige Sache, aber was wollen die mit "I can’t relax in Deutschland" bewirken? Ist das nur ein Sampler?

BR: In erster Linie ein kleines Buch, dem ein Sampler beiliegt. Die Standpunkte sind nachvollziehbar, aber gleichzeitig sehr idealistisch und radikal, z.B. müssten idealsterweise sämtliche Formen von Staaten und Grenzen abgeschafft werden, wenn ich einige Punkte da richtig verstanden habe.

Schulz: So einen Scheiß wiederum kann ich ja gar nicht ab! Auch diese Polit-Spinner, die Dinge sagen wie "Dieses Land muss zerstört werden…" – dann sollen die doch ehrlich gesagt einfach abhauen! Ich bin wirklich kein Deutschland-Verfechter und trage keinen Nationalstolz in mir oder so was, aber immer nur blöd von Auflösung oder Anarchie zu brüllen, und das von Leuten, die teilweise echt älter sind, dann find ich das meist dämlich. Und man muss dabei auch einfach mal sehen, dass es genug Menschen gibt, die einfach ein Leben leben wollen, was halbwegs menschenwürdig ist und sich nicht damit auseinandersetzen wollen, dass dieses Land aufgelöst werden soll. Es gibt Menschen die Kinder haben und die sonst alle möglichen Verpflichtungen im Leben haben. Dieses Land ist bestimmt kein tolles Land, wir haben bald eine richtig beschissene Regierung, es gibt genug Sachen, gegen die man kämpfen kann, das sollte man auch tun. Aber einfach stumpf "Auflösung" oder so was zu brüllen ist mir zu stupide. Zur angesprochenen "I Can't Relax"-Kampagne kann ich aber nichts sagen, weil ich es ja nicht gelesen habe.

BR: Bei Deinem Auftritt beim diesjährigen "Rheinkultur"-Festival hast Du aber schon ziemlich konkret gegen eine große deutsche Volkspartei gewettert.

Schulz: Ja, muss man auch mal machen. Ich wollte einfach nicht, dass die CDU die Wahl gewinnt. Die SPD ist genauso schrecklich, auch die Neue Linke finde ich scheiße! Ich hab mich damit befasst, dass sind alles keine guten Parteien. Allerdings ist die CDU die dümmste von allen, weil die dafür sorgen wird, dass da Leute in den Krieg geschickt werden. Vor knapp vier Jahren war gegenüber George Bush überall zu sehen, dass die CDU ihr absolutes Einverständnis gab, dass dieser Krieg geführt wird, dass da deutsche Soldaten geschickt werden sollen. Und da fand und finde ich, dass man gerade einem so jungen Publikum ganz stumpf – ich bin auch kein großer Redenschwinger was politische Themen angeht – irgendwas mitgeben muss. Ich bin in meinem Programm nicht politisch fixiert, auch wenn es dazu gehört, meine Meinung zu vertreten.

BR: Du sprachst eben schon Dein Label "Grand Hotel Van Cleef" an. Hättest Du auf einem weniger "populären" Label ähnlichen Erfolg gehabt? Nicht zuletzt wegen Tomte und Kettcar lernen Leute Dich ja auch kennen.

Schulz: Naja, so ganz stimmt das ja nicht. Wir haben schon viel mit anderen Bands gespielt, jedoch noch nie mit Tomte. Bei Kettcar standen wir fünf- bis siebenmal im Vorprogramm, aber noch nie eine ganze Tour. Natürlich ist das ein super Label, total sympathisch, aber wir waren schon genauso oft mit "Die Ärzte" unterwegs oder "Wir Sind Helden". Ob ich auf einem anderen Label weniger populär wäre, kann ich nicht sagen, glaub es aber nicht. Wahrscheinlich hätte ich nur ohne die Jungs nie ein Album aufnehmen können, da bin ich sehr dankbar natürlich!

BR: Ist das GHVC denn das Kollektiv, als das es alle sehen wollen?

Schulz: Das wird etwas glorifiziert. Ich habe mit allen ein tolles Verhältnis, es sind auch sehr viele Freunde dabei, aber es nicht so, dass man sich nachts anruft und Songs durchs Telefon vorspielt…man redet über sich, seine Musik, meistens pusht man sich auch, aber wie überall gibt es da auch verschiedene Ansichten, Streits kamen auch schon mal vor. Alles in einem Maß, das sehr cool ist, eben weil man sich schon seit 10-15 Jahren kennt. Das macht die Sache sehr viel leichter als mit Geschäftspartnern.

BR: Du erwähntest eben selbst, dass schon Anfragen anderer Labels da sind. Wäre ein Wechsel überhaupt eine ernsthafte Option?

Schulz: Ich höre mir das auf jeden Fall mal an! Für mich ist nicht jedes Major-Label gleich der Teufel, Angebote sind da. Eigentlich bin ich dem GHVC aber absolut treu. Es ist halt ein Label, die super viel machen, dafür dass sie eigentlich nur drei Leute sind, das ist total angenehm mit denen.

BR: Einen gab es da noch: Was macht Bibi McBenson eigentlich?

Schulz: Der bringt bald eine Solo-Platte raus. Wir haben uns aber zerstritten, reden nicht mehr miteinander. Geldschulden hat er. Aber ich habe eine neue Single namens "Jetzt gerade bist Du gut" rausgebracht, auf deren B-Seite ein Song von Bibi ist: "Backstage, Baby". Ich musste das auch machen weil er mich erpresst, ich hätte sonst aufs Maul bekommen! Du wirst aber noch einiges hören...

Fabian Soethof07.11.2005

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