Interview
Mr. Irish Bastard
Geschichten über Punkrock, Guiness und Randale
Passend zum Release ihres Debuts „The Bastard Brotherhood“ (VÖ: 29.2.2008) hatten wir vor wenigen Tagen die Ehre, bei unseren münsteraner Irish-Punk-Nachbarn MR. IRISH BASTARD im Proberaum vorbei zu schauen, um ein paar Fragen los zu werden. Resultat war ein langes, langes Gespräch, hauptsächlich mit Mr. Irish Bastard himself, Chris Lennon (vocals) . Die Highlights präsentieren wir euch im folgenden. Viel Spaß beim lesen, es lohnt sich!
BR: So, zuerst mal für euch als irisch beeinflusste Band: Pils oder Guiness?
Mr. Irish Bastard: GUINESS!!! Auf jeden Fall.
BR: Dann stellt euch zunächst einmal vor. Wer ist Mr. Irish Bastard?
MIB: Ich bin Mr. Irish Bastard! [lacht]
BR: Dann stell die Band mal ein wenig vor. Ihr seid ja noch ziemlich „frisch“ und nicht jeder kann schon etwas mit eurem Namen anfangen.
MIB: Ja, uns gibt es jetzt seid Mitte 2006 und wir machen Irish-Folk-Punk. Ich hatte `92 schonmal eine Band, die Irish-Folk-Punk gemacht hat, aber wir haben uns aus verschiedenen Gründen aufgelöst. Jahre später hab ich einen Teil wieder zusammengetrommelt und über verschiedene Wege kam es zur heutigen Konstellation. Jeder kannte sich über verschiedene Ecken, halt die Musikerszene Münster und dann kam es dazu, dass ich vorgeschlagen hab, wir sollten mal wieder was machen und alle hatten Bock.
BR: Und ihr kommt alle aus Münster?
MIB: Also ich wohne ja jetzt in Düsseldorf, aber ursprünglich sind wir alle aus Münster.
BR: Hattet ihr alle schon vorherige Projekte/Bands, in denen ihr gespielt habt?
MIB: Ja, wir haben alle in verschiedenen Punkbands gespielt. Also wirste jetzt nicht kennen, aber so Münsteraner...
BR: ... Urgesteine?
MIB: [lacht] Das hört sich ja jetzt an. Sagen wir...mittel-alter-junges ...Urgestein.
BR: Würdet ihr euch eher bei Flogging Molly oder den Dubliners einordnen?
MIB: Also auf jeden Fall eher bei Flogging Molly. Die Dubliners sind ja ein richtiges Urgestein, wenn es darum geht, Urgesteine zu suchen. Die sind halt die jenigen, die das sozusagen in die Welt rausgetragen haben und sind natürlich sehr bekannt. Das sind aber natürlich zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.
BR: Darum geht es ja. Zu sagen, wir sind mehr vom Punk beeinflusst oder vom Folk.
MIB: Wir kommen auf jeden Fall aus der Punkecke. Wir haben ja wie gesagt alle in Punkbands gespielt und wir waren nicht die jenigen, die im Pub in der Ecke gesessen haben und gejammt haben.
BR: Habt ihr damit gerechnet, dass eure EP „St. Mary’s School Of Drinking“ so ein Erfolg werden würde und dass sie sich 3000 mal verkaufen würde?
MIB: Wir haben ja REEDO, unser eigenes Label. Der Hintergrund ist, dass wir nicht denken, dass ein Label was für uns tun kann, zumindest jetzt nicht und dann haben wir es halt selbst rausgebracht. Die Aktuelle ist ja auch auf REEDO, der Unterschied ist nur, dass wir jetzt einen Vertrieb haben mit Roughtrade, was natürlich sehr geil ist. Wir haben nicht unbedingt erwartet, dass das dann 3000 Stück werden, das war schon ein bisschen überraschend. Über eBay kamen dann viele Verkäufe zustande und über Shops und das läpperte sich dann irgendwie.
BR: Meint ihr, ihr seid so schnell so bekannt geworden, weil ihr so viele Konzerte gespielt habt oder weil ihr Myspace als Plattform hattet oder was denkst du? Ihr seid ja in den 2 Jahren sehr schnell sehr groß geworden, wofür andere Bands vielleicht 10 Jahre brauchen.
MIB: Wir hoffen ja, dass wir 10 Jahre brauchen werden, um wieder von der Bildfläche zu verschwinden. [lacht] Myspace ist natürlich ein wahnsinniges Tool, quasi die Freiheitserklärung für jeden Musiker. Du kannst dadurch ziemlich viel bewegen und es ist deine eigene Entscheidung, ob du dann Nächte lang da sitzt und Friends addest oder nicht. Du kannst es halt selbst bestimmen. Und Myspace ist halt ein gutes Beispiel für Selbstbestimmtheit in der Musik. Das ist’ne wahnsinns Plattform und hat sicherlich viel dazu beigetragen, dass wir in sehr kurzer Zeit recht bekannt geworden sind.
Für uns ist es natürlich super, wenn Leute aus Amerika und Japan unser Zeug bestellen. Das ist auch so ein Gedanke, an den wir uns immernoch gewöhnen müssen. Dass Leute in Japan sagen, ich hätte gerne eine Mr. Irish Bastard CD im Schrank. Oder, dass Amerikaner unsere Shirts haben wollen.
BR: Habt ihr denn da auch schon Konzerte gespielt?
MIB: Ne, noch nicht. Wir haben uns ja jetzt eher so auf Europa konzentriert, aber vielleicht kommt der Zeitpunkt, wo wir dann in die USA kommen können. Gibt schon ein paar Anfragen, aber Anfragen im Musikbereich heißen halt nichts.
BR: Nochmal kurz zurück zum Label. Ihr habt also selbst eins gegründet?
MIB: Genau, REEDO. Reedo war der...was war der nochmal? Reedo war der Sänger von einer Band, mit der wir auf Tour waren. Ich hatte Epiphanie vorgeschlagen, aber es wusste keiner, was das heißt. [lacht] (Anm. d. Red.: Epiphanie (griech. epiphaneia „Erscheinung“)
BR: Das heißt, ihr seid jetzt die einzige Band bei euch auf dem Label?
MIB: Ja, und das soll auch so bleiben. Also wir haben keine kommerziellen Ambitionen.
BR: Also eine Band mit einem eigenen Label nur für sich.
MIB: Genau, ein ganz exklusiver Club [lacht]
BR: Muss man als irisch beeinflusste Band zwangsläufig „Drinking Songs“ spielen?
MIB: Also wir singen nicht über das sich betrinken, wir tun’n nur. [alle lachen]
Natürlich war das mit „St. Mary’s School Of Drinking“ gewissermaßen Programm. Das aktuelle Album ist von der Themenbreite ganz anders, du hast zum Beispiel Songs wie „Blood On The Flag“, was ein Anti-Kriegs-Lied ist. Nicht auf einen bestimmten Krieg bezogen, gerade in diesen Zeiten, sondern ganz allgemein.
BR: Das heißt, ihr lasst auch weiterhin politische Themen mit einfließen.
MIB: Also wir sind eigentlich keine politische Band, aber ich denke es ist auch für eine Band aus unserem Genre ok, ein Thema anzuschneiden, was über die Frage hinaus geht, wo ich mein nächstes Fass Guiness herkriege.
BR: Ihr habt aber auch La Vida Loca gecovert.
MIB: [alle brechen in schallendes Gelächter aus] Ja, ich habe Shrek gesehen und am Ende kommt La Vida Loca und dann hab ich Jan eine SMS geschickt und gesagt, wir müssen das unbedingt covern. Und er schrieb zurück ‚Ja, super’ und schon war die Idee geboren und nicht mehr tot zu kriegen. Wir haben ja zum Beispiel auch The Cure gecovert und unserer Meinung nach ist es gut, immer mal wieder neue Sachen zu machen – warum nicht?
BR: Seid ihr an die neue CD mit bestimmten Vorstellungen gegangen?
MIB: Also es war sehr, sehr intuitiv. Wir haben da sowieso eine relativ unorthodoxe Art und Weise Platten aufzunehmen. Die Grundsachen machen wir gemeinsam fertig und dann geht jeder irgendwie ins Studio und wir sehn uns da auch nicht so unbedingt. [lacht] Und dann kriegst du halt die Spuren, die die anderen gemacht haben und denkst dir dann ‚Oh, ok!’ und dann machste halt deine Sachen. Manchmal werden auch Sachen kurz im Studio arrangiert, wir Proben da nicht großartig.
BR: Die Songs entsehen also quasi spontan, ihr setzt euch da nicht zusammen und schreibt gemeinsam dran?
MIB: Beides eigentlich. Manchmal werden CDs rumgegeben, mit einem Vorschlag, der aber auch nur ein Vorschlag ist. Manchmal schreiben wir Songs zusammen und verändern im Studio noch ein bisschen, manchmal entstehen die fertigen Versionen erst beim aufnehmen direkt, wenn wir Schlagzeug- und Bassspur haben und dann einfach mal gucken. Also eher unüblich und mal sollte es auch nicht unbedingt so machen, es ist nicht unbedingt empfehlenswert. [lacht]
BR: Aber scheint ja gut zu funktionieren.
MIB: Es ist halt irgendwie das Chaosprinzip. Bei uns klappt das irgendwie.
BR: Nur das Genie beherrscht das Chaos?
MIB: [Gelächter] Naja, wir verwalten das Chaos ein bisschen.
BR: Wenn man eure neue Platte hört, habe ich zumindest den Eindruck, der Schwerpunkt liegt eher auf dem Folk als auf dem Punk, wenn auch nur knapp. War das bei eurer eher unorthodoxen Vorangehensweise geplant?
MIB: Nicht unbedingt, wir haben da immer sehr aus dem Bauchgefühl heraus entschieden, wie wir Sachen machen. Und vor allen Dingen, weil wir immer unter wahnsinnigem Zeitdruck gearbeitet haben, ich weiß eigentlich garnicht warum. [lacht] Es war nie so, dass wir gesagt haben ‚Ok, diese Band ist jetzt das und wir spielen jetzt das und das..’. Was wir wohl wussten, es gibt Dropkick Murphys, die haben lauter Knallgitarren. Das heißt, wir mussten jetzt nicht nochmal Dropkick Murphys machen, so wie viele andere Bands, die das quasi tun. Die Frage, wenn es überhaupt mal die Frage war, war, wie authentisch muss das Ganze überhaupt sein? Das war dann aber auch keine kommerzielle Entscheidung, sondern was für uns gut klingt.
BR: Auf eurer kommenden Tor spielt ihr bis jetzt 31 Konzerte.
MIB: Was?? So viele?? [lachen] Mein Gott, und die ist noch nicht mal komplett.
BR: Stehn auch noch Festivals an?
MIB: Ja, da ist noch einiges in Planung. Das kommt aber meist kurzfristig, da können wir noch nichts zu sagen.
BR: Auf welchem Festival würdet ihr gern mal spielen?
MIB: [diverse Sachen werden unter Gelächter aufgezählt, unter anderem das Zillo Festival oder Cribs auf MTV] Hurricane, Novarock in Österreich, Rock am Ring natürlich gerne, Glastonbury, Leeds .. warum nicht. Sziget [diverse Aussprechversuche folgen] oder wie das heißt ... aber das ist alles noch eine Weile hin, bis wir uns darüber Gedanken machen können. Wir machen jetzt erstmal viele kleine Konzerte und kleine Festivals. Da sind wir manchmal auch Headliner und das ist dann natürlich ganz interessant, weil alle sind so einigermaßen vorgewärmt, was nicht heißt, dass nicht alle total besoffen sind ... also das Publikum, nicht die Band ... und wenn du dann vor 1000 Leuten steht, das hast du auch nicht jeden Tag. Das ist schon ganz ordentlich.
BR: Was würdet ihr denn lieber machen: auf dem Festival eurer Wahl spielen oder in einem kleinen Pub irgendwo in Irland?
MIB: Festival! Fußballplatz große Bühnen bitte! [alle lachen]
BR: Arbeitet ihr oder studiert ihr? Was habt ihr gelernt?
[Es folgen unter Gelächter diverse Antworten von zurückgetretenem Post-Vorstand über Bahnvorstand bis Gehirnchirurg]
MIB: Wir sagen immer, wir machen dies und das, um Musik machen zu können.
BR: Möchtet ihr sonst noch etwas loswerden?
MIB: Release Show am 29. Februar in Münster. Alle kommen!
Abschließend sinniert Mr. Irish Bastard noch über ein Review, welches er in etwa so zitierte: „Flogging Molly haben es noch immer nicht geschafft, in ihrer Bieseeligkeit aus dem Hinterzimmer des Pubs rauszukommen, während vorne an der Bar Mr. Irish Bastard randaliert“. Freudig lachend, den Satz kaum ausgesprochen, lehnt er sich gegen eine Box, welche sich nur Sekunden später unter großem Getöse in einen Haufen Equipment verabschiedet und nur schwerlich geborgen werden kann. So viel zum Thema Randale. Nachdem alle Lachkrämpfe sich gelöst haben, unterhalten wir uns noch ein wenig über Loriot, Mr. Irish Bastard Tatoos und IKEA und verabschieden uns dann, um die Jungs in Ruhe Proben zu lassen, was hin und wieder wohl doch mal sein muss.
Wir bedanken uns nochmal bei MR. IRISH BASTARD, dass sie sich die Zeit genommen haben und sich die Mühe gemacht haben, uns alle Fragen zu beantworten. Wir hatten jedenfalls sehr viel Spaß!
(Interview wurde mit Tobias Konken ausgearbeitet und geführt)
Aylin Polzer, 23.02.2008
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