Interview

Lorien - Lorien - Interview

Lorien

Lorien - Interview

Das neue Album "Under The Waves" kommt am 27. Mai in die Läden. Mit diesem Interview wollen wir Euch Lorien etwas vorstellen.

Bezieht sich euer Bandname Lorien auf den Roman „Herr der Ringe“?
Fabio: Ja. Ich las dieses Buch vor drei Jahren. Der Name Lorien fiel mir ins Auge, weil wir damals gerade einen Bandnamen suchten. Lorien ist ein magischer Wald. Ich mag diesen fantastischen Aspekt und wollte ihn in die Realität transferieren.

Ist eure Musik mystisch?
Fabio: Sie ist nicht wirklich mystisch.
Carlo: Die Lyrics sind vielleicht ein wenig mystisch.
Fabio: Stimmt.
Carlo: Vielleicht poetisch.

Wurde eure Musik auch von dem Roman „Herr der Ringe“ inspiriert?
Fabio: Nein.

Warum singt ein Italiener so melancholische Lieder?
(Gelächter)
Einar: Was stimmt nicht mit dir?
Fabio: Ich weiß nicht. Ich glaube nicht, dass es dafür einen Grund gibt. Das kommt einfach aus mir heraus, und ich folge dem. Es gibt keinen bestimmten Grund, warum. Wenn ich einen Song schreibe, sage ich nicht, jetzt schreibe ich einen traurigen Text. Meine Lyrics sind sowieso nicht traurig. Ich denke, sie sind auf den ersten Blick traurig, aber mit einer glücklichen, hoffnungsvollen Seite.

Alle Songs haben also etwas Erhebendes?
Fabio: Ich denke ja.

Reflektiert eure Musik eure verschiedenen Kulturen?
Einar: Vielleicht spiegelt sie sich im Ergebnis unserer Musik wider.
Carlo: Wir haben verschiedene Einflüsse. Was wir als Kinder gehört haben, reflektieren wir in unserer Musik.
Fabio: Das ist unvermeidbar, weil wir aus so verschiedenen Ländern wie Island und Italien kommen. Unsere Kultur und unsere Persönlichkeit schlagen sich in unserer Musik nieder. Aber du kannst sie nicht unterscheiden. Am Ende verschmilzt alles zu einem. Da kannst du nicht sagen: „Das kommt aus Italien, das aus Island.“ Alles wird eins.

Seid ihr euch ähnlich, oder seid ihr verschieden?
Carlo: Schwer zu sagen. Manchmal gehen wir ins Studio, und alles ist einfach. An anderen Tagen ist alles chaotisch. Musikalisch sind wir verschieden. Jeder hat seine eigenen Ideen. Sozial kommen wir zu 90 Prozent miteinander aus.
Fabio: Wir versuchen immer einen Weg zu finden, wo wir alle – mit ein bisschen Diplomatie – zustimmen können. Takt. Wir brüllen uns nicht an.

Warum habt ihr drei beschlossen, eine Band zu gründen?
Carlo: Das war vor wir Jahren, oder?
Einar: Wir haben das nicht entschieden, es passierte einfach.
Fabio: Stimmt. Es passierte einfach. Ich traf Einar vor dreieinhalb Jahren. Er hörte mein Demo mit vier Stücken, und es gefiel ihm. Er ließ mich einige Sachen von ihm hören; sie gefielen mir. Es war ein natürlicher Schritt, sich zusammenzuschließen – ohne großes Bewusstsein. Wir sagten nicht: „Lass’ uns eine Band gründen.“ Das passierte ganz natürlich und instinktiv.

Ich frage mich, inwiefern eure Band von Bands wie Coldplay oder Radiohead beeinflusst wurde?
Fabio: Radiohead haben mich stark beeinflusst. Offensichtlich habe ich viel Musik gehört. Aber Radiohead haben meine Sichtweise auf die Musik stark geprägt. Sie sind ein großer Einfluss.

Wie steht es mit Coldplay?
Einar: Als wir die Musik schrieben und aufnahmen, hatten wir von Coldplay noch nie etwas gehört.
Carlo: Unser Album war schon gemixt, als Coldplay ihre Platte rausbrachten. Heute werden wir in der Presse oft mit Coldplay und Starsailor verglichen.
Einar: Sie haben ähnliche Einflüsse wie wir.

Fühlt ihr euch diesen Bands nahe?
Carlo: Ich fühle mich diesen Bands nicht nahe. Ich habe sie gehört. Ich mag Coldplay, ich mag Radiohead, und ich habe Starsailor gehört. Aber ich bin nicht völlig in ihrer Welt. Ich bin auch kein großer Fan von ihnen. Ich bin kein bestimmter großer Fan von einer bestimmten Band. Für mich ist das eine generelle Sache. Einar, Fabio und ich haben unsere eigene musikalische Vielseitigkeit.

Die britische Presse mag eure Musik sehr. Hat euch dieser Erfolg überrascht?
Carlo: Erfolg? Wir hatten bisher keinen Erfolg.
Einar: Du weißt nicht, was du erwarten sollst.
Fabio: Wir hatten gute und schlechte Presse; wir hatten beide Seiten. Du musst beides gleich aufnehmen. Letztendlich schreibt nur eine einzelne Person die Reviews und gibt ihre Meinung wider. Du musst dir die guten und die schlechten Sachen anhören und dich dann davon frei machen.



Nehmt ihre böse Kritik ernst?
Carlo: Wenn wir gute Presse kriegen, genießen wir das. Das ist nett. Dann sagen wir uns, dass wir das trotzdem ignorieren sollten. Dann kriegen wir schlechte Presse.
Fabio: Du kannst das nicht ignorieren. Wenn du etwas Schlechtes über dich liest, trifft dich das ein bisschen.
Carlo: Viele Musiker versuchen, jegliche Presse zu ignorieren. Die lesen keine Reviews. Wir lesen die Artikel über uns schon. Es wäre schön, wenn wir sie lesen könnten, ohne dass sie uns beeinflussen.

Warum heißt euer Album „Under The Waves“?
Fabio: Es kam einfach aus mir heraus. Wenn du unter den Wellen bist, ist es ruhig. Da bist du beschützt und zugleich schutzlos. Das ist ein merkwürdiges Gefühl. Ich will meinen Songs auch dieses Gefühl geben: schön, aber schmerzlich.

Sind eure Songs bittersüß?
Fabio: Bittersüß? Nicht wirklich. Ich weiß nicht, wie ich meine Songs beschreiben soll. Aber vielleicht ist bittersüß eine Art, meine Lieder zu beschreiben.
Carlo: Einige Stücke gehen in diese Richtung, aber du kannst das nicht generalisieren.
Einar: Ich finde den Ausdruck bittersüß fantastisch.
Fabio: Das ist definitiv eine Art, die Musik zu beschreiben.

Beschreiben „Goodbye Star“ und „Milky Magic Tears“ das Ende einer Beziehung?
Fabio: „Goodby Star“ vielleicht, „Milky Magic Tears“. Ich mag meine Lyrics nicht zu stark interpretieren. Die Leute sollen sie hören und ihre eigenen Interpretationen suchen. In meinen Songs steckt keine allgemeine Wahrheit, sondern mein Blick auf die Dinge. Andere Leute können das anders sehen.

Beschreibt „All Time“ einen Menschen, der lebensmüde ist?
Fabio: „All Time“? Nein. Das ist eher eine Beobachtung. Du bist losgelöst und schaust, was du in deiner Umgebung siehst. Du versuchst zu erklären, was du siehst.
Carlo: Für jeden Hörer kann dieser Song etwas Individuelles bedeuten.
Fabio: Gab dir das Lied dieses Gefühl?

Ja. Das Stück ist düster?
Fabio: Stimmt.
Bezieht sich „Ghostlost“ wirklich auf Geister, oder ist dieses Wort eine Metapher?
Fabio: Es geht um eine Krähe. Nein, es geht nicht um eine Krähe.
Carlo: Ein bisschen vielleicht. Ich würde eine ganz andere Antwort geben.
Fabio: Mach!
Carlo: Als ich den Text von „Ghostlost“ hörte, dachte ich, Fabio schreibt über sich selbst in Italien. Er ist verloren und weiß nicht, was er machen soll. Die Leute können seine hübschen Augen nicht sehen. Er denkt, er gehört an diesen Ort, aber er passt da nicht hin.

Was hältst du von seiner Interpretation?
Fabio: Das ist seine Interpretation – das ist okay. Er sieht den biografischen Aspekt. Aber ich schreibe oft Song für Leute. Zum Beispiel für Freunde oder jemanden, den ich liebe. Es können mehrere Menschen sein, ich kann’s auch selbst sein. Dann ist ein Stück autobiografisch. In diesem Fall trifft das aber nicht zu.

Du wirst also von deinen Freunden und von allem, was du siehst, inspiriert?
Fabio: Definitiv.
Inwiefern unterscheidet sich der „Planet New Earth“ von der Erde, auf der wir leben?
Fabio: Der „Planet New Earth“ kann auch der Planet sein, auf dem wir leben. Aber aus einer anderen Sichtweise betrachtet. Das ist eine generelle Idee.

Ist die neue Erde eine bessere Welt?
Fabio: Sie kann eine bessere Welt sein – das hängt von deinem Blickwinkel ab. Für mich wäre sie besser.

Was macht die Welt für euch besser?
Fabio: Sagt auch mal was.
Einar: Das sind deine Texte.
Fabio: Für mich könnte eine bessere Welt bedeuten, dass wir mehr wir selbst sind. Ohne Angst zu haben, etwas zu sagen oder zu tun. Wenn wir wirklich an etwas glauben, sollten wir es machen, ohne vor der Reaktion der anderen Angst zu haben. Wir dürften nicht – so wie ich – paranoid sein.

Du bist also ein negativer Mensch?
Fabio: Nicht negativ.
Carlo: Realistisch.

Du entsprichst nicht unbedingt dem Bild, das Deutsche von Italienern haben: Extrovertiert, laut, fröhlich.
Einar: Ich habe viele Italiener getroffen. Das Land ist so vielseitig. Von Stadt zu Stadt gibt es beinahe eine andere Sprache oder einen anderen Slang. Ich denke, es gibt keinen steril-typischen Italiener.

Warum habt ihr entschieden, nach London zu ziehen?
Einar: Wir wollten ins Mekka der Musik.
Fabio: Hier ist das Herz der Musik.
Einar: Hier hast du die Möglichkeit, deine Karriere in Schwung zu bringen. Wir gucken jetzt, was der nächste Schritt ist.

Wäre es schwierig gewesen, in deiner Heimat ein berühmter Musiker zu werden?
Einar: Nein. Das ist ein winziges Land. Das ist wie eine Stadt. Es ist, ehrlich gesagt, nicht schwierig, dort Aufmerksamkeit zu finden. Wenn du etwas aufgenommen hast, gehst du zu einer Radiostation, klopfst an der Tür und sagst: „Spielt das.“ Wenn die’s nicht machen, gehst du zu einem anderen Sender. Du kannst dich selbst promoten. Hierher zu kommen, ist eine größere Herausforderung. Ich habe noch immer das Gefühl, einer kleinen Gemeinschaft anzugehören. Deshalb klopfe ich noch immer gern an Türen.
Fabio: Das machten wir anfangs. Wir nahmen ein Demo mit vier Stücken auf. Er sandte die Tapes überall hin. Oder ging selbst zu irgendwelchen Leuten.

Könntet ihr zwei euch vorstellen, wieder auf Island oder in Italien zu leben?
Einar: Dein Zuhause ist in deinem Herz.
Fabio: Ich fahre immer wieder nach Italien. Vielleicht gehe ich eines Tages dorthin zurück.
Einar: Das gilt auch für mich.

Warum habt ihr beschlossen, in deutschen Universitäten aufzutreten?
Einar: Wir bekamen das Angebot, dort zu spielen und konnten nicht nein sagen.
Fabio: Wir haben von den deutschen Radios ein gutes Feedback bekommen. Dann wurden uns diese Dates angeboten. Da konnten wir nicht nein sagen. Es ist eine gute Sache, dorthin zu gehen und außerhalb Englands zu spielen.

Ihr spielt also zum ersten Mal außerhalb Englands?
Fabio: Ja. Das wird eine gute Erfahrung.

Wie war die Reaktion der Zuschauer bei eurem ersten Londoner Gig?
Carlo: Es war gut. Die Leute wussten nicht, was sie erwarten sollten. Am Schluss erwärmten sie sich für unsere Musik, und wir kamen gute Reaktionen.

Was erwartet ihr vom deutschen Publikum?
Carlo: Wir haben gehört, dass wir dort oft im Radio gespielt wurden. Ich hoffe, die Leute haben uns im Radio gehört. Ich hoffe, die Leute werden kommen, die Studenten kommen zu unseren Konzerten. Sie mögen hoffentlich einen Drink. Bei jedem Gig ist es schön, ein gutes Publikum zu haben.
Einar: Ehrlich gesagt, wissen wir nicht, was wir erwarten sollen. Das ist das Schöne an dieser Sache. Wir werden sehen, was passiert.

Die Studenten sind etwa so alt wie ihr. Macht das die Sache leichter?
Einar: Ich denke ja. Ich bin sicher, sie werden verstehen, was wir machen.
Fabio: Immer wenn du vor einem Publikum spielst, gehst du nach Hause und hast von ihren Reaktionen gelernt. Das ist immer eine Seite der Wahrheit. Es ist gut, vor ihnen zu spielen, zu sehen, was sie denken, und von ihnen zu lernen.

Hat das Publikum manchmal überraschend reagiert?
Fabio: Bisher gab es keine schlechten Reaktionen. Sie waren immer positiv. Das gibt dir die Stärke, weiterzumachen.

Was erwartet die Leute bei einem Abend mit Lorien?
Carlo: Sie sehen ehrliche Musiker. Bei uns gibt es keine elaborierte Show. Wir spielen, was wir wissen. Wir machen das interessant für uns selbst. Wenn unsere Musik uns gefällt, haben hoffentlich auch andere Spaß daran. Wir sind ehrlich zu uns. Wir machen nichts, was das Publikum vielleicht hören will oder was cool sein könnte.
Fabio: In der Tat sind die Live-Gigs anders als die Album-Versionen. Wir versuchen, die Essenz der Songs zu finden, statt das Album zu kopieren. Das Album ist akkurater und detaillierter. Wir versuchen, es einfacher zu machen, aber trotzdem reflektierter zu sein.

Sollten die Leute eure Musik mit Kopfhörern hören?
(Gelächter)
Carlo: Die alte Lorien-Diskussion!
Fabio: Ich ziehe es vor, Musik mit Kopfhörern zu hörern. Aber Einar ist das Gegenteil.
Einar: Fabio hört alle Mixe auf Kopfhörern. Ich denke, du solltest Musik über Lautsprecher, weil du deine Gefühle besser analysieren kannst. Kopfhörer sind für mich ein Extra-Bonus.
Carlo: Mit Kopfhörern bist du in einer anderen Welt. Du hörst nicht das Telefonklingeln, die Türklingel oder den Verkehr. Du schließt deine Augen.
Fabio: Du betrachtest das eher aus der Sicht der Technik.

Kennt ihr die deutschen Musiker, mit denen ihr auftretet?
Carlo: Wir haben erst heute von unserem Management einen Plan bekommen. Sind das lokale Bands? Ich kenne die deutsche Musikszene nicht.

Ist es schön, mit anderen jungen Bands aufzutreten?
Carlo: Es ist schön, mit anderen jungen Bands aufzutreten. Wir können hören, welche Erfahrungen sie gemacht haben, was sie davon halten, live zu spielen, wie sich die Dinge für sie entwickeln. Das ist eine gute Erfahrung für alle.

Habt ihr jemals darüber nachgedacht, selbst zu studieren?
Carlo: Ja. Ich studierte in Ealing. Auch Einar machte eine Ausbildung zum Toningenieur. Fabio studierte in Italien.
Fabio: Ich studierte Wirtschaft und Handel. Dann merkte ich, dass ich in die falsche Richtung ging. Ich hörte auf und veränderte mich.

Du wirst also nie ein Geschäftsmann werden?
Fabio: Nein. Definitiv nein.

Könntet ihr euch vorstellen, wieder zu studieren?
Fabio: Man soll niemals nie sagen.
Carlo: Mir fehlt noch ein Jahr.

Wie haben eure Eltern reagiert, als ihr euer Studium geschmissen habt?
Carlo: Ich habe das meinen Eltern nicht erzählt. Sie wussten nicht, dass ich mit diesen Typ einen Plattenvertrag unterschrieben hatte. Deshalb konnte sich meine Mutter keine Sorgen machen. Sie wäre in Panik geraten, wenn sie gewusst hätte, dass ich mich mit einer Band in London rumtreibe. Ich hätte lieber einen Bankjob haben sollen.

Ist deine Mutter jetzt stolz auf dich?
Carlo: Sie ist immer stolz auf mich.

Wie haben eure Eltern reagiert?
Fabio: Meine Eltern stehen zum Glück immer hinter mir. Sie sagen, wenn ich etwas wirklich will, soll ich es machen. Es ist gut, wenn deine Familie deine Ideen und Gedanken billigt. Ich bin glücklich.
Einar: Bei mir ist es ähnlich. Ich wurde nie zu etwas gezwungen. Sie wollten, dass ich Leidenschaften habe.
Carlo: Eine Richtung, der du folgst.

Steffen Klein14.05.2002

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