Cd-Besprechung
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Die Beweggründe für die Running Wild-Reunion muten schon ein wenig fragwürdig an. Versteht mich nicht falsch, generell habe ich ja nichts gegen Band-Comebacks (auch wenn die meisten dabei ihr eigenes Denkmal irreparabel beschädigen), aber es ist doch schon ziemlich merkwürdig, dass Rock’n’Rolf nach dem nach dem großen Farewell-Gig auf dem Wacken 2009 gerade mal zwei Jahre benötigte, bevor er im Herbst 2011 über die Facebook-Präsenz der Band ein neues Album ankündigte. Besagtes Album hört auf den Namen „Shadowmaker“ und wird dieser Tage veröffentlicht.
Das ungute Gefühl, das mich bei der Verkündigung der Reunion befiel, will auch beim ersten – optischen - Eindruck des Albums nicht weichen. Ich fand einige der früheren Coverartworks (z.B. von „Port Royal“, „Death Or Glory“ oder „Masquerade“) auf Grund der liebe- und stimmungsvollen Zeichnungen bzw. des Detailreichtums ziemlich gelungen, aber in beim Blick auf das Konterfei des „Shadowmakers“ – einem farblosen, stark an den imperialen Stormtrooper aus Star Wars erinnernden Wesen – bin ich schon ein wenig enttäuscht. Nun gut, heutzutage wird dem Cover ja nicht mehr die Bedeutung beigemessen, die es früher einmal hatte und auch „Victory“ oder „Brotherhood“ waren alles andere alle tolle Albencover, aber das „Shadowmaker“-Cover stellt für mich einen Tiefpunkt er Bandhistorie dar.
Inhaltlich ist „Shadowmaker“ ebenfalls ein kleines Wechselbad der Gefühle. Einerseits klingt das Album unverkennbar nach Running Wild, was insbesondere Rolfs Gitarrenarbeit sowie dem rohen Sound derselbigen zu verdanken ist. Auf der anderen Seite wirkt die Scheibe aber auch irgendwie angestaubt und eindimensional, wobei sich die Drums, die ja bereits auf „The Brotherhood“ und „Rogues En Vogue“ ziemlich bescheiden rüberkamen, einmal mehr als größter Schwachpunkt erweisen.
Thematisch stellt sich die Band mittlerweile breiter auf und behandelt neben den typischen Piratennummern („Riding On The Tide“, „Sailing Fire“) auch ungewohnt kritische Themen wie z.B. der Zustand unserer Welt in Form einer thematisch zusammenhängenden, aus den Songs „Black Shadow“, „Shadowmaker“ und „Into The Black“ bestehenden Trilogie. Dennoch düften Herr Kasparek und meine Wenigkeit in Punkto Songwriting wohl kaum auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Angabegemäß komponierte der Meister die Songs in einer möglichst kurzen Zeit, um Spontanität und Frische zu gewährleisten. Dabei benötigte er in der Regel keine halbe Stunde – in Einzelfällen sogar läppische zehn Minuten – um die Songs fertig zu komponieren. Zugegeben, Spontanität und Frische sind keineswegs zu vernachlässigen, aber was nützt es, wenn die Qualität dabei auf der Strecke bleibt? Es ist zwar nicht so, dass „Shadowmaker“ kompletter Schrott ist. Im Gegenteil, mit „I Am Who I Am“ oder „Riding On The Tide“ verfügt das Album über einige brauchbare Repräsentanten, aber wirkliche Großtaten, die in einem Atemzug mit Klassikern wie „Branded And Exiled“, „Under Jolly Roger“ oder dem von mir sehr geschätzten „Chains And Leather“ genannt werden müssen, sind auf dem Silberling leider nicht vertreten. Da hätte ein wenig mehr ins Songwriting investierte Zeit vielleicht geholfen.
Der richtig große Wurf ist „Shadowmaker“ somit nicht geworden. Ich möchte dem Album zwar nicht seine Daseinsberechtigung absprechen – immerhin enthält es ja einige gute Songs, aber insgesamt bleibt die traurige und sicherlich auch harte Erkenntnis, dass Running Wild im 21. Jahrhundert musikalisch einfach nicht mehr relevant sind. „Shadowmaker“ tut zwar nicht weh und fährt an dieser Stelle alles andere als eine schlechte Bewertung ein, ist mir aber auf der anderen Seite nicht essentiel genug, um als Grundlage für eine Reunion herzuhalten. Fans der Truppe werden „Shadowmaker“ vermutlich trotzdem ordern, aber ich greife lieber zum Backktalog der Band und erfreue mich an alten Klassikern, statt an lauwarmen Aufgüssen derselben.
10 Punkte (von max. 15)
Jürgen , 06.04.2012
TRACKLIST
1. Piece Of The Action (***)
2. Riding On The Tide
3. I Am Who I Am (***)
4. Black Shadow
5. Locomotive
6. Me & The Boys (***)
7. Shadowmaker
8. Sailing Fire
9. Into The Black
10. Dracula
[ *** Anspieltipps ]
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