Cd-Besprechung
Leserwertung: 15.0 Punkte
Stimmenzahl: 2
Es muss misslich für eine Band sein, stets mit Label-Kollegen verglichen zu werden. So war es vor nicht allzu langer Zeit den Herren um Zach Rouge ergangen, die doch tatsächlich die Chuzpe hatten, zeitnah zum letzten Album der Shins ihr Debüt auf Sub-Pop zu geben. Als man dann noch mit ihnen auf Tour ging, war es längst unumkehrbar. Das Stigma haftete. Die Kritikergilde war sich einig: stets fröhliche Herren, die mit ihren verschroben-melodiösen Weisen auch noch den letzten Phlegmatiker aus dem Koma wach musizieren. Nun gut, Mäßigung ist angezeigt. Denn allein wer frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Jedenfalls scheinen die Referenzen beim Zweitling „Descended Like Vultures“ schwieriger auszumachen. Hier wird nicht mehr nur einer naiven Indie-Lieblichkeit mit leichtem 60ies-Touch das Wort geredet. Hier gibt man sich bisweilen sogar derart sperrig, dass all die Phrasen, die man sich zuvor klammheimlich triumphierend blickend angesichts der nächsten Flut schierer Glückseligkeit notiert hat, nicht recht passen wollen. Eine Herausforderung.
Vielleicht markiert „10:1“ am deutlichsten die Abkehr der Band vom Sound ihres Debüts. Über weite Strecken krachend und verzerrt mag sich der Song so gar nicht mit der Erwartungshaltung decken. Dennoch bleibt – so kann man wohl sagen – der Schwerpunkt weiter bei halb-akustischen Stücken, die sich die Bezeichnung Indie-Pop und auch den Verweis auf die 60er-Jahre redlich verdient haben. Aber immer wieder deutet sich unter der Oberfläche an, dass es der Band um mehr geht, als der Hörerschaft mit charmanten Pop-Perlen den Kopf zu verdrehen. Zach Rouge hätte ohne Zweifel zu jeder Sekunde das Zeug dazu, verweigert sich aber beharrlich. Da gibt es zwar auch Stücke wie „Are You On My Side“, das anfangs betrüblich scheinen mag, im Zwischenteil aber derart lieblich durch die Landschaft streunt, dass man gleich aufstehen und hinterher rennen will. An anderer Stelle gibt man sich düsterer. An wiederum anderer Stelle beackert man Felder, auf denen früher Elliott Smith unangefochten war. Dann wieder (scheinbar) pure Fröhlichkeit. Es ist schwierig, hier einen festen Stand zu finden.
Vielleicht ist es einfach nur kompositorischer Ehrgeiz gepaart mit der Sentimentalität, die in den einzelnen Songs mit unterschiedlicher Schärfe in das Bewusstsein drängt. Also mehr als nur der diffuse Versuch zwischendurch ein klein wenig sperrig zu klingen und den Pop nicht allzu offenkundig werden zu lassen. Und mal ehrlich: manchmal beschert einem eine Band doch ein viel größeres Geschenk, wenn sie einem nicht exakt das Album präsentiert das man erwartet. Das hier ist überaus nahrhafter Knabberkram. Und irgendwann erschließt sich der Rest dann auch noch.
10 Punkte (von max. 15)
Martin Baum, 01.11.2005
TRACKLIST
1. Bird On A Wire ***
2. Publish My Love
3. Salesman At The Day Of The Parade
4. Catform
5. Love's Lost Guarantee
6. 10:1
7. California ***
8. Are You on My Side ***
9. Medicine Ball
10. You
11. Temporary
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