Cd-Besprechung

Rammstein - Reise, Reise

Rammstein

Reise, Reise

Universal
  Vö: 27.09.2004

Bewertung:  7 Punkte
Leserwertung:  10.3 Punkte
Stimmenzahl: 13

Nach dem „Schocker-Video“ zu „Mein Teil“ ist „Reise, Reise“ eine Überraschung, allerdings im weniger guten Sinne des Wortes: Kaum neues, wenig bewegendes und wirklich gar nichts schockierendes bieten Rammstein auf ihrem vierten Album. „Reise, Reise“ wird seinem Namen nicht gerecht: hier regiert der Stillstand, wenn auch auf gleichbleibendem Niveau.

Wer Rammstein mag, kann das Album nicht schlecht finden. Fette Beats, wie gewohnt produziert von Jacob Hellner (u.a. Clawfinger), massive Gitarrenriffberge über eine maschinengeölte Rhythmussektion, darüber Till Lindemanns gewohnt grollender Tenor. Der Titelsong „Reise, Reise“ ist eine typische Hymne im „Sonne“-Stil, „Mein Teil“ bringt Reminiszenzen an „Engel“ und „Mein Herz brennt“, und „Los“ spielt teils mit ruhigen Anleihen á la „Mutter“. Alles nicht ganz schlecht, und doch nicht wirklich wichtig.

Was dieses Album in der Rammstein-Discografie so weit nach unten zieht, ist viel gemeingefährlicher, als einfach zwischendurch ein richtig schlechtes Album zu machen: Es ist die auf „Reise, Reise“ allerorten umherschleichende Belanglosigkeit. Da sind zum einen die Texte: Es wird zwar keine Effekthascherei mit ausfälligen Texten betrieben („Keine Lust“ ist im Vergleich zu „Bück dich“ eher Kindergeburtstag), aber an deren Stelle tritt auch nichts besonders geistreiches. „Amerika“ versucht bei den Bush-Gegnern punkten, ist aber witz- und zahnlos. Und „Moskau“ hat zu allem Überdruss russische Background Vocals, die an die Pseudo-Lesben Tatu (!) erinnern. Die Musik dahinter ist gemeinhin an „Mutter“ angelehnt, Downbeat-Industrial ohne Schnörkel. Aber auch da fehlen die Extreme, wie etwa am letzten Album das schnelle „Adios“ oder der zutiefst schwerfällige Titeltrack „Mutter“.

Und da passiert Rammstein nun doch noch das, was ihnen nach „Sehnsucht“ schon prophezeit wurde: Sie machen das erste Mal einen Fehler, denn anstatt es anzugreifen, vergreifen sie sich wie so viele andere große Bands einer Epoche am Ungetüm Stillstand. Die Folge kann nur jene Empfehlung sein, die auch alle anderen Künstler, die drauf und dran sind, ihren Kultstatus so leichtfertig zu verschenken, stets zu hören bekommen: Aufhören, bitte.

7 Punkte (von max. 15)

Michael Roither12.10.2004

TRACKLIST
1.Reise, Reise ***
2.Mein Teil - Album Version
3.Dalai Lama
4.Keine Lust
5.Los ***
6.Amerika
7.Moskau
8.Morgenstern
9.Stein um Stein
10.Ohne Dich
11.Amour
[ *** Anspieltipps ]

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